Landau Zur Opera in die Filmwelt

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Der neue „James Bond“ geht in Deutschland mit 30 Kopien an den Start. Erst drei Wochen später wird der Geheimagent seiner Majestät auch in kleineren Städten wie Landau die Welt retten. Grässliche Vorstellung? So war das mal in den 1990er-Jahren. Dragan Vukmirovic erinnert sich gut an diese Zeit. Damals betrieb er ein Kino in Speyer. „Heute sind Kopien keine Mangelware mehr“, sagt er. Die neue Technik macht′s möglich. Das Geschäft sei kurzlebiger geworden. Darauf reagiert der 50-Jährige jetzt und baut aus. Zwei Säle mit je 95 Plätzen - Nummer 7 und 8 - werden ab April/Mai an der Ostseite des Gebäudes entstehen. Die Fertigteile aus dem Stabilbaukasten werden gestapelt, also übereinander stehen. Eine Million Euro lässt sich Vukmirovic die Erweiterung kosten. Das Teuerste daran sei die Technik, betont er. Für nächstes Jahr plant er auf der anderen Seite des Baus vier weitere, aber mit je 51 Plätzen auf je 100 Quadratmetern deutlich kleinere Säle. Kosten: zwei Millionen Euro. Zunächst werden zwei Kinos gebaut, wenn das Konzept erfolgreich ist, soll auch hier aufgestockt werden. Der Landauer Kinobesitzer setzt wieder auf die Erfahrungen von Andreas Herrmann von der Gruppe Bau Art. Die Arbeitsgemeinschaft aus Mühlheim an der Ruhr ist seit 25 Jahren im Entertainment- und Kinogeschäft tätig. Der Architekt hat vor zwölf Jahren schon den Neubau in Landau entworfen, 2004 die Erweiterung des Foyers und 2007 die Erweiterung des Bistros Detox. Sein jüngstes Projekt: ein Großkino mit 17 Sälen in München. Außerdem ist er verantwortlich für einen Kinoneubau in Grünstadt. Vukmirovic ist offen für Neues. Das Tempo im Filmgeschäft habe sich erhöht. „Ein Film verkauft sich heute in den ersten beiden Wochen, dann wollen die Leute etwas Neues sehen.“ Bei 10 bis 15 Filmen, die jede Woche auf den Markt drängen, wird es eng, selbst wenn sechs Vorführräume zur Verfügung stehen. Deshalb setzt der gebürtige Serbe auf ein neues Konzept und baut mehrere kleine Säle. Die Besucherzahlen pro Film seien nicht mehr so hoch wie noch vor Jahren. Die Kinobranche spiele gegen den Rückgang, erzählen die beiden Experten im Gespräch mit RHEINPFALZ. Das Kino habe schon immer Konkurrenz gehabt, erst das Radio, dann Fernsehen, Videotheken, heute Internet und Home-Kino. Jetzt gebe es wieder einen neuen Dreh. „Es gibt gute Metzger und solche, die schließen“, zieht Vukmirovic einen Vergleich. „Wer Ende der 1990er nicht saniert hatte, war zum Scheitern verurteilt“, pflichtet ihm Herrmann bei. So leicht gibt sich der ehemalige Profifußballer Vukmirovic nicht geschlagen. Hat er einst die Kinowelt in Landau mit seiner Filmwelt revolutioniert – das Universum-Kinocenter und das einstige Gloria haben sich inzwischen neu orientiert –, so möchte er nun mit neuen Formaten glänzen. Die Multimediatechnik ermöglicht alles, was das Herz begehrt. Spielenachmittage mit X-Box oder Playstation sind ebenso möglich wie Power-Point-Präsentationen bei Firmenmeetings, Opernarien aus der New Yorker Metropolitan Opera oder ein Konzert der Berliner Philharmoniker. Ungestört von Telefon oder anderen Ablenkungen genießen die Menschen vor allem die Gemeinschaft im Kino, sind Vukmirovic und Herrmann überzeugt. In Großstädten ist das neue Format bereits etabliert. Die Gäste treffen sich in Smoking und Abendkleid bei Champagner und Canapés zur Live-Opernübertragung aus New York, berichtet Herrmann. „Sie genießen die Atmosphäre. Wir bieten einfach den Zauber.“ Dazu passe auch das Konzept der Gastronomie. Vukmirovic hat sein Bistro-Restaurant vor einigen Monaten komplett neu eingekleidet. Ein Drink vor dem Film, ein Cocktail danach, das Konzept gehe auf. So mancher Gast kommt nur zum Essen. 330.000 bis 350.000 Besucher zählt der Kinochef im Jahr. Umsatzzahlen nennt er nicht. Im Mai möchte er den Biergarten neu gestalten, Rattansessel für die Lounge sind schon bestellt. Noch bequemer sollen es die Besucher auch in den neuen Kinosesseln haben. Herrmann plant in Premiumqualität. Der Reihenabstand misst 1,35 Meter und damit 15 Zentimeter mehr als in anderen Sälen. Auch die Sitze sind mit 65 statt der bekannten 55 Zentimeter noch luxuriöser angelegt. In München oder Berlin sei an Komfort nicht mehr geboten, versichert Herrmann. „Wir kennen die Vorbehalte gegenüber kleinen Sälen und legen extra drauf.“ Bei einem Abstand von viereinhalb bis fünf Meter zur Leinwand komme selbst die erste Reihe auf ihre Kosten. Bis auf Kino 6 sind alle Räume barrierefrei. Das Grundstück biete ausreichend Kapazität für weitere Anbauten. Von den 10.000 Quadratmetern sind 4800 bebaut. Der Parkplatz zwischen dem Gebäude und der Bahnlinie zählt 140 Stellplätze. „Wenn wir die überdachen, sind weitere Kinosäle im Obergeschoss möglich“, sagt Planer Herrmann. Vukmirovic hat Parkplätze gegen Zahlung abgelöst und kann nach Absprache mit der Stadt auf die städtische Parkfläche vor der Tür zurückgreifen. (sas) Zur Person: Dragan Vukmirowicz Der Serbe kam als Profifußballer 1986 nach Deutschland und spielte bei verschiedenen Vereinen. 1990 übernahm er gemeinsam mit seiner Frau ein Kino in Speyer, das Kinocenter Theaterhaus. Nach der Trennung zog Vukmirovic 2001 nach Landau und eröffnete 2002 die Filmwelt. Mittlerweile ist auch sein 22-jähriger Sohn Marko im Geschäft. Der Betrieb hat 96 Mitarbeiter. Der 50-Jährige sucht die Filme selbst aus, die er zeigen möchte. Sein letzter Film: „Die Mannschaft“. Er schaut mehr Trailer als Filme. Um sich zu entspannen, kocht er gerne. (sas)

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