Landau Nach dem Krieg für die Versöhnung eingesetzt

Nach wem sind eigentlich die Straßen am Gartenschaugelände und im neuen Wohnpark am Ebenberg im Landauer Süden benannt? Dieser Frage geht eine kleine Serie nach. Heute geht es um den Namensgeber der Fritz-Siegel-Straße, die das Gartenschaugelände in west-östlicher Richtung durchzieht.

Einem der wenigen Überlebenden des Holocaust aus der Südpfalz, dem Juden Fritz Siegel, geboren in Ingenheim, viele Jahre in Landau lebend, ist am entstehenden „Wohnpark am Ebenberg“ seit 2011 eine Straße gewidmet. Sie liegt mitten im Gartenschaugelände. Fritz Siegel, ein bemerkenswerter Mann, hatte viele Schicksalsschläge zu verkraften. Siegel hat das Konzentrationslager Auschwitz überlebt, wo seine Frau und seine beiden Kinder ermordet wurden. Er selbst wurde am 6. Mai 1945 von den amerikanischen Truppen aus dem KZ Mauthausen in Österreich befreit. Er kehrte nach Landau zurück und übernahm hier Verantwortung für seine Mitmenschen, auch für jene, die ihn nur wenige Jahre zuvor aus der Stadt gejagt hatten. Als Sohn eines Metzgermeisters erblickte er am 5. Juli 1908 in Ingenheim das Licht der Welt. Nach dem Besuch der Real- und Handelsschule in Landau ließ er sich von 1928 bis 1931 in Berlin zum Ingenieur ausbilden. Als Mitglied der SPD und des Reichsbanners, eines überparteilichen Bündnisses zum Schutz der Weimarer Republik, nahmen ihn die Nationalsozialisten 1937 in fünfmonatige sogenannte „Schutzhaft“. Die Verurteilung erfolgte nach dem Heimtückegesetz, weil er eine Rundfunkrede Hermann Görings kritisch kommentiert hatte. Es folgten sieben Monate im KZ Buchenwald. Nach der Entlassung zog Siegel nach Landau. Die Familie Siegel wurde im Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt, nachdem sie in Marseille von der Gestapo verhaftet worden war. Nur Fritz Siegel überlebte. Wieder in Landau, betätigte er sich sofort politisch, zählte 1946 zu den Gründungsmitgliedern der örtlichen SPD und gehörte von 1948 bis 1952 dem Stadtrat an. Besonders seinen jüdischen Leidensgenossen fühlte er sich verpflichtet. Im Juli 1945 gründete er die Jüdische Kultusgemeinde Landau wieder und erreichte die Einrichtung eines Betsaals für die noch in Landau lebenden Juden und die jüdischen Angehörigen der französischen Besatzungsmacht. Nach der durch Landesgesetz erfolgten Anerkennung der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz als Nachfolgeorganisation der ehemaligen jüdischen Gemeinden wurde der Sitz von Landau nach Neustadt verlegt. Fritz Siegel amtierte als Vorsitzender und auch Geschäftsführer. Er war stets darum bemüht, jüdisches Leben zu entwickeln, kümmerte sich um die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe, um Gedenkstätten in vielen Orten der Pfalz, sorgte in Neustadt für den Wiederaufbau des 1938 in der Pogromnacht niedergebrannten jüdischen Altersheims und für den Bau eines Betsaals in Neustadt. Nach seinen ermordeten Kindern Chana und Peter wurde eine der Versöhnung von Christen und Juden gewidmete Stiftung benannt, die später in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz aufging. 1957 legte Siegel aus Satzungsgründen den Vorsitz der Jüdischen Kultusgemeinde nieder und arbeitete fortan nur noch als Geschäftsführer. Er starb am 10. Juni 1978 in Landau, kurz vor seinem 70. Geburtstag, und wurde auf dem Judenfriedhof in seinem Geburtsort begraben.

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