Landau Muslime gehen beim Fastenbrechen neue Wege

Gemischte Runde beim Fastenbrechen in der Moschee in Queichheim.
Gemischte Runde beim Fastenbrechen in der Moschee in Queichheim.

Die türkisch-islamische Moschee bricht mit Traditionen: Erstmals essen Männer und Frauen bei Fastenbrechen im Ramadan gemeinsam. Das ist ein Wunsch des „getürkten Deutschen“ Abdullah Yilmaz, des Gemeindevorstehers. Er bittet die Stadt um Hilfe bei der Lösung eines Problems.

Der Fastenmonat Ramadan mahnt Muslime, gütig zu sein, reinigt Körper und Geist und intensiviert die Dankbarkeit an Allah. Das Abendessen Iftar, das nach Sonnenuntergang zum Fastenbrechen möglichst in Gemeinschaft eingenommen wird, lehrt die Menschen, Gäste zu bewirten und zu teilen. Kurz: Das Fastengebot gibt Muslimen die Gelegenheit, Werte wie Gerechtigkeit, Güte und Hilfsbereitschaft zu verbreiten.

Am Samstag versammelten sich die Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinde zum gemeinsamen Fastenbrechen in der Eyüp-Sultan-Moschee in Queichheim. Im Zeichen der Verständigung der Völker und Religionen werden dazu immer auch Gäste eingeladen. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Dachorganisation Ditib, Cihan Sen, outete sich mit seinem Dialekt als waschechter Hesse und freute sich als gebürtiger Bad Kreuznacher über den pfälzischen Zungenschlag seiner Gastgeber. Ditib ist mit 900 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland. In Rheinland-Pfalz pflegen 51 Moscheegemeinden ihre Religion. Bisher werden die in Deutschland tätigen Imame aus der Türkei entsandt und sind türkische Staatsbeamte der dortigen Religionsbehörde Diyanet. Diese ist dem Amt des türkischen Ministerpräsidenten unterstellt, was schon oft als politische Einflussnahme kritisiert worden ist. „Für uns ist der interreligiöse Dialog wichtig“, betonte Cihan Sen und appellierte, „Gemeinsamkeiten zu erkennen, statt Unterschiede hervorzuheben“.

Gemeinsamkeiten im Glauben

Der katholische Dekan Axel Brecht und Wolfgang Pauly, emeritierter Professor für katholische Theologie und Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, zeigten Gemeinsamkeiten im Glauben auf. Brecht erinnerte an die 40-tägige christliche Fastenzeit vor Ostern mit der Botschaft: „Unser Leben ist endlich, aber der Tod hat nicht das letzte Wort. Gottes Reich ist größer“. Pauly zog die Parallele zwischen einer Sure im Koran mit dem elften Kapitel aus dem Buch des Propheten Jeremia, das von der Verbannung der Israeliten nach Babylon und der Rettung durch Gott berichtet. „Feiert zusammen und erkennt, alle sind Menschen. Aus Fremden werden Freunde, das kann zur Hoffnung für die ganze Welt werden“. Vor dem Essen sprachen der protestantische Pfarrer Jürgen Leonhard und der Imam der arabischen Moschee am Danziger Platz ein Tischgebet. Die vom Imam der Queichheimer Moschee, Erhan Yavuz, rezitierten Verse aus dem Koran übersetzten Jugendliche für die deutschen Gäste.

Beim Fastenbrechen waren zum ersten Mal die Frauen der Gemeinde eingeladen, gemeinsam mit den Männern zu speisen. Dies war der Wunsch von Abdullah Yilmaz. In Landau geboren und hier familiär und beruflich verankert, hat der 44-jährige „getürkte Deutsche“, wie er sich selbst bezeichnet, mit der Übernahme des Gemeindevorsitzes dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen, dass die jungen Leute hier geboren und deutsche Staatsbürger türkischer Abstammung sind. Yilmaz ehrte die Frauen der Gemeinde, die mit den Jugendlichen und Kindern das Essen vorbereitet hatten. Jede Frau im Saal bekam eine rote Rose.

Moscheegemeinde braucht mehr Platz

Anfänglich sei es ihr unangenehm gewesen, das Mahl gemeinsam zu feiern, statt mit den Frauen unter sich im eigenen Saal, bekannte die Vorsitzende des Frauenverbandes Emine Kalacos, freute sich aber dennoch, dass ihr Ehemann sie in aller Öffentlichkeit ehrte. Auch fünf junge Frauen aus der Gemeinde, die gerade ihr Abitur bestanden haben, wurden mit Geschenken und Blumen bedacht. In Randgesprächen wurden Überlegungen geäußert, künftig auch türkischstämmige junge Deutsche für die Ausbildung zum Imam in die Türkei zu schicken. Es gibt allerdings auch Bestrebungen, Imame in Deutschland auszubilden. Dazu ist 2019 ein Islamkolleg in Osnabrück gegründet worden, das auch schon erste Absolventen hervorgebracht hat.

Angesichts der beengten Räumlichkeiten der Moschee in der Queichheimer Hauptstraße trug Abdullah Yilmaz Bürgermeister Lukas Hartmann (Grüne) den Wunsch nach einem größeren Gebäude an. Hartmann hatte an das Anwerbeabkommen von 1961 als Einladung Deutschlands an die Türken zum Wiederaufbau nach dem Krieg erinnert und die Einladung zum Fastenbrechen als Anlass bezeichnet, „in Frieden zusammen zu essen und sich untereinander auszutauschen“. Angesichts der Trauer wegen des Angriffs der Hamas auf Israel und des Kriegs im Gazastreifen forderte der türkische Generalkonsul in Mainz, Mehmet Akif Inam, zu Frieden und Zusammenhalt auf.

Schuhe für Bedürftige

Eine Lehre des Ramadan lautet, armen Menschen zu helfen. Im vergangenen Jahr hat die türkisch-islamische Gemeinde Landau tonnenweise Hilfsgüter in das Erdbebengebiet in die Türkei geschickt. Bevor am Mittwoch der Fastenmonat mit dem Zuckerfest endet, organisiert die Gemeinde eine Schuhspende-Aktion in der Eyüp-Sultan-Moschee. Am Dienstag werden in der Moschee in der Queichheimer Hauptstraße neue Schuhe an Bedürftige verschenkt. Möglich gemacht hat diese Aktion Sevin Aktas, Geschäftsführerin einer Gebäudereinigungsfirma. Eine Einsatzstelle ihrer Mitarbeiter ist die Schuhfabrik Lugina in Schwanheim. Der Inhaber des Familienunternehmens hat ihr Restposten und Rückläufer neuer Schuhe angeboten. Ab 16 Uhr werden diese in der Moschee auf Treu und Glauben kostenlos verteilt.

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