Landau Lila war gestern

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SOS-Kinderdorfmutter wäre die 41- jährige Sigrun Welke-Holtmann wohl geworden, wenn’s nicht mit der Kirchenkarriere geklappt hätte. Das klinge schon langweilig, schiebt sie schmunzelnd hinterher. Ein besonders charismatischer Pfarrer zur Zeit ihrer Konfirmation und der Wunsch, „etwas mit Menschen zu machen“, gaben dann aber den Ausschlag zur Pfarr-Laufbahn. „Ich hab’ auch schon mal Kloppe bekommen“, sagt die Musikliebhaberin aus Homburg lachend. Zum Beispiel für ihre lila gefärbten Haare zu ihrer Zeit als Gemeindepfarrerin. Bei den meisten kam das gut an, nur manch einem sei das sauer aufgestoßen. Heute ist die Frisur modisch kurz geschnitten. Lila ist Vergangenheit, aber nicht wegen der „Kloppe“, sondern: „Wenn Sie 08/15-Haare haben, dann kann man direkt auf die Probleme der anderen zu sprechen kommen.“ Zu viele Besucher im Pfarrbüro wollten immer erst über die lila Haare reden. Als Gemeindepfarrerin gibt es aber auch ernste Themen. Da dürfen die Haare nicht Thema sein. In ihren elf Jahren als Pfarrerin in Callbach und Homburg-Schwarzenbach gab’s oft ernste Gespräche. Zum Beispiel bei Sterbe- oder Trauerbegleitungen. Da erhalte man einen anderen Blick aufs Leben, erklärt die Mutter zweier Söhne: „Man sieht die Dinge dankbarer und lernt, Normalitäten zu schätzen.“ Die Menschen würden Türen und Herzen aufmachen, erklärt sie. „Es ist wichtig, Worte und Trost mitzugeben.“ Bei Leid müsse man mittragen, bei Freude könne man mitfliegen, zieht Welke-Holtmann ein positives Fazit. Wenn es dann doch mal zu viel wurde, half ihr Mann Thomas, ebenfalls Pfarrer. Beide teilten sich in Callbach und Homburg-Schwarzenbach eine Stelle. Aber auch als Pfarrer-Doppelpack hat man mal einen nur mäßig besuchten Gottesdienst. „Dann gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder ich finde es schade, dass so wenige da sind, oder ich feiere mit zwölf Leuten genauso wie mit 300“, so Welke-Holtmann. Die Freude am Predigen wollte sie aber nicht nur vor dem Altar ausleben. Die neue Referentin für Liturgik und Homiletik, der Predigtlehre, am Predigerseminar hielt häufig die Morgenandachten bei RPR 1 und dem Saarländischen Rundfunk. Sogar für den Deutschlandfunk in Köln stand sie schon vorm Mikro. Danach hätten die Hörer sogar bei ihr zu Hause angerufen, um Rückmeldungen zu geben. Der Kontakt mit den Menschen ist ihr wichtig. Pfarrer sei man eben nicht nur von 8 bis 17 Uhr, sondern ständig. „Pfarrer ist man auch im Supermarkt, genauso wie daheim.“ Da kann es dann schon mal passieren, dass Gemeindemitglieder ihr zwischen Tomaten und Nudeln das Herz ausschütten. In Landau wird sie aber in Ruhe einkaufen können. Die neue Stelle ist zwar offiziell die „Pfarrstelle I, Predigerseminar Landau“, eine Predigt im Talar wird’s in Landau aber nicht geben. Dennoch ist Welke-Holtmann nach den ersten 100 Tagen im Amt zufrieden. Die Eingewöhnungsphase laufe aber noch. Sie möchte ihre Begeisterung für den Pfarrberuf an die jungen Vikare, die angehenden Pfarrer, weitergeben. Mit ihrem neuen Team, unter der Leitung von Peter Busch, will sie in den wöchentlich gehaltenen Kursen die Jungpriester auf den Beruf vorbereiten. Das Vikariat ist der Ausbildungsabschnitt zwischen Studium und zweiter Examensprüfung für die angehenden Pfarrer. Natürlich spielt auch zu Hause in Homburg der Glaube eine große Rolle. Die beiden Söhne im Alter von 10 und 13 Jahren hat das auch beeinflusst. Früher hätten die Jungs sogar Taufe gespielt, so Welke-Holtmann lachend. Was sie später beruflich machen wollen, stehe beiden aber trotz der Berufe der Eltern frei. Auch predigen? „Wenn meine Kinder das später blöd finden, dann ist das auch okay.“ Auch wenn die Jungs aus der Kirche austreten würden – zwingen wolle sie keinen. „Ich würde mir wünschen, dass ich diese Haltung dann habe.“ Wichtig ist der 41-Jährigen, dass ihre Kinder den richtigen Weg gehen: „Schlimm ist es, wenn man den Kindern den Weg vorgibt.“ (totö)

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