Landau Der geteerte und gefederte Chefarzt

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus Gütersloh zur Kaiserschnittrate auf deutschen Entbindungsstationen hat vor zwei Jahren in Landau für Aufmerksamkeit gesorgt. Dieser Tage war sie wieder Gesprächsthema.

Bernd-Dieter Stutz ist ein lustiger Kerl. Der Mann lacht gerne. Doch bei der Lektüre der vergangenen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ – Eigenwerbung: Deutschlands größte Qualitätszeitung – blieb ihm das Lachen im Halse stecken. Wurde doch Landau in der Pfalz dort als Deutscher Meister gefeiert. Als die Stadt mit den meisten Kaiserschnitten der Republik. Das habe gerade eine Studie ergeben, die Quelle bleiben die Journalisten schuldig, auch eine Anfrage im Pressehaus in Hamburg führte gestern nicht weiter. „Die Zeit“ meinte Bernd-Dieter Stutz. Der Mann ist als Chefarzt der einzigen Entbindungsstation eines Landauer Krankenhauses nämlich der erste Geburtshelfer der Stadt. Heiligsblechle, wetterte der Schwabe. Mit diesen Zahlen nimmt er’s nämlich sehr genau. Wir erinnern uns: Die Bertelsmann Stiftung attestierte Landau eine Kaiser-schnittquote im Jahr 2010 von über 50 Prozent. Das war Spitze – bundesweit. Unrühmliche Spitze, denn wer lässt sich schon gerne nachsagen, er wähle bevorzugt den einfacheren Weg, wo doch die natürliche Geburt heute wieder angesagter ist als noch vor Jahren. Es geht um den guten Ruf des Hauses. Der Kaiserschnitt-König im Land zu sein, ist keine Ehre. Schon damals wehrte sich der Chefarzt in Landau gegen den Bundestitel. Die Zahlen seien verzerrt, argumentierte er, denn Landau sei, auch wegen der Nähe der Kinderklinik, Anlaufstelle bei Risikoschwangerschaften, Früh- und Mehrfachgeburten. Außerdem erfasste die Statistik auch noch die Entbindungen im städtischen Klinikum, das seine Geburtshilfe Mitte 2010 schloss. In den Krankenhäusern in Annweiler und Bad Bergzabern kommen schon seit 1997, beziehungsweise seit Anfang 2000 keine Kinder mehr zur Welt. Damit ist Stutz in Stadt und Kreis der Herr aller Reußen. Der Gynäkologe redete seinen Hebammen ins Gewissen und siehe da, die Zahl der Kaiserschnitte ist gesunken. Im vergangenen Jahr machten 896 Babys ihren ersten Brüller im Stift, die Kaiserschnittquote lag laut Stutz bei 34,2, bis August dieses Jahres bei 34,4 Prozent. Von einer neuen Studie weiß auch er nichts. Die aktuellste Zahl bundesweit findet sich beim Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann-Stiftung: Die Kaiserschnittrate sei leicht zurückgegangen, heißt es da, auf 31,7 Prozent im Jahr 2012. Derweil empfiehlt „Die Zeit“ der Stadt Landau, statt mit dem Slogan „Lebendige Stadt mit Ausstrahlung“ doch besser mit „Einschneidende Erlebnisse“ zu werben. Der Titel der Kolumne lautet: „Halb-Wissen“. Darüber kann dann Bernd-Dieter Stutz wieder herzlich lachen.

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