Kreis Südwestpfalz Wenn der Waschbär den Komposthaufen besucht

Wann ziehen Waschbären auf Dachböden von Eigentumswohnungen in Käshofen, Rosenkopf oder Wiesbach ein? Unsinn, dummes Geschwätz! Waidmann Norbert Theis, der bis vor wenigen Wochen noch Jagdpächter eines über 750 Hektar großen Reviers in der Nähe von Wiesbach war, sieht das etwas differenzierter, gleichzeitig gibt er Entwarnung.

In der Tat leben die kleinen, niedlichen Waschbärchen, die ursprünglich aus Nordamerika stammen, schon lange in unseren Wäldern, und schenkt man Theis Glauben, dann fühlen sie sich dort auch pudelwohl. Wie viele Tiere sich mittlerweile in den Wäldern rund um Wiesbach tummeln, vermag der Jäger und Heger, wie sich Theis selbst nennt, nicht genau zu sagen. In dem Revier, das er sich fast 20 Jahre mit einem zweiten Pächter teilte, wurden in den letzten zehn Jahren etwa vier Tiere geschossen. Multipliziert man diese Zahl mit zehn, so die Faustformel, ergäbe sich daraus die Stärke der Population, also 40 Tiere. Gleichwohl, ist die Größe einer Population nicht entscheidend dafür, dass Waschbären in Wohngebiete kommen. Ein Grund ist, dass sie bei der Nahrungssuche oft in Mülltonnen oder Komposthaufen einen reichhaltigen, gedeckten Tisch vorfinden. Ob die scheuen Kleinbären auf den nächtlichen Streifzügen nach Leckereien den einen oder anderen Komposthaufen im eigenen oder in Nachbars Garten bereits durchwühlt haben, blieb bisher in der Anonymität der Nacht verborgen. Viele kleine Raubtiere haben es den Waschbären vorgemacht, etwa der Fuchs oder schon vor Jahrzehnten der Steinmarder. Doch große wirtschaftliche Schäden, wie in Nordhessen geschehen, entstehen dann, wenn Waschbären ihren Wurf auf Dachböden großziehen und die Rasselbande alles zerstört, was nicht niet- und nagelfest ist. Allerdings seien solche Szenarien weder in Rheinland-Pfalz noch aus dem Saarland bekannt, berichtet der 59-jährige Waidmann. Doch sind es nicht die possierlichen Bärchen, die den Jägern im wahrsten Sinne des Wortes schlaflose Nächte bereiten, sondern die Wildschweinpopulation, die zu einem hohen Konfliktpotenzial geworden ist. Durch ein fast ideales Futterangebot sowie ein mildes Klima sei der Bestand stetig gewachsen, erzählt Theis. Alleine die jährlichen Schadenregulierungen, die die Pächter durch Wildschäden an Landwirte zahlen, übersteigen nicht selten die zu zahlende Jahrespacht. Zu den hohen Kosten kommen oft noch die Vorwürfe, die er und seine Mitjäger zu hören bekämen. Theis: „Wir schießen jährlich bis zu 30 Sauen, vor Jahren erlegten wir gerade mal sieben Schwarzkittel.“ Höhere Abschusszahlen seien nicht möglich, die Tiere könnten nur in Vollmondphasen bejagt werden, ergänzt Theis. Dazu komme, dass nur mit normalen Glasobjektiven geschossen werden darf, Nachtsichtgeräte sind zurzeit nach dem Jagdgesetz verboten. Auch führt nicht jeder Ansitz, wie das Beobachten des Wildes vom Hochsitz waidmännisch genannt wird, zum Erfolg. Die Tiere seien schlau, und so komme es aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder vor, dass man sich umsonst die Nacht um die Ohren geschlagen hat. Wobei jeder Ansitz im nächtlichen Wald ein ganz besonderes Erlebnis sei, schiebt Theis nach. Und so sei nicht das Schießen, sondern das Beobachten des Wildes eine der Hauptbeschäftigungen eines Jägers. Besonders wichtig sei die Beobachtung und Selektion des Rehwilds. Um eine gesunde Population aufrecht zu erhalten, würden vorwiegend schwache Kitze und alte Ricken bejagt. Unerlässlich sei auch der Eingriff in die Jugendklasse. Er diene im Wesentlichen dazu, Schwankungen der Zuwachsraten auszugleichen. In der Waidmannssprache, erklärt der passionierte Jäger, spreche man von der Aufrechterhaltung der Reproduktionsrate. Der gesetzliche Auftrag eines Jägers bestehe letztlich nicht darin, das Wild zu töten, sondern durch dessen Hege für einen artenreichen und gesunden Wildbestand zu sorgen. Theis, der als Qualitätsmanager in einem Industrieunternehmen in Homburg beschäftigt ist, will auch mit einem weiteren Vorurteil aufräumen: Jäger seien keine alten, gut situierten Herren, sondern sie repräsentierten den Durchschnitt der Gesellschaft. Dabei verweist er auf seinen Jägerstammtisch, zu welchem sich in regelmäßigen Abständen zirka 14 Jäger treffen – 13 Männer und eine Frau. Der Altersdurchschnitt liege unter 50, dabei sei die in der Runde gesprochene Sprache nicht nur Jägerlatein, erzählt Theis mit einem breiten Grinsen.

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