Kreis Südwestpfalz Kreis Südwestpfalz: Müll-System doch nicht unfehlbar

Womöglich werden Restmülltonnen nach der Leerung vertauscht und landen auf dem falschen Grundstück, gibt der Hersteller des Müll
Womöglich werden Restmülltonnen nach der Leerung vertauscht und landen auf dem falschen Grundstück, gibt der Hersteller des Müllerfassungssystems zu bedenken. Er rät den Gebührenzahlern, auf die Etiketten der Tonnen zu achten. Unser Foto entstand in Frankenthal.

Zertifizierung umfasst nicht alle Schritte bis zur Abrechnung − Hersteller: Vielleicht wurden Tonnen vertauscht?

Das Müllerfassungssystem des Landkreises sorgt für Ärger: Bürger beschweren sich über Fehlbuchungen, die die Kreisverwaltung Südwestpfalz jedoch nicht anerkennt. Sie behauptet, das System sei „unfehlbar“. Gleiches sagt die Herstellerfirma C-trace. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik meint jedoch: „Absolute Fehlerfreiheit kann dieses Verfahren nicht garantieren.“ Dutzende Bürger aus dem Landkreis hatten für ihre Bescheide von 2015 und 2016 Widerspruch eingelegt (wir berichteten zuletzt am 29. Dezember): Es seien Mülleimerleerungen berechnet worden, die so nicht stattgefunden hätten, erklärten die Bürger. Die Betroffenen brachten sogar Belege mit, dass sie zu besagtem Zeitpunkt in Urlaub waren; andere führen Buch darüber, wann sie die Tonne rausstellen.

 "Es gibt immer wieder so was"

In den Sitzungen des Kreisrechtsausschusses, der Widerspruchsbehörde der Kreisverwaltung, hatte die Verwaltung aber immer auf die Zertifizierung des Systems verwiesen, das dadurch unfehlbar sei. Der Fehler müsse bei den Bürgern liegen, vielleicht habe ja ein Nachbar die Tonne vors Haus gestellt. Alle Beschwerden wurden zurückgewiesen. Ein Bürger scheiterte vor dem Verwaltungsgericht mit einer Klage. Auch dort wurde auf die Zertifizierung des Systems mit dem Namen C-ident verwiesen. Hersteller dieses Systems ist das Bielefelder Unternehmen C-trace, das ein IT-Sicherheitszertifikat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorweisen kann. Gerolf Wölfert, Vertriebsleiter für Rheinland-Pfalz von C-trace, kennt Vorfälle wie die in der Südwestpfalz. „Es gibt immer wieder so was. Es hat sich aber immer auch aufgeklärt“, erzählt er. Auch Wölfert ist von der Sicherheit des Systems überzeugt: „Es ist unfehlbar“, betont er.

"Keine Manipulationsmöglichkeiten"

Wie berichtet, sind die Mülltonnen mit Chips ausgestattet. Die Chipnummern könnten nicht geändert werden. Die Nummer sei einmalig und auch nicht in einem anderen Landkreis nochmals vergeben worden, erklärt Wölfert. Auch die Übertragung der Daten vom Müllauto an die Firma Remondis und von dort an die Kreisverwaltung sei sicher. „Das passiert über eine gesicherte und verschlüsselte Leitung. Ich sehe da keine Manipulationsmöglichkeiten“, berichtet Wölfert. Eine Fehlerquelle könnte es aber dennoch geben: wenn bei der Leerung die Tonnen vertauscht würden, also beispielsweise die Tonne für Hausnummer 17 vor dem Grundstück Nummer 19 steht und die Besitzer sie dann wieder hinters Haus rollen, ohne zu kontrollieren, ob es tatsächlich ihre Tonne ist. Der Hausbesitzer von Nummer 19 stellt dann munter seine Tonne raus, irgendwann aus zeitgleich wieder der Bewohner von Nummer 17. Es kommt erneut zum Tonnentausch, die Nummer 17 hat nun aber mehr Leerungen auf der Rechnung.

Haben Sie die richtige Tonne?

Das funktioniere aber nur, wenn die Tonnen tatsächlich wieder zurückgetauscht würden, gibt Wölfert zu bedenken. Ansonsten falle der Kreisverwaltung bei Beschwerden auf, dass jemand die falsche Tonne nutzt. „An jeder Tonne klebt ein Etikett mit der Adresse“, sagt Wölfert. Hausbesitzer, die sich nicht sicher sind, sollten also prüfen, ob sie die richtige Tonne nutzen. Das System C-ident wurde vom Bonner BSI 2007 zertifiziert. Dort ist man von der Unfehlbarkeit nicht so hundertprozentig überzeugt. Die Pressestelle des BSI versichert auf RHEINPFALZ-Anfrage, dass durch eine Zertifizierung „signifikantes Vertrauen in die korrekte Funktionsweise eines Produkts“ aufgebaut werden könne. Absolute Fehlerfreiheit will das BSI aber nicht garantieren. Das System sorge zuverlässig dafür, dass die Chips korrekt ausgelesen werden und die Daten im Müllauto sicher gespeichert sind, erläutert Tim Griese, Pressesprecher des BSI. Außerdem sorge das System für einen Schutz vor Verfälschung der Datensätze bis zur Bürosoftware des Entsorgers. Zudem könnten keine weiteren Daten ins System eingeschleust werden.

"Keine garantierte Fehlerfreiheit"

„Das zertifizierte Sicherheitsmodul als Teil der ansonsten ungeprüften Bürosoftware prüft die eingegangenen Daten auf korrekte Übertragung und gibt diese im Positivfall zur weiteren Verarbeitung an die Abrechnungssoftware weiter. An dieser Stelle endet die zertifizierte Leistung des Systems“, erläutert Griese gegenüber der RHEINPFALZ. Nicht zertifiziert sei zudem die Anbringung der Transponder an den Mülltonnen, die korrekte Zuordnung zu einem Gebührenzahler und die Erstellung der Rechnung auf der Basis der geprüften Daten. Das System könne bei aller Sorgfalt keine Fehlerfreiheit garantieren, erklärt Griese. „Es ist auch nicht in der Lage, böswillige, technisch aufwendige Manipulationen zu erkennen oder Fehlbedienungen, die nicht im Rahmen der skizzierten zertifizierten Sicherheitsleistung liegen, zu verhindern“, erläutert der Sprecher weiter.

x