Wilgartswiesen 50 Jahre Verbandsgemeinde Hauenstein: Ein bisschen gern haben sie sich jetzt schon
Man muss es sich noch einmal in Erinnerung rufen: Bei der Gebietsreform 1969 wurden die Dörfer Darstein, Dimbach, Lug, Schwanheim, Spirkelbach und Wilgartswiesen aus dem aufgelösten Landkreis Bad Bergzabern dem Kreis Pirmasens zugeschlagen. 1972 bildeten sie mit Hauenstein und Hinterweidenthal zusammen die neue Verbandsgemeinde Hauenstein, die am 2. Januar 1973 ihren Betrieb aufnahm. Es war ein Verwaltungsgebilde, ein Gemeindeverband, geschaffen von Bürokraten, in einer Zeit, in der gesellschaftskritische Bewegungen den Diskurs bestimmten und in der die Schuhindustrie in Schwierigkeiten geriet. Das waren keine guten Voraussetzungen.
„Die Stimmung war ganz schwierig“, erinnerte sich Willy Schächter, der langjährige Hauensteiner Ortsbürgermeister, an die Anfangszeit der Verbandsgemeinde. „Hauenstein war nicht der Wunschpartner. Wir sahen uns als Pforte zum Dahner Tal“, erinnerte sich Barbara Schenk, die heutige Ortsbürgermeisterin von Hinterweidenthal. Moderator Markus Appelmann hatte sich die Zeitzeugen an seinen Interviewtisch geladen und sprach mit ihnen über die Anfänge der Verbandsgemeinde.
„Verbandsgemeinde ist etwas Gutes“
Es sei, so Schächter, „Integratoren“ wie dem ersten Verbandsbürgermeister Gottfried Dahm oder dem Hauensteiner Peter Hoffmann zu verdanken gewesen, dass etwas zusammenwuchs, was eigentlich nicht zusammenzupassen schien. Sie seien in die Dörfer gegangen und hätten für die Verbandsgemeinde geworben. „Für mich galt es, den Menschen mit ihren Befindlichkeiten entgegen zu kommen“, sagte Gottfried Dahm, „sie hatten die Sorgen, ihnen wird etwas genommen. Ich wollte den Eindruck vermitteln, die Verbandsgemeinde ist etwas Gutes.“
Dahm war damals einer von 17 Bewerbern, die sich für die Stelle des Verbandsbürgermeisters beworben hatten. Er blieb bis 1978, dann wurde er Verbandsbürgermeister in Ransbach-Baumbach. Das Amt übte er bis 2006 aus. Dahm, Jahrgang 1940, und Schächter, Jahrgang 1939, erinnerten sich noch gut an die Schwierigkeiten der Anfangsjahre. Besonders Schächter war anzumerken, wie ihn diese Zeit noch aufwühlt.
Längst mehr als eine Zweckgemeinschaft
Am Samstag, beim Festakt zum 50. Jubiläum der Verbandsgemeinde, wurde aber auch gelacht. Weil vieles heute nicht mehr vorstellbar ist, weil es schöne Zitate gab, weil sich viele in dem, was gesagt wurde, wiederfanden. Und weil bei allem Verdruss über die damaligen Entscheidungen von oben herab doch etwas entstanden ist, das über den Status einer Zweckgemeinschaft hinaus gereift ist. Auch wenn immer mal wieder die alten Scharmützel zwischen den Dörfern des Luger Tals und der Sitzgemeinde im Verbandsgemeinderat aufflammen.
Davon zeugte der Film von Christoph Riemeyer, den die 200 Gäste in der schön dekorierten Falkenburghalle zu sehen bekamen, in dem die Grundschulkinder der Verbandsgemeinde ein Ständchen bringen, in dem die Ortsbürgermeister ihre Gemeinden präsentieren und in denen es viele Szenen gibt, die verdeutlichen, dass die Verbandsgemeinde Hauenstein ein richtig schönes, liebenswertes Stück Südwestpfalz ist.
„Es war eine Zweckgemeinschaft, eine Zweckehe und es hat gebraucht, bis die einzelnen Ortsgemeinden zueinander gefunden haben“, sagte Angelika Glöckner, die SPD-Bundestagsabgeordnete. Jetzt, 50 Jahre später, könne die Verbandsgemeinde „auf das Erreichte stolz sein“, sagte Landrätin Susanne Ganster. Im Deutschen Schuhmuseum stehe der weltweit größte Schuh, „und wer hat in Deutschland noch nicht den Teufelstisch gesehen?“, griff sie zwei Marken heraus. „Seien Sie stolz auf Ihre Verbandsgemeinde, der Kreis ist es“, rief sie den Gästen zu.
Zitiert
- „Mein Name ist Alexander Schweitzer und ich bin noch 49 Jahre alt. Und ich werde jeden Tag auskosten, so lange das noch so ist.“
Der erste Satz des rheinland-pfälzischen Arbeitsministers Alexander Schweitzer, nachdem Moderator Markus Appelmann erwähnt hatte, dass Schweitzer im September 50 Jahre alt wird.
- „Das waren keine gestifteten Liebesheiraten, das waren selbstbewusste Ortsgemeinden, die zusammengefunden haben – und das war die diplomatische Variante –, die zusammengefunden wurden.“
Schweitzer über die Anfänge nach der Gebiets- und Kommunalreform vor über 50 Jahren.
- „Politik funktioniert nicht so wie bei den vielen, die auf der Couch sitzen und auf Facebook schreiben, was man besser machen kann. Das Maß an Besserwisserei ist erreicht. Wir brauchen mehr Bessermacher, die findet man in jedem Ortsgemeinde- und Verbandsgemeinderat.“
Schweitzer über das Treiben in sozialen Medien.
- „Wir arbeiten gut in den bestehenden Strukturen zusammen. Wir brauchen keine weiteren Zwangsfusionen, brauchen keine Einkreisung der Städte, wir haben hier eine gute Struktur. Was wir brauchen, sind Menschen, die sich weiter vor Ort engagieren. Und wir brauchen eine gute finanzielle Ausstattung, damit wir nicht verwalten, sondern gestalten können. Nur dann sind die Bürger bereit, sich zu engagieren.“
Landrätin Susanne Ganster.
- „Man hat ihnen damals das Herz, das für Bergzabern schlug, herausgerissen. Sie wurden einer ganz anderen Region zugeführt.“
Willy Schächter mit Blick auf die Dörfer im Luger Tal, die bei der Gebietsreform 1969 dem Kreis Pirmasens zugeschlagen wurden.