Kreis Südwestpfalz Übergangen und missachtet

Um dieses Gebäude in Kusel geht es: früher Ikoku, heute Rotes Kreuz.
Um dieses Gebäude in Kusel geht es: früher Ikoku, heute Rotes Kreuz.

Vor zweieinhalb Jahren hat der Kuseler Kreisverband des Roten Kreuzes (DRK) sein heutiges Verwaltungsgebäude für 530 000 Euro vom Landkreis Kusel gekauft. Jetzt muss der Kreistag möglicherweise noch einmal zur Sache entscheiden. Denn im Kaufvertrag hatte sich der Kreis Kusel – ohne den Kreistag als maßgebliches Gremium zu informieren – verpflichtet, Mängel am Gebäude zu beseitigen. Weil das bisher nicht passiert ist, hält das DRK rund 45 000 Euro des Kaufpreises zurück.

45 500 Euro will die Kuseler Kreisverwaltung in den aktuellen Haushalt einstellen – für den Verkauf des Gebäudes in der Trierer Straße 39 in Kusel an das DRK im Jahr 2015. Das DRK hatte ein neues Verwaltungsgebäude gesucht, weil chinesische Investoren sich für den alten Verwaltungssitz in der Trierer Straße 71 in Kusel interessierten. Diese kauften dann auch das Haus schräg gegenüber des Messeplatzes. Das DRK seinerseits wurde in Hausnummer 39 fündig, damals noch Sitz der kreiseigenen Ikoku GmbH, die inzwischen im Horst-Eckel-Haus untergekommen ist. Eingefädelt hatte die Verkäufe Winfried Hirschberger, damals Kuseler Landrat und damals wie heute Chef des DRK-Kreisverbands. Das im Vergleich zur alten DRK-Geschäftsstelle deutlich größere Anwesen in der Trierer Straße 39 wurde mit einem Wert von 427 500 Euro auf der Habenseite in der Kreisbilanz geführt. Ein Wertgutachten eines heimischen Immobilienbüros kam im November 2014 allerdings auf einen deutlich höheren Wert: 530 000 Euro wurden ermittelt. Dieses Gutachten bildete nach Auskunft der Kuseler Kreisverwaltung die Grundlage für den Verkauf des Gebäudes „und war Beratungs- und Beschlussgrundlage sowohl in der Kreisausschusssitzung am 11. Februar 2015 als auch in der Kreistagssitzung vom 25. März 2015“. Der über den bilanzierten Wert hinausgehende Erlös sollte zur Verringerung des Minus im Kreishaushalt eingesetzt werden. Der Kaufvertrag wurde im November 2015 abgeschlossen. Was im Frühjahr 2015 dem Kreistag nicht mitgeteilt wurde, war, dass es zum Zeitpunkt der Sitzung bereits einen Mängelbericht eines Ingenieurbüros gab. Dessen Ergebnis wurde im November Vertragsbestandteil – der Landkreis verpflichtete sich, die Mängel zu beseitigen, das DRK akzeptierte im Gegenzug den vollen Kaufpreis. Hintergrund dieser Lösung sei gewesen, dass der Umzug damals schnell gehen musste, erläutert DRK-Geschäftsführer Volker Zimmer. Im November kaufte das DRK sein neues Gebäude, kurz vor Weihnachten waren die chinesischen Käufer beim Notar, Ende Januar zog man bereits um. Der Grund für das flotte Vorgehen: Vonseiten der Kommune, so begründeten die Beteiligten damals, habe man den Investoren keine Steine in den Weg legen wollen, habe sich eine ähnliche Sogwirkung wie in Birkenfeld erhofft, wo im Umfeld der Hochschule ein kleines „Chinatown“ entstanden ist. Das Thema kocht derzeit noch einmal hoch, weil die Mängel – es geht nach übereinstimmenden Angaben von DRK und Kreisverwaltung um Arbeiten an den Böden, Wänden und Holzdecken – drei Jahre nach dem Kreistagsbeschluss und fast zweieinhalb nach dem Notartermin immer noch nicht behoben sind. Das Rote Kreuz hat deshalb von der im vergangenen Sommer fälligen letzten Rate des Kaufpreises in Absprache mit der Kreisverwaltung 45 500 Euro einbehalten. „Ich muss kaufmännisch handeln und auf die Einhaltung der Vertragsbestandteile bestehen“, sagt Zimmer. Weder bei der Kuseler Kreisspitze noch beim Roten Kreuz bestehen Zweifel, dass der Kaufvertrag gültig ist. Aber: „Nebenabreden oder der am 12. März 2015 von einem Ingenieurbüro erstellte Mängelbericht waren den Mitgliedern des Kreistages in der Sitzung vom 25. März 2015 bei seiner Beschlussfassung nicht vorgetragen worden und sind auch nicht im Protokoll vermerkt“, heißt es in einer schriftlichen Auskunft der Kreisverwaltung auf eine RHEINPFALZ-Anfrage. Dieser Umstand sorgte bei den derzeit laufenden Haushaltsberatungen für Unmut. Mitglieder des Kreisausschusses, der die Beschlüsse des Kreistags vorbereitet, fühlen sich und den Kreistag, also die Volksvertretung auf Kreisebene, fraktionsübergreifend übergangen und missachtet. Der heutige Landrat Otto Rubly geht davon aus, dass der Kreistagsbeschluss vom März 2015 geändert werden muss. Ob er damit richtig liegt, lasse er derzeit prüfen.

x