HERXHEIM Menschen gehen in Herxheim für Vielfalt und Toleranz auf die Straße

Rund 350 Menschen versammelten sich vor dem Rathaus.
Rund 350 Menschen versammelten sich vor dem Rathaus.

„Miteinander – Demokratie stärken“ – diesem Aufruf sind am Samstag in Herxheim zahlreiche Menschen gefolgt. Ein Bündnis aus Parteien, Organisationen und Kirchengemeinden setzte ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz.

Petrus war den Teilnehmern der Kundgebung nicht wohlgesonnen. Immer wieder mussten sie ihre Regenschirme aufspannen, was aber die gute Stimmung nicht trüben konnte. Rund 350 Leute ließen sich vor dem Rathaus von Wind und Wetter nicht davon abhalten, klare Kante gegen Demokratiefeinde zu zeigen.

Auslöser der Protestwelle sind die Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv im Januar über ein Treffen von rechtsextremen Kreisen in Potsdam. Dort wurden Pläne geschmiedet, wie Menschen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland zu vertreiben seien. Seitdem bleibt die sogenannte schweigende Mehrheit nicht mehr zuhause, sondern zeigt Flagge gegen Rechtsextreme. Und die Protestwelle ebbt nicht ab. Im größten Dorf der Südpfalz geht man allerdings nicht zum ersten Mal auf die Straße, denn bereits im Jahr 2016 demonstrierten mehr als 1000 Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit. Auslöser war ein Brandanschlag auf eine geplante Erstaufnahme gewesen und ein Feuer im Waldstadion, in dem Geflüchtete untergebracht waren.

Unzufriedenheit ernst nehmen

Als erster Redner ergriff Ortsbürgermeister Sven Koch das Wort und zitierte aus der Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Jahrzehntelang habe es einen Grundkonsens aller politischen Parteien gegeben, dass auf diesem Fundament unsere demokratische Ordnung basiert. Heute sei die Realität eine andere. In den Parlamenten aller politischen Ebenen sitzen Abgeordnete der AfD, „die sich als Sprachrohr der schweigenden Mehrheit ausgeben, aber unser Land zurückführen wollen in das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte“, so Koch, der seit Kurzem selbst Mitglied des Landtags ist. Er zeigt Verständnis für Menschen, die sich von der Politik nicht mehr wahrgenommen fühlen und deshalb anfällig für die rechten Parolen seien. Diese Unzufriedenheit müsse man ernst nehmen und politische Entscheidungen besser erklären.

Trotz aller Schwierigkeiten ist er überzeugt: „Die Demokratie in unserem Land ist wehrhaft und wir lassen nicht zu, dass sie zunichtegemacht wird“, wofür er viel Applaus erhält.

Landrat Dietmar Seefeldt hätte nie gedacht, dass er sich einmal Sorgen um die Demokratie machen müsste. Denn die Geschichte lehre, dass es keine bessere Staatsform gebe und totalitäre Systeme keine Alternative seien. Er appellierte an die Anwesenden, am 9. Juni demokratische Parteien zu wählen, denn nur so könne das Erstarken der AfD verhindert werden. Dabei will Seefeldt nicht die Wähler dieser Partei angreifen, sondern – ganz im Gegenteil – ihnen ihre Zukunftsangst nehmen.

Landrat unter Beschuss

In der Demokratie müsse man auch vieles aushalten können, so der Landrat. Er meinte damit Gerichtsurteile, die der AfD alle demokratischen Rechte zuspricht, obwohl die Partei undemokratische Ziele verfolge. Auch er selbst steht seit seiner Neujahrsansprache unter Beschuss, aber er werde nicht die von der AfD geforderte Unterlassungserklärung unterschreiben.

Für Herxheim Bunt, eine Initiative, die geflüchteten Menschen hilft, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen, sprach Helmut Dudenhöffer. Aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer Kultur und Religion wären diese Personen die ersten Opfer der „Remigrationspläne“ von AfD und Gleichgesinnten. „Sei ein Mensch“ – so fordert Dudenhöffer die Anwesenden auf, nicht zu schweigen, wenn über Migranten gehetzt werde. „Widerstehen wir dem Hass der Demagogen. Leicht können aus Sprüchen Taten folgen“, warnte er.

Erinnerung an Theaterstück

Die Geflüchteten würden ihre Heimatländer verlassen, um vor Not und Unterdrückung zu fliehen. „Nehmen wir sie als Menschen an. Wenn wir es richtig machen, wird unsere Gesellschaft am Ende reicher und vielfältiger sein“. Dudenhöffer erinnerte an das Theaterstück „Neuer Wind in Herxe“ im vergangenen Jubiläumsjahr, in dem Geflüchtete die Station „Herxheim. Menschen. Freundlich“ bespielt hatten. Jetzt standen diese Schauspieler auf der Rathaustreppe und Ethsam aus Pakistan, Schüler am Pamina-Schulzentrum und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, trug eine Textpassage aus dem Stück vor. Das sorgte für Gänsehautmomente.

Die Mischung aus Reden und Gesang kam bei den Teilnehmern der Demo gut an.
Die Mischung aus Reden und Gesang kam bei den Teilnehmern der Demo gut an.

Danach sprach Florian Metz, Vorsitzender des Pfarreirates Hl. Laurentius für die katholische Kirchengemeinde. Er zeigte sich entsetzt darüber, wie „Menschen in unserem Land über andere urteilen und sie ohne Zögern abwerten und geringschätzen“. Dies widerspreche dem christlichen Gebot der Nächstenliebe, wonach es keine Menschen zweiter Klasse geben kann.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben im Bewusstsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen eine moderne Demokratie geschaffen, so Metz. Die werde nun von radikalen Gruppen bedroht, oft von fremden Diktaturen unterstützt und finanziert. Und Metz nennt die Demokratiefeinde beim Namen: Allen voran die AfD, aber auch die extremen Linken. „Die Linke und die Wagenknechte tragen eine erschreckende und absolute Russlandhörigkeit wie eine Fahne vor sich her“. Doch Menschenschinder hätten in einer offenen und demokratischen Gesellschaft keinen Platz.

Auch Musikbeiträge

Auch die Vertreterin der protestantischen Kirchengemeinde, Pfarrerin Beate Rahm, fand deutliche Worte: „Völkisch-nationale Gesinnungen und menschenverachtende Haltungen sind mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens in keiner Weise vereinbar“, sagte sie. Zwischen den Reden lockerten musikalische Beiträge die Veranstaltung auf. Die Musiker Harry Beiner und Wolfgang Weis stimmten die Klassiker „Imagine“ und „We shall overcome“ an und alle sangen mit. Ebenso unterhielt das Südpfalz-Ensemble, eine Gruppierung der Südpfalzlerchen, mit mehreren Liedern.

Genau diese Mischung aus Reden und Gesang kam bei den Teilnehmern der Demo gut an. Eva Herzenstiel meinte: „Kultur bringt Kulturen zusammen“, das hat ihr sehr gefallen. Andrea Appel hat sich nicht vom schlechten Wetter abhalten lassen, auf die Straße zu gehen. So wichtig ist es ihr, Zeichen für unsere demokratischen Werte zu setzen. Reinhard Volz fand die Reden vielfältig. Auch die Lieder waren gut gewählt und haben genau zur Veranstaltung gepasst.

Veranstalter der Kundgebung waren Herxheim Bunt, der Herxheimer Heimatverein, das Südpfalz-Ensemble, das Duo Beiner/Weis, das Chawwerusch-Theater, beide Kirchengemeinden und alle im Ortsgemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen.

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