Kreis Südliche Weinstraße „Lebensmittel und Klopapier“

Während die Weinlese eher von zahlreichen faulen Früchtchen getrübt war, wagten bei der Bergzaberner Buchlese auch frische Triebe ihren hoffnungsvollen Start ins hartumkämpfte Buchgewerbe. Darunter war Emil Fadel, einer von vier jungen Preisträgern des Martha-Saalfeld-Förderpreises 2014.

Der Mainzer Student der Filmwissenschaften und Germanistik, Autor des Literaturforums und Internet-Blogs „Octopus“, Sohn des bekannten, und bei der Lesung anwesenden Autors Rafik Schami, gab im Museum der Stadt eine kleine Kostprobe seines noch unveröffentlichten Werks. Arbeitstitel: „Schnittblumen machen mich traurig“. Der Ich-Erzähler scheint durch den städtischen Alltag zu treiben, nimmt hier eine Szene auf und bringt dort einen Gedanken voran. Versonnen wandelt er zwischen Zeiten und Räumen, scheint seine Freunde eher bei den Vätern und Großvätern aus Film, Literatur und Musik gefunden zu haben und mit deren Augen zu sehen: Die Welt, die er durchstreift, ist verlogen, der Schein trügt. Die Menschen sind wie von einer unsichtbaren Kraft gesteuert: Konsumenten, Profiteure, Wochenendpunks und Feierabend-Weltverbesserer – alle ohne Biss und Charme. Was fühlt wohl die kleine Kassiererin, die gelernt hat, die Massen mit einem freundlichen „Noch einen schönen Tag“ zu verabschieden? Sich „schöne Tage“ oder „viel Spaß“ zu wünschen – ist das nicht ein leere Floskel unserer Zeit, geprägt von den allgegenwärtigen Marketing- und Werbeagenturen? Was weiß die Verkäuferin von ihm, dem jungen Kunden, der eigentlich nicht viel mehr als „Lebensmittel und Klopapier“ zum Überleben braucht: Von ihm, der wie ein alter Mann durch seine Welt der Erinnerungen treibt, all seinen verflossenen Liebschaften darin begegnet, sich aber scheut, die aktuell letzte anzurufen? Ein junger Mensch, der sich ins Kino verzieht, wenn ihn die Welt zu traurig stimmt? Es war nur ein kurzer Einblick, den der junge Autor seinen Zuhörern gewährte, um dann schnell das Lesepult zu verlassen – fast so scheu wie sein Ich-Erzähler. Zum Abschluss kündigte Renate Becker, Mitorganisatorin der Buchlese an, dass auch künftig Preisträger des 1994 zum Andenken an die südpfälzische Lyrikerin und Romanautorin Martha Saalfeld (1898-1976) gestifteten Arbeitsstipendiums in die Kurstadt eingeladen würden. (ika)

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