Kreis Südliche Weinstraße Hier geht nichts verloren

BORNHEIM. Von lautem Lachen noch übertönt nähert sie sich mit ihrem typischen Geräusch. Das Geräusch, eine Mischung aus metallischem Rattern, Quietschen und Schleifen, kündigt die nächste Draisine an, die sich dem Zielbahnhof in Bornheim nähert. Das Lachen der Insassen zeugt von einem fröhlichen Ausflug. Betreiber Jürgen Bauer empfängt die pfälzisch-sachsen-anhaltinische Gruppe ebenfalls mit bester Laune – und Entertainer-Qualitäten.

Sofort sind Bedenken verflogen, eine Fahrt mit der Draisine zwischen Bornheim und Westheim könnte manchen langweilen. Kein Wunder also, dass gerade die Wochenenden schon lange im Voraus über die komplette Saison hinweg ausgebucht sind. „Unter der Woche gibt es aber immer noch Möglichkeiten, auch für größere Gruppen“, erklärt Bauer. Der 52-Jährige reiht einen Witz an den anderen, man spürt, dass er nach 30 Jahren als Aniliner seinen Traumjob gefunden hat. „Das hier ist meine Erfüllung, der Kontakt mit Menschen“, schwärmt Bauer, der den Draisinenbetrieb mit seiner Ehefrau Christine Bauer im Jahr 2011 von seinem Vorgänger übernommen hat und diese nun mit zwei Aushilfen an sieben Monaten im Jahr im Haupterwerb betreibt. In den Wintermonaten ist Zeit für Sanierungsarbeiten und Urlaub. In Westheim betreibt Christine Bauer das Kiosk am Wendepunkt, zudem haben die Bauers zahlreiche Tipps für ihre Fahrgäste, wie sie den Tag mit der Draisine zum rundum gelungenen Erlebnis ausbauen können. Dazu gehört nicht nur der von den Bauers betriebene Grillverleih in Westheim oder die dort angebotene Weinprobe, auch die Pizzeria Milano unweit der Endstation in Westheim ist ein Geheimtipp der Bauers, der von der nächsten Gruppe, einer größeren Familie mit drei Generationen, dankend angenommen wurde. „Alles super klasse“, heißt es am Ausstieg. Bauer lacht zufrieden. Familie Wiesner hat es vor vier Jahren in die Pfalz verschlagen. Dort lebt sie nun in Dannstadt und hatte Besuch aus der Heimat, genauer aus Plötzky bei Magdeburg. „Die Weißherbstschorle hat sehr gut geschmeckt“, berichten die Gäste aus Mitteldeutschland nach der Premiere, die nicht unaufgeregt verlaufen war. Handys, eine E-Zigarre und anderes waren auf der Draisinenfahrt verloren gegangen, einiges wurde nach einer Suche an der Strecke gefunden. Groß war die Freude, als Jürgen Bauer plötzlich die E-Zigarre hervorholt, die von einem anderen Fahrgast gefunden und abgegeben wurde. Nun ist alles wieder komplett und Bauer hebt hervor, wie ehrlich seine Fahrgäste seien: „Hier geht nichts verloren, zum Leidwesen vieler auch keine Schwiegermutter oder Großeltern. Hier wird alles zurückgebracht.“ Und er setzt noch einen obendrauf: „Einmal hatte eine große Gruppe die Tasche mit dem Geld für den Tagesausflug, rund 2500 Euro, verloren. Auch die wurde hier wieder abgegeben.“ Dann kommt schon die nächste Gruppe. Katharina Knotte, die 21-Jährige Landauer Studentin, hat ihre Mutter am Tag vor deren Geburtstag samt Anhang aus München eingeladen. In drei Draisinen ging es auf Tour: „Das war ein toller Tag, auch wenn ich das morgen in den Muskeln spüren werde“, sagt die Mutter, während Bauer den Jüngsten klarmacht, dass es auf der Strecke kaum Steigung, „nur ein Promille“, gibt, was sofort der nächsten Erklärung bedarf. Apropos Promille: Wer schon vorab zu viel „tankt“, darf nicht mehr mitfahren. Bauer hat schlechte Erfahrungen gemacht, als ein volltrunkener Fahrgast direkt vor dem Betriebsgelände in ein vorbeifahrendes Auto lief. „Und wenn an den Bahnübergängen Unfälle passieren, bei denen Alkohol im Spiel ist, hat man meist schlechte Karten“, warnt er Unvorsichtige. Verbieten könne er Alkohol aber nicht, weil er das Verbot dann auch überwachen müsse. Während die Familie Wiesner nun so viel Spaß am Draisinenfahren gewonnen hat, dass sie noch in diesem Jahr auch die Strecke im Glantal bei Kusel befahren will, um in den Lostopf (Hauptpreis: ein Fahrrad im Wert von 1000 Euro) zu kommen, freut sich Bauer auf seinen an diesem Tag recht frühen Feierabend. Um 16.30 Uhr sind alle Draisinen zurück, an anderen Tagen dauert es auch mal bis 18 Uhr.

x