Kreis Südliche Weinstraße Freiheit für Richard Löwenherz [mit Video]

Kerzenständer und Laptopbildschirme: Auf Burg Trifels trifft die reale Walt auf die virtuelle.
Kerzenständer und Laptopbildschirme: Auf Burg Trifels trifft die reale Walt auf die virtuelle.

Annweiler: Burg Trifels. 12. Jahrhundert. Mit einem Mausklick treibt Micha Kühn seine Ochsen raus aus dem Steinbruch in Richtung Steinmetz. Dort werden die Steine zu Blöcken verarbeitet. Kühn ist einer von 35 Mittelalter- und Computerfans, die am Samstag den „Kaisersaal“ für eine Game-Party in Beschlag nehmen.

Die Steine, der Ochse zum Steinmetz geschleppt hat, nutzt Micha Kühn, um Gebäude zu bauen: für seine Bauern, seine Handwerker oder seine Ritter. Der 30-Jährige sorgt auch dafür, dass der Bogenbauer Holz vom Holzfäller und Pfeilspitzen vom Schmid erhält. Mal stimmt Kühn die Burgbewohner mit Steuern, mal mit Nahrungsmittel, die er auf dem Feld angebaut hat, zufrieden. Und so lässt er Klick für Klick die Wirtschaft in und um die Burg Trifels ordentlich florieren. Mit dem Geld, das er dabei kassiert, verfolgt er ein einziges Ziel: Er will Richard Löwenherz aus der Gefangenschaft freikaufen.

Zusammentreffen der Gegensätze

Und genau das wollen auch die anderen Teilnehmer der Game-Party. Aus ganz Deutschland und der Schweiz sind sie deshalb in die Südpfalz, hoch zur Burg Trifels gekommen. Es ist ein Zusammentreffen der Gegensätze: Die reale Welt trifft auf die virtuelle Welt, das Mittelalter auf das 21. Jahrhundert.

Trifels ins Spiel programmiert

Kerzenständer und Kronleuchter, unterstützt vom grellen Schein der Laptopbildschirme, sorgen für Licht im dunklen Burgraum. In den PCs laufen Stronghold HD und Stronghold Crusader 2 – sogenannte Echtzeit-Strategiespiele der Londoner Firma Firefly Studios, in denen es um den mittelalterlichen Burgenbau geht. Neben dem strategischen Platzieren von Wällen und Türmen steht die funktionierende Wirtschaft im Vordergrund. Das Besondere aber ist, dass dieses Mal auf dem Trifels geplant werden kann. Denn dieser wurde extra für die Game-Party von Andreas Fuchs (Firma Burgenfuchs, Runkel) ins Spiel programmiert.

Besondere Geburtstagsparty

Und das hat folgenden Grund: Der Charakter Richard Löwenherz mischt in den Stronghold-Spielen mit. Da der berühmte Gefangene des Trifels an diesem Wochenende 860 Jahre alt geworden wäre, widmete ihm die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland Pfalz eine ganz besondere Geburtstagsparty. Sozusagen eine Feier für den großen Krieger und Medienheld auf der Reichsburg des Feindes. Die Idee dazu hatte Angela Kaiser-Lahme, Direktorin Burgen, Schlösser, Altertümer. „Wir möchten mehr junge Menschen für das Thema Burg begeistern. Also fragten wir uns, wie wir die junge Generation mit den alten Gemäuern zusammenbringen können und kamen auf die Idee mit dem Computerspiel“, freut sich Lahme. „Wir möchten die jungen Leute in ihrer Welt abholen und sie mit der alten Welt bekannt machen.“

Spiele in der virtuellen und der realen Welt

Und das kam an. „Micha war ganz aufgeregt, als er von der Sache erfuhr. Er liebt das Mittelalter. Auf einer echten Burg zu spielen, ist für ihn das Größte“, berichtet Jule Zschummel. Ihrem Freund Micha Kühn zu Liebe ist sie extra aus Berlin nach Annweiler gekommen. Jetzt sitzen sie gemeinsam mit den anderen Spielern zwischen zwölf und 40 Jahren an einer langen U-förmigen Tafel. Blicken auf die Laptopbildschirme. Aber nicht mehr lange, dann wird Jule ihren Gefährten Micha verlassen. Gespielt wird nämlich immer zu zweit. Als „Gamer“ in der virtuellen Welt und als „Player“ in der realen Welt. Und in letzterer gibt es Geschichte zum Anfassen. Eine Schnitzeljagd in und um die Burg Trifels herum. Die Spieler lösen kniffelige Aufgaben, beschäftigen sich mit der Geschichte und den Menschen dieses Ortes. Eine genaue Beobachtung der Räume, ein Blick für Baudetails und Hintergrundwissen ist notwendig, um den „Stein des Weisen“ zu finden, den es laut Lahme tatsächlich in der Burg gibt.

"Geschichtsunterricht zum Anfassen"

Die genauen Aufgaben möchte die Direktorin aber nicht verraten, denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das Herr-der-Klinge-Team möchte nämlich auch in Zukunft Geschichte, PC-Spiele und Jugendliche zusammenbringen. Der Trifels soll außerschulischer Lernort werden. „Mit diesem Konzept wollen wir uns künftig an Schulen richten. Geschichtsunterricht zum Anfassen sozusagen,“ betont Angela Lahme, die sich über den frischen Wind in der alten Burg freut. Aber auch für andere Einrichtungen oder Firmen, die Interesse an einer Geschichtsvermittlung aus Computerspiel und realem Spielangebot haben, seien Willkommen.

Erster Preis: Reise nach London

„Hätte meine Mutter früher geahnt, dass mich meine Zockerei eines Tages mit der Generaldirektion kulturelles Erbe zusammenbringt, hätte ich mir viel Ärger erspart,“ lacht Pascal Heymann. Der Manager der Firma Firefly aus Berlin war Ehrengast der Party und brachte einen tollen ersten Preis mit: Eine Reise nach London zu den Firefly Studios. Und darüber freuten sich Nico Materne und Maximilian Hofmann. Sie hatten die höchste Punktzahl und damit das meiste Silber für Richard Löwenherz’ Freilassung gesammelt. Die beiden Berliner Gefährten gingen stattdessen leer aus. Für einen Platz auf dem Siegertreppchen hat es nicht gereicht. „Macht aber nix“, sagt Jule, „allein das Burgerlebnis zählt. Und das war wirklich toll.“ Info www.herr-der-klinge.de

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