Kreis Südliche Weinstraße „Deutschland gewinnt 1:0“

INSHEIM. Auch am Tag nach der 1:7-Schmach gegen Deutschland herrschte in Brasilien noch Entsetzen. Bittere Tränen flossen auch bei den beiden Töchtern des Fußball- und Brasilien-Experten Gustl Schneider aus Insheim, der 17-jährigen Larissa und der 13 Jahre alten Laura, die sich in der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Hafenstadt Recife zum Public Viewing versammelt hatten, um die Seleçao gewinnen zu sehen und bis in die frühen Morgenstunden zu feiern. Stattdessen erlebten sie ein Debakel.

In den letzten Tagen vor dem Spiel habe sich zwar bereits Skepsis breit gemacht, ob Brasilien es wirklich gegen Deutschland schaffen könne, habe Tochter Larissa berichtet, so Vater Gustl. Ein Ausscheiden wäre also nicht das Schlimmste gewesen. Aber das, was ihnen dann bei der Defensivschwäche geboten worden sei, habe viele Brasilianer wütend gemacht. Er habe am Telefon alles versucht, um seine beiden Lieblinge zu trösten, was ihm mit vielen guten und erklärenden Worten nur sehr schwer gelungen sei, berichtete Gustl Schneider im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Der stolze Vater, der nach seinem schweren Unfall täglich 30 Tabletten schlucken muss, ist aber sicher, dass seine beiden Mädels morgen Abend beim Finale wieder ins deutsche Lager überschwenken und im Deutschland-Trikot beim „Rudelgucken“ vor der Großleinwand sitzen werden. Die Stimmung und Emotionen in Brasilien seien kaum zu schildern. Gustl Schneider dagegen schwärmt noch immer von dem Auftritt der deutschen Mannschaft, die er vom ersten Tag an trotz kritischer Stimmen zu den heißen Favoriten gezählt hat. Ganze vier Wochen lang habe er fast alle Spiele der 32 besten Mannschaften am Bildschirm „bis zum Ein-schlafen“ verfolgt. Klar ist für ihn, dass sich die Brasilianer zu sehr auf ihre Superstars konzentriert hätten. Kaum fehlten denen zwei wichtige Spieler, insbesondere Neymar, schon gehe bei denen fast gar nichts mehr. Gustl Schneider wurde berichtet, dass „Forca Neymar“ auf den Kappen stand, die alle brasilianischen Spieler beim Eintreffen im Estadio Mineirão getragen hatten. Die Forca Neymar, die Kraft Neymars, sollte die „Selecao“ wenn schon nicht spielerisch, so doch spirituell beflügeln. Daraus geworden sei ein Albtraum. Deutschland sei dagegen breit und flexibel aufgestellt ins Turnier gegangen, je nach Stärken oder Schwächen des Gegners sei der eine oder andere Spieler aufgelaufen und alle hätten gut gespielt. Das nenne er eine wahre Mannschaftsleistung, wo jeder akzeptiere, wenn mal jemand anderes besser geeignet sei und alle das Interesse des gesamten Teams im Blick hätten, so die Einschätzung des Fußballkenners, der nach eigenen Angaben am Mittwoch mit seinem Freund, dem ehemaligen deutschen Nationalspieler Wolfgang Overath (68) vom 1. FC Köln, lange telefoniert und sich über das WM-Geschehen unterhalten habe. Overaths größter Erfolg war der WM-Titel. Den werde die deutsche Mannschaft morgen im Maracanã-Stadion mit einem 1:0-Sieg wieder erringen, ist Gustl Schneider überzeugt. Er stehe mit dieser Einschätzung nicht alleine. Hans-Joachim Toews, der DFB-Fan-Betreuer aus Insheim, habe ihm am Telefon gesagt, die Stimmung sei hervorragend und der Wille an allen Ecken und Enden spürbar. Argentiniens Minimalisten würden sich auf das dritte WM-Finale gegen Deutschland nach 1986 und 1990 freuen. Die Freude werde am Ende auf der deutschen Seite sein, ist Schneider sicher. Die Südamerikaner hätten bislang nur sehr kontrollierte Auftritte gehabt und mit nur acht Toren in sechs Spielen ihr fünftes WM-Endspiel erreicht. Dies trotz überragender Spieler wie Messi oder Higuain im Angriff. Die Deutschen trafen in Brasilien mit 17 Treffern mehr als doppelt so häufig. Auch wenn Brasilien noch in der Trauer verharrt, sieht Schneider die brasilianischen Fans morgen auf der Seite der deutschen Elf. Die Rivalität zwischen Brasilien und Argentinien sei sprichwörtlich, in der Fußball- Welt vergleichbar mit der zwischen Deutschland und den Niederlanden. Ein Großteil der Brasilianer werde morgen gegen Argentinien sein, wegen der traditionellen Feindschaft, und ein kleinerer Teil wird Argentinien unterstützen, weil sie wünschen, dass der Fußballweltmeister von ihrem Kontinent kommt. Ein argentinischer Sieg könnte der brasilianischen Seele nicht helfen, sagt Gustl Schneider. Ein deutscher Sieg wäre für sie auch leichter zu verkraften mit dem Hinweis, gegen den späteren Weltmeister verloren zu haben. Schneider erinnert sich noch gut an das Jahr 1990: Diego Maradona, den er stärker einschätzt als Messi, weinte bittere Tränen, denn Argentinien hatte das Finale von Rom mit 0:1 gegen Deutschland verloren. Nun stehen die Gauchos ausgerechnet im Turnier beim Erzrivalen wieder gegen Deutschland im Finale. „Don’t cry for me Argentina“, sagt Gustl Schneider.

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