Kreis Kusel Mit einem dicken Kloß im Hals

LAUTERECKEN. Unter den Problemen beim Turnverein Lauterecken (wir berichteten gestern: „Notvorstand führt die Geschäfte“) leiden auch die kleinsten Sportler: Am Montag fand die vorerst letzte Übungsstunde im Gerätturnen statt – traditionell zum Jahresende als kleine Weihnachtsfeier gestaltet. Ob es beim TVL noch jemals eine weitere Stunde für die jungen Turner geben wird, ist mehr als fraglich.

Frohgelaunt und mit vollem Engagement waren die Nachwuchsturner am Montag bei der Sache – trotz der schwierigen Situation im Verein. Da wurden Weihnachtslieder in allen Variationen dargeboten, mal auf der Blockflöte, dem Keyboard oder auf der Geige gespielt, mal gesungen mit Gitarrenbegleitung. Einige führten kleine Tänze auf oder gaben Weihnachtsgedichte zum Besten. Dazu gab’s selbst gemachtes Gebäck und frisch zubereitete Waffeln. Es hätte ein richtig schöner Jahresabschluss sein können, wäre da nicht die prekäre Situation des Vereins. „Viele der kleineren Kinder haben noch gar nicht realisiert, dass es nach der Winterpause keine Turnstunden mehr geben wird“, vermutet Claudia Steiger. Am Engagement der Übungsleiterinnen liege dies mit Sicherheit nicht, denn alle seien mit sehr viel persönlichem Einsatz dabei gewesen und bedauern diesen Schritt zutiefst. „Aber so wie man mit uns umgegangen ist, kann es einfach nicht weitergehen“, ergänzt Lieselotte Kirmel. Über 40 Kinder, die normalerweise in zwei Gruppen (etwa 25 bis 30 in der Altersklasse von fünf bis zehn Jahren sowie zirka 15 im Alter zwischen elf und 18 Jahren) beim TVL trainieren, sind von der Schieflage des Vereins betroffen. Denn weil die Übungsleiterinnen für das komplette Jahr keinerlei Aufwandsentschädigung bekommen hätten, haben sie sich nun schweren Herzens dazu entschlossen, künftig kein Training mehr anzubieten. Selbst die Zuschüsse, die zu diesem Zweck vom Sportbund nach Lauterecken gingen, seien in den umstrittenen Umbau des Turnerheims geflossen, sagen sie. Trainiert wurden die Kinder bislang von Kirmel, Steiger, Christina Markert und Denise Meyer. Die 74-jährige Kirmel beispielsweise ist bereits seit über 50 Jahren als Übungsleiterin im Verein aktiv. Eine Situation wie diese habe allerdings keine der Trainerinnen bislang erlebt. „Zusätzlich zu den ausbleibenden Aufwandsentschädigungen wurden wir vom Vorsitzenden Kurt Dörr dazu angehalten, zukünftig nur noch eine Übungsstunde pro Woche abzuhalten“, informiert Kirmel; normalerweise wurde zweimal pro Woche je drei Stunden lang trainiert. Auf die Teilnahme an Wettkämpfen sollte auf Drängen des damaligen Vorstands Dörr ebenfalls verzichtet werden. „Das kann man aber mit den Kindern nicht machen. Eine Stunde pro Woche ist so gut wie nichts“, so die erfahrene Übungsleiterin weiter. Anders als bei vielen Vereinen der Region mangelt es in Lauterecken nicht an Nachwuchs. „Die Kinder kommen nicht nur aus Lauterecken, sondern auch aus den umliegenden Orten. Nachwuchs ist genügend vorhanden. Das macht es umso trauriger, dass es soweit kommen musste“, bedauert Kirmel die Entwicklung. Aufgrund der aktuellen Situation gab es in den vergangenen Wochen zahlreiche Austritte. Auch dafür hat Kirmel eine Erklärung: „Viele sind ausgetreten, weil sie auch gemerkt haben, dass die Beitragsgelder nur dem Turnerheim und nicht dem Sport an sich zugute kommen. An uns Trainerinnen liegt das nicht; wir haben den Entschluss gefasst, nicht weiterzumachen; aber sicher niemandem geraten, den Verein zu verlassen.“ Weitermachen würden die vier Übungsleiterinnen gerne. Aber so lange sich an der Situation im Verein und am Gebaren des Vorstands nichts ändere, müsse man schweren Herzens erst einmal einen Schlussstrich ziehen. Wie es mit dem Verein weitergeht, steht indes noch in den Sternen. Zumindest der viel kritisierte Vorstand wurde ja in der Zwischenzeit durch einen Notvorstand ersetzt, den das Amtsgericht Kaiserslautern berufen hat. Zurück bleibt eine Schar trauriger Kinder, die nur zu gerne nach der Winterpause wieder turnen würden, und die Übungsleiterinnen, die die Weihnachtsfeier mit einer Flasche Sekt gemeinsam ausklingen ließen. „So eine Weihnachtsfeier zum Jahresende haben wir jedes Jahr gemacht“, sagt Steiger. „Aber dieses Mal werden wir sicher mit einem dicken Kloß im Hals aus der Halle gehen.“ (dbu)

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