Kusel Rohrleitungen im Quirnbacher Damm werden mit Microtunneling-Verfahren verlegt

Links das Schaltpult, rechts der Blick in die Vortriebsgrube: Gabriele Cacciatore lenkt von einer Art Cockpit aus den Bohrkopf u
Links das Schaltpult, rechts der Blick in die Vortriebsgrube: Gabriele Cacciatore lenkt von einer Art Cockpit aus den Bohrkopf und die angehängten Betonrohrstücke unterirdisch den Berg hinauf.

Etwa zwei Meter Durchmesser hat der Bohrkopf, der sich seit Mitte vergangener Woche in den sogenannten Quirnbacher Damm gräbt. Die Rohrleitung, die so verlegt wird, soll auf 190 Metern eine Höhe von 37 Metern überwinden – eine große Herausforderung für die Microtunneling-Fachfirma aus Belgien. Die Maßnahme ist Teil der Entwässerungserneuerung, die im April begonnen hat und Hangbewegungen stoppen soll.

„Das ist schon extrem“, sagt Gabriele Cacciatore. Er und sein Bruder Arcolino steuern für die Firma K-Boringen den Bohrkopf unter der Erde den Berg hinauf. „Wir haben schon mal 33 Prozent Gefälle nach unten gebohrt, aber diese 26 Prozent hoch ...“, fügt der Vortriebsfahrer hinzu, der mit seinem Bruder seit über 30 Jahren in dem belgischen Betrieb arbeitet. „Damals haben wir noch geschaufelt“, sagt Arcolino Cacciatore. Da standen die Arbeiter noch im „Rohrvortrieb mit offenem Schild“ in den Rohren und buddelten sozusagen den Weg frei. Heute sitzen sie in einer Art Cockpit über der Vortriebsgrube, die schräg gegenüber des Quirnbacher Friedhofs gebaut worden ist. Betonpfähle bilden die Wände des Rechtecks. Auf der Seite zum Wehrbach hin wurde eine zusätzliche Betonwand vorgesetzt, davor eine Druckverteilerplatte. Hier setzten vier riesige Zylinder auf, die mit bis zu 7000 Kilonewton Kraft (das entspricht etwa 700 Tonnen) den Bohrkopf und die nachfolgenden Betonrohre in den Boden gegenüber drücken. Drei bis fünf Zentimeter können je Minute zurückgelegt werden, erklärt der Bauleiter Rik Walpot.

Rohrstücke werden angehängt

Rohrvortrieb mit geschlossenem Schild heißt dieses Microtunneling-Verfahren. Es wird angewendet, wenn es zu aufwendig wäre, die Erde aufzubuddeln und die Rohre von oben einzulegen. Die Betonrohrstücke – mehr als 70 Stück zwischen 1,5 und 2,5 Metern Länge – werden wie Glieder einer Raupe angehängt. Sie sind dickwandig: der innere Durchmesser beträgt 1,4 Meter, der äußere fast zwei. Ist ein Rohrstück fast ganz in der Erde verschwunden, wird das nächste von einem großen Baukran in die Grube hinabgelassen und mit einer Manschette, die bis drei bar Wasserdruck aushält, angeschlossen. Ein Holzring dient als Druckverteilerplatte und kann die Biegung der Kurve ausgleichen, denn unter der Straße geht es gerade, dann folgt eine Biegung bergauf. Auch laufen in dem Rohr Versorgungsleitungen, Steuerungs- und Sensorenkabel sowie Rohre, die auch jeweils verlängert und neu angeschlossen werden müssen. Damit die Rohrkette nicht wieder herausrutscht, während der Zylinder zurückgefahren ist, um ein neues Rohr anzubauen, wird eine Rohrbremse in der Grube installiert, die das schon fast in der Erde verschwundene Rohr festklemmt.

Tunnel bewegt sich wie eine Raupe

In jedem Rohrstück sind außerdem drei Löcher, durch die Bentonit in den Boden um das Rohr injiziert wird. Es wirkt wie ein Gleitmittel. Am Ende der Maßnahme werde in diesen Ringspalt um das Rohr ein Dämmer eingefüllt, erklärt der Bauleiter. Im Rohrstrang werden noch zwei Dehnerstationen mit jeweils 12 Dehnerzylindern eingebaut. Damit kann die ganze Kette bei Bedarf in drei Teilen vorwärts bewegt werden. Der Tunnel bewegt sich so wie eine Raupe: zuerst das erste Stück maximal 30 Zentimeter, dann werden die anderen nachgeschoben. Dadurch gibt es insgesamt weniger Reibung. Mitten in den Betonrohren laufen auch noch zwei Metallrohre: Ein Wasser-Bentonit-Gemisch wird nach vorne gepumpt, wo es Sand, Steine und Schluff am Bohrkopf aufnimmt und zurück zur Separieranlage neben der Grube gefördert wird. In dieser werden grobe Stücke mit Sieben herausgeholt, kleinere in 14 kleinen Zyklonen, die das Wasser nach oben treiben und die Bodenteile nach unten fallen lassen. Das gereinigte Wasser-Bentonit-Gemisch wird im Kreislauf wieder zum Bohrkopf gepumpt – aktuell von der Grube aus, aber es wird auch noch eine Pumpe auf mittlerer Länge eingebaut werden.

Nach Mutterboden folgt Fels

Und dann ist das Rohr schon ziemlich voll – bis nach der Maßnahme alles wieder ausgebaut wird. Außerdem müssen noch Arbeiter durchkrabbeln, etwa wenn der Bohrkopf geölt werden muss. Auch deshalb, erklärt Rik Walport, sei diese Baumaßnahme eine Herausforderungen. In Rohrleitungen mit größerem Durchmesser sei schlicht einfacher zu arbeiten. Eine weitere Schwierigkeit sind die unterschiedlichen Böden. Die Vortriebsfahrer müssen deshalb besonders darauf achten, wie sich die Parameter ihrer Sensoren verändern, wo es leichter voran geht, wo schwerer. Nach dem Mutterboden vom Anfang wird etwas Fels folgen, dann viel Auffüllmaterial, das ja auch für die Rutschbewegung des Hangs mitverantwortlich ist. Die Böden seien teils belastet, erklärt Jens-Uwe Tesch-Veil, der zuständige Ingenieur des Landesbetriebs Mobilität (LBM), Teamleiter Süd Streckenbau des Autobahnamtes Montabaur. Deshalb müssen sie auf einer Asphaltfläche aufgehäuft, getrennt gelagert, begutachtet und entsprechend entsorgt werden.

Keinen großen Lärm oder Erschütterungen

Spätestens am 25. September will Bauleiter Rik Walpot mit der Rohrleitung oberhalb der Autobahn rauskommen. Dazu würden bald, wenn die Arbeiten sei, zwei Teams von je fünf Arbeitern in Zehn-Stunden-Schichten arbeiten. Die Verbandsgemeinde hat die Nachtarbeit laut Landesimmissionsschutzgesetz genehmigt. Es werde aber keinen großen Lärm oder Erschütterungen geben, meint Walpot. Wie der 18 Tonnen schwere Bohrkopf oben am Hang aus der Baugrube geborgen werden kann, beraten K-Boringen, LBM und das beauftragte Bauunternehmen für die Gesamtmaßnahmen, Wolf & Sofsky, noch.

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