Kusel Jede Nacht um 3 Uhr in die Backstube

Quirnbach. Drei Wochen lang will Arno Scheuermann erst mal gar nichts machen. Und dann weitersehen. Verdient hat er sich die Pause. Denn der 67-Jährige schließt am kommenden Samstag die Bäckerei, die er zusammen mit seiner Frau Gertrud 46 Jahre lang geführt hat. Ein Begriff war die Bäckerei in Quirnbach bereits seit dem Jahr 1876.

Arno Scheuermann erzählt, dass sein Vater 1936 in den Familienbetrieb eingestiegen war. Doch dieser sei aus dem Krieg verwundet zurückgekommen, jahrelang sei das Geschäft mit Backwaren beliefert worden, ehe Sohn Arno 1969 einstieg. Dass er ebenfalls Bäcker werden würde, sei stets klar gewesen. Auch sein Sohn lernte Konditor, musste dann aber wegen einer Mehlstauballergie aufhören. So zerschlugen sich die Zukunftspläne. Auch Gertrud Scheuermann stand tagtäglich im Geschäft. Die 72-Jährige stammt aus Albessen, erinnert sich gerne an all die Jahre: „Wir hatten eigentlich lauter liebe Kunden“, lobt sie. Bedient hat sie gerne: „Es war immer familiär.“ Doch die Jahrzehnte in der Bäckerei waren kein Zuckerschlecken. Arno Scheuermann backt immer noch selbst. Jede Nacht fängt er um 3 Uhr an, freitags sogar um 23 Uhr. An das frühe Aufstehen hat er sich gewöhnt: „Es ist halt so“, sagt er lapidar. Erst mittags legt er sich ein bisschen hin. Auch seine Frau Gertrud, mit der er seit 45 Jahren verheiratet ist, fängt lieber früh morgens mit der Arbeit an. Und Arbeit gab es all die Jahre genug. In der Bäckerei im Zentrum Quirnbachs wurden auch Lebensmittel wie Obst und Käse, später auch abgepackte Wurst von der Metzgerei Braun verkauft – die sei sehr gut gegangen. Kunden hat die alteingesessene Bäckerei nicht nur aus dem Ort, sondern aus weitem Umkreis. „Samstagmorgens haben wir bestimmt 50 Kunden aus Glan-Münchweiler“, schildert Gertrud Scheuermann. Dann gingen oft die Männer einkaufen – und es gehe oft hoch her. Wie konnte sich der Familienbetrieb so lange halten? „Unser Plus sind die guten Brötchen und verschiedene Brotsorten – und dass das Brot mit Sauerteig gebacken wird“, schildert der Bäckermeister. Für handwerkliche Arbeit sei der Kunde auch bereit, ein paar Cent mehr zu bezahlen. Arno Scheuermann berichtet aber auch, dass es 1969, als er anfing, in der Bäckerinnung Kusel mehr als 120 Betriebe gegeben habe. Heute sind es nur noch 19. Viel gelobt werden von den Kunden, die beim RHEINPFALZ-Besuch gerade im Geschäft sind, der Käse- und der Gewürzkuchen. „Das sind noch Rezepte vom Vater“, verrät Gertrud Scheuermann. Ein Geheimnis der guten Qualität sei auch, dass ihr Mann den Produkten bei der Herstellung Zeit gebe – wie man es im eigenen Haushalt eben auch tue. Nicht vergessen wollen die Scheuermanns ihre sehr gute Mitarbeiterin Christine Fichtel, die jahrzehntelang in Teilzeit bei ihnen mithalf. Das Verhältnis sei familiär gewesen, Fichtel habe sich wohl bei ihnen gefühlt – und das hätten auch die Kunden gemerkt. In den vergangenen Jahren war das Geschäft in der Hauptstraße nur noch vormittags geöffnet – auch aus gesundheitlichen Gründen. „Wir haben auch zwei, dann drei Wochen Betriebsferien gemacht – und dadurch keinen einzigen Kunden verloren“, berichtet Scheuermann. Ein Höhepunkt jedes Jahr: der Pferdemarkt. „Da schaffe ich 25 Stunden am Stück“, schildert der Bäcker. Ein Kollege helfe ihm, damit die Brötchen für all die Stände gebacken werden können. „Und wenn abends welche fehlen, backe ich eben noch mal.“ Der Laden ist an diesem Tag von 6 bis 17 Uhr geöffnet, es gibt Kaffee und Kuchen. Scheuermann schließt nicht aus, dass er das im Ruhestand noch weitermacht – auch deswegen meldet er den Betrieb nicht ganz ab. In seinem Heimatdorf hat sich Arno Scheuermann stets engagiert, ist noch im Gemeinderat, übernahm auch das Amt des Beigeordneten. Und für das gut gehende Bürgerhaus ist er ebenfalls stets Ansprechpartner: „Wir sind ja da.“ Gerne unterstützt hat er auch die Theatergruppe Ehweiler – nicht nur durch den Kartenverkauf, sondern auch mit gespendeten Backwaren. Vor dem Ruhestand ist ihm nicht Bange. Schließlich sind da noch die beiden Enkel, die seit langer Zeit jeden Mittwochnachmittag zu den Großeltern kommen. Sie waren auch schon gemeinsam in Urlaub – und wenn der älteste jetzt den Führerschein macht, dann bietet sich der Opa fürs betreute Fahren an.

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