Kusel Filmvorführung per Mausklick

Kusel. Die Filmrolle ist in den meisten Kinos längst in Vergessenheit geraten. Im Zuge der Digitalisierung erhalten die Kinobetreiber die Streifen von den Verleihern auf einer Festplatte. Von dort werden sie auf den Kinoserver übertragen. Mit wenigen Mausklicks kann Michael Pirrung, Betreiber des Kuseler Kinetts, eine Filmvorführung samt Vorschau, Licht- und Vorhangsteuerung planen.

„Motor der Digitalisierung war der 3D-Film“, sagt Michael Pirrung, der auch ein Kino in St. Ingbert betreibt. Im Sommer 2009 hätten die Verleiher erstmals eine Festplatte samt Film an die Kinobetreiber geschickt. „Es gab zwar vorher schon digitale Projektoren. Die waren mit einem Kaufpreis von rund 120.000 Euro sehr teuer. Anfangs stand die Kinobranche der Digitalisierung generell skeptisch gegenüber“, ergänzt der Breitenbacher. Dennoch sei er nach seinem ersten 3D-Film im Kino überwältigt gewesen. „Sonst kannte man das nur mit blau-grünen Farbbrillen und bei kurzen Doku-Filmen.“ In St. Ingbert hatte er im Winter 2009 – damals lief der Film „Avatar“ – das System digitalisiert, um Kinoliebhabern etwas Besonderes zu bieten. Die Technik wurde ausgefeilter und löste die analoge Technik mit Filmrollen vor einem Jahr gänzlich ab. „Seit 2014 gibt es keine Kopien, also Filmrollen mehr“, sagt der Kinett-Betreiber, der zur Eröffnung im vergangenen Dezember einen Digital-Projektor für rund 50.000 Euro angeschafft hat. Zwei bis drei Tage vor dem Filmstart erhält Pirrung eine Festplatte von den Filmverleihern. Auf dieser ist die Neuerscheinung in verschiedenen Fassungen – zum Beispiel in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln oder als 2D- beziehungsweise 3D-Version – abgespeichert. „Die Festplatte an sich ist nutzlos. Ohne Lizenzschlüssel vom Verleiher ist darauf nur eine verschlüsselte Datei.“ Diese Lizenz erhält Pirrung separat per E-Mail und ist je nach Vertrag drei Wochen – das ist die Mindestlaufzeit eines Films – oder nach Vereinbarung länger gültig, jedoch nur in einem Kino. Pirrungs Kosten richten sich nach den Besucherzahlen. „Die Hälfte des Eintrittspreises geht an die Verleiher. Diese haben die Kontrolle darüber, was ich spielen darf.“ Film und Lizenzschlüssel überträgt der Kinobetreiber auf den Kinoserver. Das dauert zwischen 30 und 45 Minuten. „Das grüne Schloss bedeutet, dass die Version freigegeben ist“, erläutert der Breitenbacher im Vorführraum. Theoretisch kann der Film nun abgespielt werden. Allerdings geht die Digitalisierung in den Kinos noch einen Schritt weiter. „Wir planen und erstellen vor der Ausstrahlung komplette Filmvorführungen, die ebenfalls gespeichert werden.“ Mit wenigen Mausklicks gibt Pirrung unter anderem die Befehle „Vorhang öffnen“, „Saallicht aus“ ins Programm ein. Es folgen einige Kurzwerbeblöcke sowie die Vorschauen auf bald erscheinende Filme, aktuell auf „Jurassic World“ oder den neuen James Bond-Film „Spectre“. „Letztlich ist genau festgelegt, wann was auf der Leinwand läuft und in welcher Sekunde das Licht beim Abspann im Saal eingeschaltet wird“, fasst Pirrung zusammen, der die Steuerung des Programms auch bequem vom Kassenschalter aus überwachen und wenn nötig eingreifen kann. Bis eine komplette Filmvorführung fertiggestellt ist, dauert es gerade mal zehn Minuten. Und doch hat der Kinobetreiber im Vorfeld so einiges an Arbeit. Unter anderem müssen viele Werbefilme vorab heruntergeladen, auf einen Stick übertragen und wiederum in den Kinoserver eingespeist werden, beschreibt Pirrung. Und die Entwicklung läuft unaufhaltsam voran. Derzeit würden in einigen Kinos Kassensysteme installiert, auf die die Verleiher zugreifen und so die Zuschauerzahl überprüfen können. Ein System, mit dem die Verleiher die Filme per Netzwerk direkt auf den Kinoserver laden können, sei ebenfalls im Gespräch. „Dann hat der Kinobetreiber letztlich überhaupt keine Kontrolle mehr darüber, was in seinem Kino läuft“, sagt Pirrung. Zudem wolle die Industrie das „Higher Frame Rate“-Kino – dabei flimmern pro Sekunde 48 statt bisher 24 Bilder über die Leinwand – durchsetzen. „Das Problem daran ist, dass es kaum Filme für diese noch teurere Technik gibt“, sagt Pirrung gelassen. „Das Wenigste braucht man wirklich, und der Betrachter merkt oft keinen Unterschied.“

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