Kreis Kaiserslautern Zwiespalt zwischen Gesetz und Religion

Das muslimische Gräberfeld auf dem Ludwigshafener Friedhof wurde bereits 1990 angelegt.
Das muslimische Gräberfeld auf dem Ludwigshafener Friedhof wurde bereits 1990 angelegt.

Morgen ist rheinland-pfälzischer Bestattertag: Gelegenheit, über das Bestattungsritual und seine Wandlung nachzudenken. Mit dem Zuzug von Muslimen nach Deutschland ist nämlich auch die Nachfrage nach Bestattungen im Leintuch laut geworden. Deutsche Gesetze schreiben jedoch den Sarg vor. So werden noch immer etwa 70 Prozent der Verstorbenen in die Heimatländer überführt.

In Deutschland sehen die Gesetze die Sargbestattung vor. In Rheinland-Pfalz etwa regelt Paragraf 13 des Landesbestattungsgesetzes die Vorgehensweise. Das islamische Bestattungsritual jedoch schreibt die Beisetzung in einem weißen Leichentuch vor, wobei das Gesicht des Toten in Richtung Mekka, einem der heiligen Städte des Islam in Saudi-Arabien, zeigen soll. Hüseyin Yakar, Imam der Fatih-Moschee in Kaiserslautern, erklärt das islamische Bestattungsritual. Die Moschee, in der er seinen Dienst tut, gehört dem Dachverband DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) mit Sitz in Köln an. Dessen Imame werden vom türkischen Staat entsandt. „Die Beisetzung Verstorbener in einem weißen Leichentuch ist Sunna“, sagt Yakar. Der Begriff „Sunna“ steht für die Praxis des Propheten Mohammed und bildet nach dem Koran die zweitwichtigste Religionsquelle im Islam. Der Leichnam solle Kontakt mit der Erde haben, erklärt er. Eine Bestattung in einem Sarg sei aber auch möglich, wenn die Umstände eine Leichenbestattung im Leintuch nicht erlaubten. Yakar bringt zudem die Möglichkeit ins Spiel, dass symbolisch etwas Erde in den Sarg gefüllt werden könnte, um dem Ritus gerecht zu werden. „Das machen wir aber nicht, da der Sarg am Grab nicht mehr geöffnet wird“, fügt er hinzu. Die islamische Religionsauslegung lässt also durchaus Kompromisse zu. Kompromisse kennen mittlerweile auch viele Kommunen im Land bezüglich der Bestattung. In einigen Städten wie etwa in Worms, Frankenthal, Trier und Mainz gilt längst eine Ausnahmegenehmigung von der Sargpflicht. In Koblenz und Bad Kreuznach ist die Tuchbestattung in Planung. Manche Kommunen im Kreis Kaiserslautern haben sich auch damit beschäftigt. Der Ortsgemeinderat Enkenbach-Alsenborn „hat sich schon vor vier Jahren mit diesem Thema bei der Friedhofsüberplanung beschäftigt“, berichtet Ortsbürgermeister Jürgen Wenzel (CDU). „Dabei wurde ein neues Grabfeld eigens dafür vorgesehen.“ Die Ortsgemeinde müsse die Rahmenbedingungen schaffen, wie die Ausrichtung nach Osten, die Verbandsgemeinde sei dann für den Verfahrensablauf zuständig. Grundsätzlich ist Wenzel der Meinung, dass für alle hier lebenden Mitbürger „eine Bestattungsmöglichkeit nach ihren Sitten und Gebräuchen“ ermöglicht werden sollte. Inzwischen gebe es auch Anbieter, die ein Leintuch, das mit Hilfe von Karton die Form eines Sarges hat, vermarkten, weiß Wenzel. „So dringlich war das Thema bei uns noch nicht“, trotzdem will er es noch in diesem Jahr im Friedhofsausschuss behandeln. Andrea Fauß von der VG Ramstein-Miesenbach erklärt, bei ihnen bestehe mangels Nachfrage kein Bedarf, von der jetzigen Regelung abzuweichen. Ähnlich antworten Michael Brehm für die Weilerbacher VG und Christel Mieves aus Bruchmühlbach-Miesau. Der türkischstämmige 51-jährige Muharrem Ünaldi lebt seit 1980 in Deutschland, seit einigen Jahren wohnt er in Erlenbach. Er hatte bereits zwei Todesfälle in seiner Familie zu beklagen; die Verstorbenen wurden in die Türkei überführt. Er selbst möchte auch dort beerdigt werden. Für den Fall der Fälle zahlt er in den Beerdigungshilfe-Fond der DITIB ein, die im Sterbefall die anfallenden Arbeiten samt Überführung in die Türkei übernimmt. Zwar wird die Mehrzahl der verstorbenen Muslime noch in die Heimatländer überführt, aber die Tendenz geht zu einer Bestattung in Deutschland; vor allem Jüngere wählen Deutschland als letzte Ruhestätte.

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