Geschichten aus der Geschichte Vereinsjubiläum: Nach über 100 Jahren Trennung wird vereint gefeiert

Der Gesangverein Lyra im Jahre 1958.
Der Gesangverein Lyra im Jahre 1958.

Was für eine Geschichte: 1898 wird der MGV Lyra Wörth gegründet, doch 1905 kommt es zur Trennung in MGV Lyra und MGV Liederkranz. 2014 erfolgt die „Wiedervereinigung“ als MGV Lyra-Liederkranz. 2023 wird das 125-jährige Bestehen gefeiert.

Am 16. November 1898 wird der MGV Lyra Wörth im Gasthaus „Zum Schwanen“ gegründet. Erster Vorsitzender ist Wilhelm Gattinger, gewählt von 20 Gründungsmitgliedern. Der erste Chorleiter ist der katholische Schulverweser Eugen Rink. 1905 gibt es im Verein einen Streit über die Festlegung des Lokals zur Abhaltung des Vereinsballes. Einige Sänger unter Führung von Johann Schöner verlassen den MGV Lyra und gründen im Juni den MGV Liederkranz. In der Generalversammlung am 2. Juli im damaligen Vereinslokal „Zum Rössel“ wird Schöner zum Vorsitzenden, mit der musikalischen Leitung wurde August Lutz aus Knielingen beauftragt.

Dies erzählen der Vorsitzende des MGV Lyra-Liederkranz Jochen Geißer (zuvor seit 2003 Vorsitzender vom Lyra) und die langjährigen aktiven Sänger Manfred Becker (über 60 Jahre und von 1989 bis 2003 Vorsitzender) vom Lyra und Klaus Fried (fast 60 Jahre) vom Liederkranz im Gespräch mit der RHEINPFALZ.

Beide Vereine hatten Zuwachs an aktiven und passiven Mitgliedern und nahmen bald an außerörtlichen Veranstaltungen wie Gesangswettbewerben teil, bis der Kriegsausbruch 1914 die Vereinstätigkeiten unterbrach. 1928 beging der MGV Lyra unter Mitwirkung von 20 befreundeten Vereinen das 30-jährige Jubiläum, der MGV Liederkranz 1930 mit 97 aktiven Sängern sein 25-jähriges Jubiläumsfest. Beide Vereine nahmen an Preissingen teil, bis mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erneut alles eingestellt werden musste.

Am 22 August 1946 erhielt der MGV Lyra nach Beantragung beim „Gouvernement Militaire“ in Germersheim die Genehmigung zur Abhaltung der Gründungsversammlung zur Wiedergründung des MGV Lyra, was dann am 26. August 1946 im Gasthaus „Zum Schwanen“ so geschah. Dieses Schriftstück besitzt Manfred Becker noch im Original. Alfred Deininger wird zum ersten Vorsitzenden gewählt. Der Monatsbeitrag wird auf 20 Pfennige festgesetzt.

Wer fehlt, muss Strafe zahlen

1950 hatte MGV Lyra 182 Mitglieder, 84 aktive Sänger und verlegte seine Chorproben aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Pächter vom „Schwanen“ in den „Bayerischen Hof“, feierte seinen ersten Vereinsball nach der Wiedergründung in der Turnhalle und nahm an Wertungssingen teil. Das Fehlen in der Singstunde wurde geahndet: einmal Fehlen DM 0,10, dreimal unentschuldigt Fehlen DM 1. Wird die Strafe nicht bezahlt, schließt sich der Sänger automatisch aus – heißt es in der Chronik.

1954 wurde der Antrag des Vorstandes den Monatsbeitrag auf DM 0,50 zu erhöhen, abgelehnt. 1956 wurde erstmals ein Ausflug unternommen in den Odenwald, 1957 hatte der Verein 100 Sänger. 1960 legte der langjährige Chorleiter Ernst Kempf in der Generalversammlung überraschend sein Amt nieder, 1967 waren es erstmals über 200 Mitglieder, 1971 waren es 235 und der Verein veranstaltete wieder nach langer Pause ein öffentliches Sängertreffen am „Scherpfer Häusl“.

„Dieses Sing-Sommerfest wurde zur Tradition am zweiten Wochenende im Juni an der Grillhütte und später am Karl-Josef-Stöffler-Platz“, erzählen Geißer und Becker. „Das ging so lange, bis wir nicht mehr genügend Personal hatten – wie in den letzten Jahren“, ergänzen beide. Sie verweisen auf die Drei-Königswanderung und auf die Konzertreise 2001 nach Kiel beim Polizeichor im Schloss mit Blaulichtbegleitung. „Das war ein Höhepunkt im Vereinsleben ebenso wie zwei Veranstaltungen „Wir bei euch“ mit dem SWR in der Festhalle.“ Dazu kamen Konzerte, Fastnachtsveranstaltungen und auch eine Theatergruppe sowie die vielen Teilnahmen an Preissingen und Sängerfesten sowie an Veranstaltungen der örtlichen Vereine – auch an Fußballturnieren.

Die Hochzeiten sind lange vorbei

Diese Teilnahmen galten auch für den MGV Liederkranz, der nach dem Fest zu seinem 50-jährigen Bestehen mehr als 100 Sänger bei den Chorproben zählen konnte. 1959 erreichte der Verein unter Vizedirigenten Hermann Wöschler in Jockgrim mit dem „Trutzlied“ die Tagesbestleistung. „Der Liederkranz hat auch 15 Jahre lang auf dem Dammschulplatz die Wörther Kerwe gestaltet, hat viele Jahre den Wanderpokal beim Volksradfahren geholt und bei den Stadtmeisterschaften im Fußball den favorisierten MGV Concordia mit 3:1 besiegt“ erinnert und freut sich Fried.

Aber die Hochzeiten, was die Sängeranzahl mit 80 bis 100 Aktiven angeht, sind schon länger bei beiden Vereinen vorbei. In den 70-er Jahren pendelte sie sich bei etwa 40 Sängern ein, wie die drei Vereinsvertreter berichten. Nachdem Dirigent Kern ab und zu Chorproben gemeinsam durchführte, war es 2014 soweit: Lyra und Liederkranz begingen die „Wiedervereinigung“ mit je 30 Sängern. Als Peter Bollheimer 2017 den vereinigten Chor übernimmt, sind es 40 Sänger – nach Corona nur noch 20.

Das waren die Vorsitzenden:

Beim MGV Liederkranz übernahm Hermann Schmuck die Vereinsführung und Chorleiter wurde der Sohn von August Lutz, Karl Lutz, der 1938 bereits dieses Amt übernommen und bis 1959 inne hatte. Nachfolger wurden Willy Nöther aus Landau bis 1977, Norbert Speck aus Eggenstein und Rolf Kern. Seit 2017 ist Peter Bollheimer der Dirigent. Vereinsvorsitzende waren nach Schmuck Jakob Wöschler, Albert Gurlin, Ernst Kempf, nochmals Jakob Wöschler, Franz Sitter, Norbert Rabenstein. Oswald Petto und zuletzt Karlheinz Bähr.

Beim Lyra blieb der Vorsitz bis1960 bei Deininger, ehe Alois Becker (Vater von Manfred) für zehn Jahre übernahm, dem Karl Englert, Heinz Leicht, nochmals Karl Englert und Dieter Wiebelt folgten, ehe Manfred Becker von 1989 bis 2003 Vorsitzender wurde mit Jochen Geißer als Stellvertreter, der dann bis heute den Verein vertritt. Als Dirigenten waren nach Seibel Josef Nikola, Karl Lutz, Roland Penz, Ernst Kempf, Otto Franck, Rony Schaaf, Klaus Hessert. Rolf Kern und seit 2017 Peter Bollheimer tätig.

Die Jubiläumsfeier

„Wir laden uns gern Gäste ein“ – Unter diesem Motto wird der MGV Lyra-Liederkranz am Samstag, 25.November sein 125-jähriges Jubiläum in der Festhalle feiern. Beginn ist um 18 Uhr, Einlass bereits ab 17 Uhr. Das Programm wird neben dem Chor des Jubelvereins vom MGV Concordia und dem Chor Cantamos Wörth gestaltet. Außerdem werden verdiente Sänger und Mitglieder des Vereins geehrt und zu einem gemütlichen Beisammensein mit Tanzmusik von Franz Roth eingeladen. Der Eintritt kostet 5 Euro und beinhaltet ein Willkommensgetränk. Die Karten sind im Vorverkauf bei der VR Bank Südpfalz, der Sparkasse Südpfalz und bei allen Sängern erhältlich. Der Männergesangverein Lyra-Liederkranz Wörth freut sich auf viele Gäste, die mit ihm dieses besondere Jubiläum feiern möchten.

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