Kreis Germersheim Polizisten verhöhnen kostet 100 Euro

„Das boxen wir durch“, war die Anwältin eines 33-Jährigen aus Bellheim überzeugt und legte Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid über 100 Euro ein. Das Bußgeld hatte er erhalten, weil auf der Rückscheibe seines Peugeot in großen weißen Buchstaben A.C.A.B. zu lesen war. Die Abkürzung steht für: alle Polizisten (Cops) sind (are) Bastarde. Das Germersheimer Amtsgericht bestätigte das Bußgeld.

Einem Beamten der Bundespolizei waren die Buchstaben A.C.A.B. bei einer abendlichen Streifenfahrt Anfang März dieses Jahres aufgefallen und er hatte daraufhin Anzeige erstattet. Die Abkürzung ist eine Beleidigung für die Männer und Frauen, die, salopp gesagt, täglich ihren Kopf für die öffentliche Ordnung hinhalten. Weil über den Einspruch in einer öffentlichen Hauptverhandlung am Montag entschieden werden musste, wollte die Anwältin den Gerichtssaal quasi zur Bühne für eine Art Gesinnungsprozess machen. Der Betroffene, der aus Brandenburg stammt, saß die ganze Zeit schweigend neben ihr. Mit einem kahl geschorenen Kopf und unbewegter Miene entsprach er schon dem Klischee vom rechten Gesinnungsgenossen. Den Peugeot mit der besagten Aufschrift gibt es inzwischen nicht mehr. Sehr offensiv zeigte sich indes die Verteidigerin. Zunächst überraschte sie Gericht und Staatsanwalt mit der Behauptung, dass unter dem großen diffamierenden Schriftzug ein kleiner Aufkleber auf der Rückscheibe gewesen sei. Darauf sei die Abkürzung mit „All Cops Are Beautyful“ erklärt worden. Um dieses Kleingedruckte lesen zu können, hätte man dicht auffahren oder ein Fernglas benutzen müssen, gab der Bundespolizist als Zeuge an. Mochte die bekannte Anwältin noch so forsch mit „höchstrichterlichen Deutungsmöglichkeiten“ argumentieren, die Richterin sprach Klartext: „Mit diesem Aufkleber wurden die Polizisten noch mehr verhöhnt.“ Nun legte die Verteidigerin, die auch einen der Angeklagten im Münchner NSU-Prozess vertritt, mit zwei Entscheidungen zugunsten ihres Mandanten nach. Hätten doch die Amtsgerichte in Oranienburg und Cottbus jeweilige Verfahren wegen Beleidigung eingestellt. Mit genau den Buchstaben war er dort auch schon aufgefallen. Aber, nahm der Staatsanwalt ihr den Wind aus den Segeln, es seien auch keine Straftaten gewesen, weil einfach gesagt, eine Gruppe und keine konkrete Person beleidigt worden sei. Bereits vor zehn Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch die Entscheidung getroffen, was vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt ist und was nicht. Damals ging es um das umstrittene Zitat von Kurt Tucholsky „Soldaten sind Mörder“. Die diffamierende Buchstabenfolge ist, so die aktuelle Rechtssprechung, eine grob ungehörige Handlung, die die öffentliche Ordnung gefährdet und wird mit Geldstrafen geahndet. So steht es im Paragrafen 118 des Ordungswidrigkeitengesetzes, wies die Richterin am Germersheimer Amtsgericht in der Urteilsbegründung deutlich hin. Überdies seien die 100 Euro eine milde Strafe und dabei bleibe es. (mldh)

x