Kreis Germersheim Mit Menschen aus aller Welt an einer Kaffeetafel

Der Saal ist gut gefüllt. In einer Ecke spielt eine Gruppe junger Männer „Jenga Turm“. Ein paar andere haben „Rummicub“ ausgepackt. Die Atmosphäre ist entspannt, es herrscht eine beinahe gelöste Stimmung. Im „Café Bunt“ im evangelischen Gemeindehaus treffen sich immer montags Asylbewerber, Helfer sowie Anwohner von Flüchtlingsunterkünften.

Claudia Leitmann, die Projektleiterin ist zufrieden. Die Heilpraktikerin für Psychotherapie kümmerte sich ehrenamtlich um eine albanische Familie, die in Herxheim untergebracht war, und wollte sich dann auch in der eigenen Gemeinde für Asylbewerber einsetzen. „Mit dem Café hoffen wir, eine Grundlage schaffen zu können, um ein Netzwerk in Jockgrim aufzubauen.“ Denn es sei doch am allerwichtigsten in Beziehung mit den Flüchtlingen zu treten und Kontakt aufzunehmen, so Leitmann. Momentan leben etwa 65 Asylbewerber unter anderem aus Syrien, Pakistan, Afghanistan, Eritrea, Somalia oder Georgien in Jockgrim. Leitmann plant, es nicht nur bei dem „Café Bunt“ zu belassen. Unter anderem möchte sie einen Backkurs veranstalten, nachdem bereits ein Kochkurs und eine Verkehrserziehung abgehalten wurden. Der Termin für eine Weihnachtsfeier steht auch schon: Am 21. Dezember möchte sie mit ihrem Team das christliche Fest mit den Asylbewerbern feiern. „Wichtig ist uns die Hilfe zur Selbsthilfe“, ergänzt Eva Maria Lindner, Mitglied des Beirates für Migration und Integration in der Verbandsgemeinde Jockgrim. So sollen die Flüchtlinge selbstständig zu dem Café kommen, falls möglich. Der Beirat für Migration und Integration wurde vor ungefähr einem Jahr gegründet und sorgt dafür, dass Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Helfern erweitert werden kann. Er arbeitet ganz konkret an Projekten für Asylbewerber mit, so Lindner. Doch wer sind die Menschen überhaupt, über deren Flucht und Integration ständig gesprochen wird? Viele Schicksale sind eindeutig, Krieg und Flucht haben sich in die Gesichter eingegraben. Aber manches bleibt offen. So erzählt einer, dass er in seiner Heimat in Syrien Schneider war. Seit zehn Monaten lebt er nun mit seiner Familie in Jockgrim. Ihm gefällt es gut in Deutschland, von Montag bis Freitag besucht er einen vierstündigen Deutschkurs in Germersheim. Er hat auch angefangen, Fußball zu spielen. Den Schneiderberuf will er in Deutschland an den Nagel hängen und eine andere Ausbildung beginnen, wenn er gut genug deutsch sprechen kann. Er erzählt, er sei zuerst aus Syrien in die Türkei gereist. Sechs oder sieben Jahre war er dort. Warum damals in die Türkei? Darauf kann er nicht antworten. Liegt das an der Sprachbarriere? Als er aufbrechen muss, meldet sich ein Mann zu Wort, der auf der anderen Seite des Tisches sitzt. Er ist angeblich IT-Ingenieur und stammt aus Syrien. Der andere Mann sei Türke und habe eine Menge Geld bezahlt, um einen syrischen Ausweis zu bekommen, behauptet er. Denn als Syrer dürfe er in Deutschland bleiben. Was stimmt nun? Vielleicht ist der Beschuldigte Kurde und hatte deshalb in der Türkei mit seiner Familie auch große Probleme? Vielleicht kann man ja noch einmal darüber sprechen. Beim nächsten Mal, im „Café Bunt“? Info „Café Bunt“, montags geöffnet von 16 bis 18 Uhr, im evangelischen Gemeindehaus in Jockgrim.

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