Kreis Germersheim Fünf Menschen hoffen auf ihr persönliches Wunder

91-86566955.jpg

Am 7. Juli wurde der fünfköpfigen Flüchtlingsfamilie Hanic aus Bosnien der Ablehnungsbescheid ihres Asylantrages zugestellt. Die Familie lebt seit Oktober 2014 in Rülzheim und gilt laut Bernhard Wiegel von der Bürgerinitiative Flüchtlingshilfe Rülzheim als bereits in Deutschland integriert. Doch Ende des Monats läuft ihre Aufenthaltsgestattung aus.

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, müssen Mirsada (32) und ihr Mann Edin (36) mit ihren drei Kindern Assja (5), Aldin (6) und Aida (10) zurück in ihr Dorf Prutace im Nord-Osten Bosniens. Zurück an den Ort, der für sie die Hölle bedeutet. „Eines Tages, als ich meine Tochter Aida von der Schule abholen wollte, konnte ich gerade noch einen Entführungsversuch verhindern. Salafisten wollten Aida ins Auto zerren. Meine Tochter wehrte sich und zum Glück konnte ich ihr helfen und sie da wieder rausziehen“, erzählt Mirsada Hanic unter Tränen. Ihr Mann berichtet davon, dass in Bosnien die Salafisten schon ganze Dörfer aufgekauft hätten. Sie wollen außerhalb Saudi-Arabiens einen „Scharia-Staat errichten“ und üben „massiv Druck auf die Einheimischen“ aus. „Sie stehlen unsere Kinder, um sie in Koranschulen zu schicken und zwingen unsere Mädchen und Frauen, Kopftuch oder Burka zu tragen. Wir haben große Angst, mit unseren Kindern zurück nach Bosnien zugehen. Die Polizei ist korrupt, da hilft uns niemand. Die Salafisten laufen dort auf offener Straße mit Maschinengewehre herum und schießen in die Luft, um uns Angst zu machen“, erzählt Edin Hanic. Schon zwei Mal hatten Salafisten an seine Haustür geklopft, als er bei der Arbeit und seine Familie alleine zu Hause gewesen war. Drei Männer drohten seiner Frau, die die Tür aus Angst nicht öffnete: „Wenn ihr nicht leben wollt wie wir, dann werden wir wieder kommen und plötzlich werdet ihr verschwunden sein.“ Nach 20 Monaten Aufenthalt in Deutschland hat die Flüchtlingsfamilie ihre Erlebnisse und Ängste sowie die Gründe, in Deutschland bleiben zu wollen, in einer offiziellen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dargelegt. Jetzt hofft die Familie doch noch auf eine Kehrtwende. Allerdings wird dies schwer werden, denn die Bundesregierung hat Bosnien zu einem sicherem Herkunftsland erklärt. „Wir haben die deutsche Sprache gelernt, mein Mann arbeitet als Hausmeister und ich nehme an einem Wiedereingliederungskurs für Frauen teil. Im Oktober hätte ich Prüfung“, sagt Mirsada Hanic. Die Hanics fühlen sich in Deutschland wohl. Längst sind Nachbarn und Bekannte zu Freunden geworden. Die drei Kinder sind in der Schule, im Kindergarten und in Vereinen integriert. „Am Anfang hatte es ein bisschen gedauert, bis ich die Sprache konnte, aber meine Mitschülerinnen haben mir dabei sehr gut geholfen und mir auch in den Pausen die Wörter erklärt“, sagt die zehnjährige Aida. Sie habe schon viele Freundinnen gefunden, spiele Volleyball und tanze gerne in der Karnevalsgesellschaft. Stolz sei sie auf ihre Medaillensammlung, unter anderem auf die Goldmedaille, die sie beim Kreissportfest im Juni erhielt. „Ich spiele gern mit meinen Freunden im Kindergarten. Es ist toll dort“, strahlt der sechsjährige Aldin. Und auch seine Schwester Assja freut sich jeden Tag auf den Kindergarten. „Ich habe ganz schön viele Freundinnen dort. Ich lese gerne Bilderbücher und erfinde meine eigenen Geschichten“, lacht die Fünfjährige und erzählt im Anschluss über Oma Rita, Opa Joe aus Leimersheim und Oma Frau Kaufmann aus Rülzheim. „Sie sind so lieb“, freut sich Assja und strahlt über das ganze Gesicht. Alle drei Ersatzgroßeltern sind Paten für Flüchtlingsfamilien und arbeiten ehrenamtlich in der Bürgerinitiative Rülzheim. „Insgesamt 45 Paten bilden das Herzstück unserer Bürgerinitiative. Sie kümmern sich um etwa 150 Flüchtlingsfamilien, die in der Verbandsgemeinde Rülzheim wohnen. Die Paten helfen den Familien aktiv“, sagt Bernhard Wiegel. Im Falle von Familie Hanic haben zahlreiche Bürger, wie etwa der Bürgermeister, der Verbandsbürgermeister, eine Lehrerin, eine Erzieherin oder der Arbeitgeber einen Brief geschrieben und befürwortet, dass die Familie in Deutschland bleiben kann. „Familie Hanic ist eine heile und lebenslustige Familie, was unter diesen Umständen nicht selbstverständlich ist. Sie wird von ihren Mitmenschen akzeptiert und geschätzt. Wir werden alles versuchen, doch noch ein Bleiberecht für sie zu erzielen. Nicht auszudenken, was sie in ihrer Heimat erwartet. Gerade auch wegen der Kinder wünschen wir uns alle, dass sie hier bei uns bleiben dürfen“, sagt Wiegel. Kontakt Bürgerinitiative Flüchtlingshilfe Rülzheim, Ansprechpartner: Bernhard Wiegel, Telefon 07272 5707, Mobil 0173 3238602, E-Mail: bif@ruelzheim.de, Internet: bif-ruelzheim.de

x