Kreis Germersheim Der Orchideen-Detektiv

WÖRTH. „Bugac-Ständelwurz“ oder „Epipactis bugacenses“ – kennen Sie diese Namen? - Es ist eine Orchideen-Gattung, die im Herbst des Jahres 2010 in einem schmalen Auwaldstreifen an einem Altrheinarm bei Wörth von Norbert Berlinghof entdeckt wurde. Der 64-jährige in Donaueschingen geborene pensionierte Lehrer lebt seit 1976 in Wörth. Als studierter Physiker unterrichtete er an einer kaufmännischen Beruflichen Schule in Ettlingen.

In seiner Heimatstadt ist er in einem kalkreichen Gebiet groß geworden und wurde von klein auf mit Orchideen konfrontiert – ohne ein besonderes Interesse dafür zu entwickeln. „Allerdings faszinierte mich die unterschiedliche Bestäubungsart durch die verschiedensten Insekten“, erzählt er. Doch sein besonderes Hobby war das Skifahren, das er allerdings jetzt nicht mehr betreibt. Zudem war und ist er noch kommunalpolitisch und allgemein an Politik interessiert. Im Laufe der Jahre sei er durch Bekannte auf Orchideen in Wörth und Umgebung wieder aufmerksam geworden. „Unter anderem waren wir oft an der Kleinen Kalmit, die ja für ihre Orchideenvorkommen bekannt ist“, sagt Berlinghof. Schließlich fand er doch Interesse an diesen speziellen Pflanzen. „Dazu kam der Naturschutzgedanke“, meint er, als er 1990 dem Arbeitskreis Heimischer Orchidee (AHO) beitrat. Bald danach wurde er auch in dessen Vorstand tätig. Bis heute ist er Schriftführer und Vorsitzender der Regionalgruppe Vorderpfalz. „Ab dem Zeitpunkt meines Beitritts ging es los mit aktiver Arbeit auf dem Gebiet des Orchideenschutzes. Ich nahm an Pflegemaßnahmen teil und habe sehr viele Kartierungen vorgenommen. Ich wurde hier in der Region ein sehr eifriger Kartierer“, sagt er. Dabei stieß er auch in der Wörther Gemarkung auf bisher in der Region nicht bekannte Orchideenarten. Zwei Erstfunde stechen dabei hervor: auf Wörther Gemarkung die „Bugac-Ständelwurz“ oder „Epipactis bugacensis“ genannt sowie in der Bergzabener Region die „Übersehene Ständelwurz“, die „Epipactis neglecta“. „Zunächst konnten die Arten nicht eindeutig bestimmt werden. Erst nach Literaturstudien und Diskussionen mit anderen Kennern konnten die beiden Arten zugeordnet werden. In der Nähe von Wörth stehen sie an sechs verschiedenen Stellen. Zum Schutz der Pflanzen werden aber keine genaueren Fundstellen veröffentlicht“, sagt Berlinghof. Vermessungen der Pflanzen und weitere Kartierungen folgten, ehe eine Veröffentlichung Ende 2013 in der Fachzeitschrift „Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen“ erfolgte. Derzeit seien 14 Fundorte zwischen der französischen Grenze und Speyer bekannt, drei weitere in den badischen Rheinauen, sagt Berlinghof. 12 dieser Fundorte hat er selbst entdeckt. Weitere Forschungen sind vorgesehen. Im Ortsbezirk Wörth gäbe es 12 verschiedene Orchideenarten – von etwa 70 in Deutschland. Berlinghof leitet auch öfters Exkursionen mit Orchideenfachleuten unter anderem in Kreta. „Während meiner Dienstzeit war das sehr problematisch, aber jetzt bin ich ganze Tage im Auwald unterwegs – den größten Teil meiner Freizeit in Sachen Orchideen – einige Tausend Kilometer – ehrenamtlich“, schließt er das Gespräch.

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