Karlsruhe „Schumacher sah mich eisig an“

Gespräch unter Kollegen: Werner Föckler (links) hat als Schiedsrichter sehr viel erlebt im Profi-Fußball. Er plaudert aus dem Nä
Gespräch unter Kollegen: Werner Föckler (links) hat als Schiedsrichter sehr viel erlebt im Profi-Fußball. Er plaudert aus dem Nähkästchen mit Ex-Schiri und RHEINPFALZ-Mitarbeiter Thomas Leimert.

«Ludwigshafen.» Werner Föckler (73) war einer der renommiertesten Fußball-Schiedsrichter der Region. Er pfiff über 100 Bundesligapartien, Europapokal- und Länderspiele. Er hat Nationaltorwart Toni Schumacher die Rote Karte gezeigt. Ein ehemaliger FCK-Trainer rettete dem Ellerstadter den Kragen. Thomas Leimert sprach mit Föckler.

Herr Föckler, wir sind in der Schiedsrichterkabine des Südwest-Stadions. Welche Erinnerungen verbinden Sie damit?

Das Südwest-Stadion war Ausgangpunkt für meine Karriere. Ich war Linienrichter beim Regionalligaspiel Südwest Ludwigshafen gegen Röchling Völklingen. Der Referee aus Bayern stand im Stau, und so habe ich gepfiffen. Hinterher gab es viel Lob, und es ging nach oben. Wie lange vor dem Anpfiff waren Sie bei Bundesligaspielen in der Kabine? 90 Minuten vorher waren wir im Stadion. Der erste Weg war in die Kabine. Dort haben wir die Absprache vorgenommen. Das klingt nach absoluter Konzentration ... Eine gewisse Lockerheit muss sein. Ich habe mal einem Linienrichter die Stutzen versteckt. Er hat gesucht, und wir haben alle gelacht, als ich sie ihm nach ein paar Minuten gegeben habe. Hatten Sie fest Abläufe oder gar Rituale vor einem Spiel? (lacht) Die hatte ich tatsächlich. Bei der Platzbesichtigung ging es immer zuerst zum rechten Tor, und ich habe erst die Gelbe, dann die Rote Karte eingesteckt. War die Leistung gut, habe ich die Karten behalten. Wenn nicht, wurden sie entsorgt, und es gab dann neue. Heute können Trainer oder Manager auf Laptops Szenen sofort überprüfen und kommen oft schon in der Pause an oder in die Kabine. Wie war das früher? Da war alles nicht so transparent wie heute. Aber wir wurden auch abgefangen, und die Worte der Verantwortlichen waren nicht immer freundlich. Wie muss man sich die Halbzeit in der Kabine vorstellen? Zunächst waren alle ruhig. Jeder sollte erst einmal runterkommen. Dann habe ich mit den Assistenten heikle Situationen besprochen und die Marschroute für die zweite Hälfte festgelegt. Und nach dem Spiel kam der Schiedsrichter-Betreuer mit drei frisch gezapften Pils in die Kabine, oder? (lacht) Exakt so war es. Die Betreuer waren auf unserer Seite und ein Bier gab es bei jedem Ergebnis. Wo waren in der Bundesliga die komfortabelsten Kabinen? In München, Bremen oder Stuttgart. Die Kabinen waren geräumig und gut eingerichtet. Meist stand auch eine Obstschale auf dem Tisch. Auch international war der Standard hoch. Egal, ob das Barcelona war oder Dnipropetrowsk. Gab es auch kritische Momente? Ja, in München habe ich 1986 dem damaligen Nationaltorhüter Toni Schumacher vom 1. FC Köln die Rote Karte gezeigt. Er hat mich mit eisigem Blick wortlos angeschaut, die Handschuh ausgezogen, weggeworfen und ging vom Feld. Lief denn mit den Zuschauern immer alles glatt? Naja, beim Spiel Dortmund gegen Mönchengladbach ist ein wütender Fan auf mich zugestürmt. Das war nicht so schön. Zum Glück hat ihn Gladbachs Michael Frontzeck am Kragen gepackt und womöglich Schlimmeres verhindert. Wie viele Handelfmeter haben Sie in der Bundesliga gepfiffen? Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Das waren ganz wenige. Die Zahl der Handelfmeter ist inflationär, und nicht alle Entscheidungen kann man verstehen. Das Thema hat man derzeit nicht im Griff. Wie war das zu Ihrer Zeit? Da zählte allein die Absicht. Maßgebend war, ob der Ball zur Hand oder die Hand zum Ball ging. Heute werden Spieler aus kurzer Distanz angeschossen, und es gibt Elfmeter. Wird heute trotz des in Köln sitzenden Video-Assistenten mehr diskutiert? Auf jeden Fall. Es ist für den Fußball nicht förderlich, wenn sich die Leute in Köln zu oft einmischen. Diesen Eindruck hat man mitunter. Der so genannte Videobeweis hat aber auch gute Seiten. Stimmt. Zum Beispiel beim Thema Abseits. Da gibt es mit den Bildern aus Köln viel weniger Konflikte. Gut ist außerdem, dass bei engen Entscheidungen gewartet, die Szene überprüft und dann erst entschieden wird. Da hatten Sie es früher leichter ... Wir standen natürlich auch im Fokus, aber heute wird alles seziert und öffentlich ausgeschlachtet. Nichts bleibt unbemerkt. Das ist der Unterschied zu früher. Könnten Sie sich vorstellen, im Kölner Keller als Video-Assistent zu fungieren? Warum nicht. Ich müssten mich allerdings mit den neuen Regelungen anfreunden. Ich hätte aber als ehemaliger Referee weniger Druck als die aktiven Schiedsrichter, die dort sitzen.

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