KARLSRUHE Karlsruher forschen zu Hitze und Niedrigwasser

Niedrigwasser bei Maxau: Buhnen und Sandbänke ragen aus dem Rhein.
Niedrigwasser bei Maxau: Buhnen und Sandbänke ragen aus dem Rhein.

Bilder von Überflutungen sind eindrucksvoll, die Folgen schlimm. Hitzewellen zeigen sich weniger spektakulär, aber sie gefährden viel mehr Menschen. Karlsruher Forscher arbeiten an einer besseren Vorhersage. Darüber hinaus sammelt ab sofort ein neues Informationszentrum für die Industrie wichtige Daten zu Niedrigwasser.

Hitzewellen in Deutschland sind nach Ansicht des Karlsruher Klimaforschers Andreas H. Fink eine unterschätzte Gefahr. „Sie sind leise Katastrophen und fallen nicht durch spektakuläre Bilder auf. Aber es sterben viel mehr Menschen durch Hitze als an Überflutungen“, sagt der Meteorologe am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Fink rechnet damit, dass es künftig mehr heiße Sommer mit ungewöhnlich vielen Hitzetagen geben wird. Sein Team am Institut für Meteorologie und Klimaforschung arbeitet deshalb an besseren Vorhersagen.

„Stärke und Dauer der Hitzewellen nehmen zu“

„Dieses Top-Klima-Extrem wird uns zunehmend auf Trab halten“, ist der KIT-Professor überzeugt. Temperaturen über 40 Grad über mehrere Tage hinweg dürften nach seiner Prognose die nächsten Jahre zwar nach wie vor eher selten in Deutschland sein. „Die Stärke und Dauer der Hitzewellen dürften aber zunehmen“, sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Fink rechnet damit, dass immer neue Temperaturrekorde zur Normalität werden. „43 und 44 Grad sind immer möglich.“ Dagegen müsse man sich besser wappnen: „Eile ist geboten.“

Das Beispiel 2003

Von einer Hitzewelle sprechen Forscher dann, wenn sich mindestens drei Hitzetage aneinanderreihen. Als Hitzetag wird ein Tag definiert, wenn er im langjährigen Vergleich zu den wärmsten zehn Prozent in der jeweiligen Region gehört. Eine der stärksten Hitzewellen gab es 2003 - damals starben in West- und Südeuropa Tausende Menschen an den Folgen der Hitze.

Der Karlsruher Meteorologe ist überzeugt, eine frühe Warnung helfe, Leben zu schützen und Kosten zu sparen. So könnten Altenheime, Krankenhäuser und Rettungskräfte Bereitschaftspläne aufstellen, Energieversorger könnten sich auf Stromspitzen wegen mehr Klimaanlagen vorbereiten, Städte könnten in öffentlichen Gebäuden wie Bibliotheken Kühlzonen oder Trinkwasserbrunnen errichten, und Einsätze von Garten- oder Straßenarbeitern ließen sich von der Mittagshitze in den Abend verschieben.

Plädoyer für Siesta

„Warum nicht eine Siesta einführen?“, fragt der Wissenschaftler. Da Hitze auch meist mit extremer Trockenheit einhergehe, sei eine frühe Vorwarnung auch für die Landwirtschaft sehr wichtig. Der Meteorologe untersucht am KIT-Institut für Meteorologie und Klimaforschung mit seinem Team Dutzende Hitzewellen der vergangenen Jahre in Deutschland, um besser zu verstehen, welche atmosphärischen Prozesse in den typischen Hitze-Wetterlagen zu einer guten oder zu einer fehlerhaften Vorhersage führten.

„Sieben Tage vorher ist eine Vorhersage in vielen Fällen schon richtig gut.“ Ziel sei eine Vorhersage für längerfristige vorbereitende Maßnahmen von drei Wochen. Im Gegensatz zur Prognose von Niederschlägen sei die von Hitzewellen leichter. Letztere gingen stets mit einem Hoch in einer Großwetterlage einher.

Der „Hitzedom“

„Die Luftmasse zirkuliert wenig und erwärmt sich über Tage. Es baut sich ein sogenannter Hitzedom auf. Das ist in der Regel gut vorhersagbar.“ Wettervorhersagedienste sollen die Erkenntnisse dann nutzen.

Eine Vorausschau für ein ganzes Jahr und damit konkret nun für 2024 ist für die Forscher nicht möglich. Was sie aber generell sagen können, ist: „Wenn der Winter, wie derzeit, und dann das Frühjahr sehr feucht sind, sind extreme Hitzewellen unwahrscheinlicher, weil dann auch der Boden und die Vegetation im Sommer noch viel Wasser verdunsten kann.“ Das könne im Sommer schon Unterschiede von zwei bis drei Grad in der Tageshöchsttemperatur ausmachen.

Zentrale Anlaufstelle

Weil lange Trockenphasen und Niedrigwasser auch im Südwesten längst keine Ausnahme mehr sind, soll ab sofort das neue Niedrigwasser-Informationszentrum (NIZ) in Karlsruhe Daten und Informationen dazu bereit stellen. Das an der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) angesiedelte Zentrum sei künftig die „zentrale Anlaufstelle für Messwerte, Trends und Informationen rund um das Thema Niedrigwasser“, sagt LUBW-Präsident Ulrich Maurer.

Herzstück des NIZ sei dabei ein Onlineportal, das ähnlich funktioniere wie das Portal der Hochwasservorhersagezentrale (HVZ). „Hier findet man regelmäßig aktualisierte Informationen und Prognosen zu Pegelständen und Gewässergüte in Oberflächengewässern, Seen und im Grundwasser zu Niedrigwassersituationen“, führt Mauer weiter aus. Das NIZ soll kontinuierlich ausgebaut werden. Angaben einer LUBW-Sprecherin zufolge wurden dafür zunächst drei neue Stellen geschaffen.

Auf Mangel vorbereiten

Die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sieht im NIZ einen weiteren Meilenstein für die Wassermangelstrategie des Landes. „Die Verbesserung der Daten- und Informationslage ist die Grundlage für kurz- sowie langfristige wasserwirtschaftliche Entscheidungen“, sagt sie. Der Südwesten könnte sich so rechtzeitig auf mögliche Situationen von Wassermangel vorbereiten. Das sei beispielsweise für Industriebetriebe mit hohem Wasserverbrauch wichtig.

Klimaprognosen hatten nach Angaben des Ministeriums gezeigt, dass bis 2050 mancherorts im Südwesten bis zu 20 Prozent weniger Grundwasser neu entstehe. Schon heute stoße die öffentliche Wasserversorgung in ausgeprägten Trockenperioden teilweise an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.

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