Karlsruhe Im Ernstfall besser reagieren können

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Mindestens drei Jahre wird es noch dauern, bis die ersten Stadtbahnen „in echt“ die Karlsruher Innenstadt im Tunnel durchqueren, doch schon jetzt durfte Oberbürgermeister Frank Mentrup mal reinschnuppern, wie sich eine solche Fahrt durch den Tunnel aus Sicht des Fahrers anfühlen dürfte – mit Hilfe des neuen Fahrsimulators der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und der Albtal Verkehrsgesellschaft (AVG).

Sein Fazit nach dem Test fiel eindeutig aus: „Es ist erstaunlich, wie viel man oben und wie wenig man im Tunnel beachten muss“. Die unterirdische Fahrt so ganz ohne Fußgänger, Fahrradfahrer und Autos, die man im Auge behalten muss, sei recht entspannt. In der ehemaligen Leitstelle der Verkehrsbetriebe in der Tullastraße wurde jetzt ein neues Fahrsimulator-Zentrum eröffnet. Neben vier Pultsimulatoren, auf denen vor allem die Fahrten auf den Regionalstrecken geübt werden, ist der neue Fahrsimulator der VBK für den Innenstadtverkehr das Glanzstück. Er ist mit einer Original-Fahrerkabine den neuen Zweisystemfahrzeugen nachempfunden. Auf großen Leinwänden gleiten Straßen und Bauwerke am Auge des Fahrers vorbei, eins zu eins der Realität nachempfunden und damit fast so, als wäre man tatsächlich auf der Strecke unterwegs. Es ist erst das zweite Fahrsimulationszentrum seiner Art in Baden-Württemberg und bundesweit wohl das erste, das in einer Stadt mit weniger als 500.000 Einwohnern in Betrieb genommen wurde. Rund 1,75 Millionen Euro wurden von den VBK und AVG investiert und nicht nur für Mentrup ist es gut angelegtes Geld. Auch Ascan Egerer, der Technische Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, lässt keinen Zweifel daran, dass von der besseren Aus- und Fortbildung der Fahrer das ganze System profitieren wird. Nach einem Jahr mit vielen Klagen und Zugausfällen soll das verloren gegangene Vertrauen der Fahrgäste nun mit einer Steigerung der Qualität zurück geholt werden und dabei werden die Fahrer eine entscheidende Rolle spielen. Mit dem Training an den Simulatoren soll für die Fahrer das Unerwartete kalkulierbarer werden. Starker Schneefall, unerwartetes Überqueren der Gleise von Fußgängern und Autos, die beim Abbiegen rote Ampeln missachten – das ist auf freier Strecke kaum nachstellbar. Im Simulator geht es per Knopfdruck. Wer häufig mit solchen Situationen konfrontiert wird, reagiert im Ernstfall besser. Laut William van der Straaten von der Münchner Firma Knorr-Bremse, die die Fahrsimulatoren lieferte, dürfte sich auch die Ausbildungszeit verkürzen lassen, denn die Zeit könne nun besser genutzt werden. In Stuttgart, wo schon seit rund zehn Jahren mit Fahrsimulatoren gearbeitet wird, habe sich die Ausbildungszeit um rund 30 Prozent verkürzt, zugleich ging die Zahl der Unfälle um 50 Prozent zurück. Für van der Straaten ist das Karlsruhe Nahverkehrssystem übrigens noch immer eines der interessantesten weltweit. Dank der Zweisystemfahrzeuge, die auf einem sehr vielseitigen Netz unterwegs sind, gebe es weltweit Überlegungen, das Karlsruher System nachzuahmen. Und natürlich hofft der Mann von Knorr-Bremse, dass sich dank der internationalen Besuchergruppen, die regelmäßig nach Karlsruhe kommen, dann auch für seine Firma neue Kunden gewinnen lassen. (win)

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