KARLSRUHE Ehrenbürger: Karlsruher Archivar schlägt Alarm

Noch immer Durlacher Ehrenbürger? Adolf Hitler und Paul von Hindenburg (von links).
Noch immer Durlacher Ehrenbürger? Adolf Hitler und Paul von Hindenburg (von links).

Für Peter Exner klingt es wie „ein Treppenwitz der Geschichte“: 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs seien Adolf Hitler, Paul von Hindenburg und der badische NSDAP-Gauleiter Robert Wagner noch immer Durlacher Ehrenbürger. Der Referatsleiter der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Karlsruher Generallandesarchiv kritisiert die Stadtverwaltung und fordert Konsequenzen.

In einer Pressemitteilung spricht Exner davon, dass die damals selbstständige Stadt Durlach 1933 Hitler als Reichskanzler, Hindenburg als Reichspräsidenten und Wagner als Gauleiter die Ehrenbürgerschaft angetragen habe. Rückgängig gemacht hat die Verleihung nach Angaben Exners bis heute niemand – auch nicht die Rechtsnachfolgerin des fünf Jahre später zwangseingemeindeten Durlach, die Stadt Karlsruhe.

Zwar räumt Exner ein, Karlsruhe habe 1946 NS-Größen die im Dritten Reich verliehene Ehrenbürgerwürde wieder entzogen. Viele deutsche Kommunen hätten sich mit einem solchen Schritt beeilt, „als die Nationalsozialisten 1945 Deutschland in Schutt und Asche gelegt hatten“. Im Fall Hindenburgs habe es allerdings 73 Jahre gedauert. Erst am 11. Dezember 2018 habe der Karlsruher Gemeinderat dem zweiten deutschen Reichspräsidenten wegen dessen Mitschuld am Untergang der Weimarer Republik die 1915 verliehene Ehrenbürgerwürde aberkannt.

Verschwiegen oder gleich vergessen

Aus Sicht des Archivars wurde die 1933 eilfertig ausgesprochene Ehrenbezeugung in Durlach schamhaft verschwiegen oder gleich vergessen – wie auch in manchen anderen Orten. Darin sieht er den Grund dafür, dass die Stadt Karlsruhe die Durlacher Entscheidung bisher nicht zurückgenommen habe.

Mehr noch: Gleiches gilt Exner zufolge für entsprechende Auszeichnungen in Welschneureut und Hindenburgs Ehrenbürgertitel in Teutschneureut – heute beides Ortsteile des Karlsruher Stadtteils Neureut. Abschließend verweist der Extremismus-Experte auf den Historiker und Archivarkollegen René Gilbert, der „die Hintergründe dieser erstaunlichen Vorgänge und Versäumnisse“ vor zwei Jahren in der „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins“ aufgedeckt habe. Aus Gilberts Sicht erscheine eine juristische beziehungsweise verwaltungsrechtliche Prüfung des skizzierten Sachverhalts durch die Karlsruher Stadtverwaltung dringend geboten, schreibt Exner weiter.

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