Kaiserslautern Zweistündiger Kunstgenuss

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„Es funktioniert einfach!“, meinte Projektleiterin Esther Mertel schon ganz zu Anfang der erfolgreichen „Sommer Nacht Gala“ am Samstagabend im Innenhof der Stiftskirche und freute sich. Viele Monate der intensiven Vorbereitung waren vorangegangen, jetzt war der große Abend endlich da, alles hergerichtet, die ersten Ansagen am Laufen.

Die junge Künstlerin, die sich um jedes Detail der Aufführung bis hin zum Stühleaufstellen persönlich gekümmert hatte, war zu diesem frühen Zeitpunkt sowohl erleichtert als auch sichtlich nervös. Für Letzteres gab es indes keinerlei Grund. Denn es funktionierte auch danach tatsächlich alles ganz vorzüglich – bis hin zu den verdienten „Standing Ovations“ nach der Zugabe... Dass die als Werbung für die Opernwelt im Allgemeinen und die in Kaiserslautern anstehende deutsche Erstaufführung der Rossini-Oper „Hochzeitswirren“ (wir berichteten mehrfach) im Besonderen gedachte Gala so prima ablief, das lag auch und vor allem an den fähigen Mitwirkenden hinter und vor allem auf der Bühne. Esther Mertel hat hier zusammen mit ihrem Team in Eigeninitiative und -regie etwas ganz Einzigartiges auf die Beine gestellt. Viele Mitwirkende der Gala sind Freunde und Bekannte der aus Enkenbach stammenden Initiatorin: Der Moderator und Tubist Roland Vanecek etwa war einst ein Mitschüler am Albert-Schweitzer-Gymnasium, die geladene Sopranistin Marina Herrmann ist eine ehemalige Studienkollegin, ebenso der musikalische Leiter des aufspielenden „Sommer Nacht Orchesters“, Dirigent Benjamin Reiners. Jener an diesem Abend gelegentlich auch als versierter Moderator auftretende souveräne Reiners, Erster Kapellmeister der Staatsoper Hannover und designierter Stellvertretender Generalmusikdirektor am Nationaltheater Mannheim, konnte ein eigens für diesen Anlass gebildetes erstklassiges Orchester leiten. Zusammengesetzt aus 32 jungen, aufstrebenden Musikerinnen und Musikern aus mehreren nationalen Ensembles, bildete es einen absolut verlässlichen, wohlklingenden Klangkörper. Es spricht für die Fähigkeiten der erst am vorangegangenen Tag erstmals zusammen aufspielenden Orchestermitglieder, dass sie ausnahmslos jede der dargebotenen Kompositionen – darunter etliche hoch komplexe musikalische Prüfsteine der Opern-Literatur – mit höchster technischer Präzision im Verein mit bemerkenswerter interpretatorischer Emotionalität meisterten. Auf dieser sicheren Grundlage konnten die in Deutschland, Österreich und Tschechien engagierten Sängerinnen und Sänger fugenlos aufbauen. Die in gebührend festlicher Kleidung auftretenden Mitwirkenden Esther Mertel (Sopran), Stephanie Lesch (Mezzosopran), Roman Hoza und Michael Adair (beide Bariton), Tristan Zellner (Bass) – allesamt Mitwirkende in „Hochzeitswirren“ – sangen zusammen mit der Sopranistin Marina Herrmann (Mainz) und dem Tenor Bernhard Berchtold (Wien) als Gäste ein anspruchsvolles Programm, welches das reichlich erschienene Publikum bis tief in die Nacht hinein unentwegt begeisterte. Von der „Carmen“-Ouvertüre über Partien aus „Tosca“, mehreren Mozart-Opern, der Operette „Der Bettelstudent“ und natürlich aus „Hochzeitswirren“ bis hin zum Grande Finale mit dem Schlusspart aus Rossinis Oper „L’italiana in Algeri“ reichte unter anderem der ohne Längen gebliebene zweistündige Kunstgenuss. Die Atmosphäre im besonderen, zauberhaften Ambiente und die tadellosen Darbietungen konnten dabei auch durch Flugzeuge am Himmel und den Glockenschlag der Stiftskirche nicht gestört werden. Als um 21.45 Uhr der dreifache Glockenton mitten in „Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“ hineinklang, wiederholte man den Part schlichtweg noch einmal zur Freude des Publikums. Oper muss eben nicht bierernst sein. Das zeigte auch der kabarettistisch veranlagte Conférencier Roland Vanecek, der unter anderem in einem launigen Intermezzo zusammen mit dem Orchester die anspruchsvolle „Arie der Königin der Nacht“ aus der „Zauberflöte“ genre-untypisch mit der Tuba, aber in bestechender Perfektion auch in den schwierigsten Passagen, intonierte. Ernst und absolut still wurde es an diesem Abend nur einmal, als man gemeinsam der Opfer des Amoklaufs in München am Tag zuvor in einer Schweigeminute gedachte. Wer Opern und Artverwandtes liebt, wurde in dieser kostenfreien Gala, die einen guten Eintrittspreis gerechtfertigt hätte, bestens bedient. Die weitergehende Absicht, mögliche Berührungsängste mit dem Metier abzubauen, dürfte erfüllt worden sein: Zahlreiche zufällige „Zaungäste“ blieben den Abend über immer wieder stehen und lauschten angetan dem ungewöhnlichen Programm am nicht alltäglichen Ort. Diese „Sommer Nacht Gala“ als Vorgeschmack auf die „Sommer Nacht Oper“ war rundum gelungen. Info Die Premiere der Oper „Hochzeitswirren“ ist am 19. August, 21 Uhr, im Innenhof des Lauterer Theodor-Zink-Museums. Näheres auf der Website www.sommernachtoper.de.

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