Kaiserslautern Zu Besuch im Theater: Perspektivenwechsel für Politiker

Die Politiker konnten hinter die Kulissen des Pfalztheaters blicken.
Die Politiker konnten hinter die Kulissen des Pfalztheaters blicken.

Bringen Theater mehr Geld in die Stadt, als sie verbrauchen? Ist ein Leben ohne Kunst und Kultur möglich? Und: Brauchen Kaiserslautern und die Region einen solchen Ort, der sich weiter entwickelt? Es war eine kleine Reihe von Reizworten, mit denen die Schauspieler Hannelore Bähr, Hartmut Neuber, Rainer Furch und Josephine Raschke in der Kantine des Pfalztheaters am Freitag gut 20 Politiker zum Austausch begrüßten.

Begleitet von Günther Fingerle, dem Produktionsleiter für Sonderprojekte, hatten die Politiker da im Rahmen der bundesweiten „Aktion 40.000“, bei der sich Theatermitarbeiter und Politiker treffen, bereits einen Blick „mit Überraschungen“ hinter den Kulissen erlebt. Zum Auftakt ging’s nämlich schnurstracks ins Große Haus, wo der Technische Direktor Gunter Anstadt ihnen die Bühne mit ihren vielfältigen Tricks und Tücken vorführte.

Nach einem Abstecher zur Werkstattbühne durften die Gäste in der zweiten Probebühne erste Eindrücke aus der kommenden JUP-Premiere „Funken“ aufnehmen. Weiter ging’s zur Kostümabteilung, wo Gewandmeisterin Brigitte Fiedler sie mit drei aufwendigen Kostümen aus der Verdi-Oper „Don Carlo“ überraschte.

Nur hinschauen war da nicht. SPD-Landtagsabgeordneter Daniel Schäffner wurde direkt die Ehre zuteil, sich in das golden funkelnde Gewand eines spanischen Königs zu hüllen. Wie ein solches Gewand, das laut Fiedler rund 100 Stunden Arbeit gekostet hatte, spontan auf seinen Träger wirkt, war direkt zu erkennen. Aus dem Politiker wurde – mit stolzer Brust – ein Philipp II.

Fragen nach Verlängerungen von Verträgen

Mit vielgestaltigen Holzköpfen in den Regalen der Maskenabteilung, einem verblüffend echt aussehenden abgetrennten blutigen Fuß, außer Perücken auch einer Glatze, die alle in dieser Abteilung selbst kreiert wurden, hatten die Theaterleute weitere interessante Details parat. Nicht uninteressant für die Politiker war hier Fiedlers Erklärung, dass im Sinn der Nachhaltigkeit später alle Teile zur Wiederverwendung in den Fundus wanderten.

Fragen nach Verlängerungen von Verträgen für Solisten, Musiker oder Chor wurden im Rahmen der Führung hin und wieder auch gestellt. Bariton Johannes Fritsche demonstrierte bei einer Gesangsprobe, wie er als „Papageno“ mittels eines Strohhalms seine Resonanzräume kontrolliert. Danach ging es zum gemütlichen Teil in die Kantine, wo – „Vorsicht!“ – auch die Requisite ihre Leckerli aufgebaut hatte.

Reeb: Nicht nur Theater unterfinanziert

Auf dem Weg dorthin hatte Stadtratsmitglied Manfred Reeb (Freie Wähler) geäußert, dass das Theater nicht die einzige Sparte sei, die unterfinanziert sei, man sollte sie aber nicht gegeneinander ausspielen. Er begrüßte die Gelegenheit, mit den Theaterleuten ins Gespräch zu kommen, auch um deren Einschätzung zu Inszenierungen mit denen von Zuschauern zu vergleichen.

Nach seinem ersten Blick hinter die Kulisse des Hauses und einem intensiven Gespräch mit den Schauspielerinnen Hannelore Bähr und Maria Schubert zeigte sich SPD-Bundestagsabgeordneter Matthias Mieves beeindruckt von der Komplexität der Technik sowie der Vielschichtigkeit und dem Herzblut hinter und auf der Bühne. Besonders toll fand er, dass eine neue Kollegin dort ein Projekt für benachteiligte Kinder starten wolle.

„Ein Flaggschiff der Kultureinrichtungen“

Für Hans-Uwe Daumann aus Ludwigshafen, der für die Grünen für den Bezirkstag kandidiert, war das Erlebnis Pfalztheater eine völlig neue Erfahrung. Das Haus sah er als „ein Flaggschiff der Kultureinrichtungen des Bezirksverbands“. Bedauerlich sei, wenn die Kultur unter Sparmaßnahmen leiden müsse: „Das macht etwas kaputt.“ Dass die Sparte Junges Theater selbst nach draußen in Jugendeinrichtungen gehe wolle, sah er positiv.

„Es lohnt sich, alle kulturellen Lokalitäten zu unterstützen“, unterstrich Stadtratsmitglied Barbara Busch (CDU). Im Kulturausschuss gehe es immer nur ums Geld. Bei ihrem Rundgang hatte sie die Emotionen begeistert, mit denen die Menschen hier arbeiteten, ja lebten.

Einen „ganz tollen Einblick in das Herzstück des Pfalztheaters“, das sie sonst nur als Besucher kenne, hatte Margit Bruder (Grüne) aus dem Kreisverband Bad Dürkheim erfahren. Beeindruckt hatten sie die zahlreichen Räume, die vielen Abteilungen und das Engagement der Mitarbeiter.

Als Sprecherin des Ensembles Schauspiel begrüßte Aglaja Stadelmann ausdrücklich die Gelegenheit für politische Entscheider, mit künstlerischen Mitarbeitern in Kontakt zu kommen: „Sonst kennen sie uns nur auf der Bühne, und wir wissen, welche Entscheidungen getroffen werden.“

Am Abend waren die Teilnehmer eingeladen, im Großen Haus die Tango-Operita „Maria de Buenos Aires“ oder auf der Werkstattbühne die Tanzpremiere „Lots of Movements/Take the Stage“ zu erleben.

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