Kaiserslautern „Zeit zur Entwicklung nehmen“

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Wie wandelt man eine alte Industriebrache in ein neues Stadtviertel um und wahrt zugleich die Identität und Historie des Komplexes? Eine zentrale Frage beim 10. Stadt.Umbau.Salon des Fachgebiets Stadtumbau und Ortserneuerung der TU am Dienstagabend in einem Ladenleerstand in der Eisenbahnstraße. Zugleich schloss die Pfaff-Expo nach zwölf Tagen ihre Türen. Neben dem rein Fachlichen spielte das Desinteresse der Stadtverwaltung an der Arbeit der Kulturinitiative „Pfaff erhalten − Stadt gestalten“ (PSEG) eine große, auch emotionale Rolle.

Rund 80 Besucher folgten den Worten Heike Oevermanns. Die promovierte Architektin, die am Georg-Simmel-Zentrum der Humboldt-Universität Berlin lehrt und forscht, hat den Umwandlungsprozess alter Industrieareale europaweit verfolgt. Das heutige Unesco-Welterbe Zeche Zollverein sollte nach seiner Stilllegung als Steinkohlenzeche eine städtische Mülldeponie für Essen werden. In der alten Baumwollspinnerei Leipzig entstand ein Kunstquartier von Künstlern mit internationalem Ruf. Ziemlich schnell kamen Diskussionen auf, wurden Fragen in Bezug auf das Pfaff-Gelände gestellt und den Wert des 20 Hektar großen Areals für die Stadt und ihrer Bürger formuliert: „Wir haben mit Pfaff eine vornehme Adresse, die sich als ökonomische Kraft erweisen kann.“ Diese Meinung wurde von Oevermann bestätigt, die sagte: Firmen siedeln sich lieber an solchen besonderen Orten an als „in irgendwelchen 08/15-Gebieten“. Ein Besucher übte Kritik an den „Nostalgikern“, die alles erhalten und dafür Steuergelder ohne Ende verschwendeten. Ihm hielt Oevermann ihre Behauptung entgegen: „Das Ruhrgebiet würde heute wesentlich schlechter da stehen, hätte man damals nicht so viel Geld investiert.“ Auch emotionale Aspekte wurden vorgetragen: Es sei „sehr traurig“, dass keiner von der Pfaff-Areal-Entwicklungsgesellschaft (PEG) oder der Stadtverwaltung zum Stadt.Umbau.Salon gekommen sei: „Warum bringt sich die Stadt hier nicht ein?“ Mit Oevermann habe die TU eine ausgesprochene Expertin nach Kaiserslautern geholt, mit der die Stadt den Dialog hätte suchen müssen. Stattdessen habe die PEG ihr die Besichtigung des Pfaff-Geländes verwehrt. Zwei Stadtratsmitglieder − Angelika Hannah (CDU) und Tobias Wiesemann (Grüne) − diskutierten mit: Hannah in Übereinstimmung mit der PSEG, Wiesemann eher dagegen, doch plädierte auch er am Ende für eine Versachlichung der Diskussion mit der Stadtverwaltung. „Zeit zur Entwicklung des Pfaff-Geländes nehmen“, war einer der Ratschläge Oevermanns. „Stadtentwicklung heißt Stadtentwicklung, weil es ein Prozess ist.“ Ein zweiter lautete: „Ein Abriss auf Vorrat geht nicht.“ Was weg ist, ist unwiederbringlich weg. Eine Schritt-für-Schritt-Entwicklung weg von der Tabula-rasa-Planung sei wichtig. Dabei könnten Übergangslösungen hilfreich sein; etwa die Ansiedlung kleiner Start-ups, die sich eine gemeinsame Buchhaltung teilten. Eine Zwischennutzung, die den Firmen als „Inkubator“ dienen könne. Dazu müssten Teile des Areals rasch zugänglich gemacht werden; Grundstücke, auf denen man ohne große Eingriffe agieren könne.

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