Kaiserslautern Waffenhandel für Anfänger

Was könnte harmloser sein als ein Spielzeugpanzerlein auf einem Gitterrost? Deutsche Waffenlieferungen an kriegsführende Staaten in aller Welt! Das legt das Stück „Exporting War“ nahe, das zurzeit im Berliner Theater Hebbel am Ufer (Hau) gezeigt wird. Denn für alle, die zu bequem sind, sich über wichtige politische Dinge in Zeitungen, Büchern oder Dokumentarfilmen zu informieren, gibt es das dokumentarische Theater.

Im Hau wird es von der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Kulturprogramm der EU gefördert und sieht extrem karg aus. Containerwände, grau und schwarz, auch zwei in (blut-)rot als sinnige Farbauffrischung, die sich so mühelos hin und her bewegt werden können, dass man eher an Waffenschieberei denn an den Wert des deutschen Kriegswaffenkontrollgesetzes denkt. Hans-Werner Kroesinger, Jahrgang 1962, einst Assistent von Robert Wilson und Heiner Müller, hat schon häufiger solche Faktentheaterstücke auf die Beine gestellt. Sein neues, „Exporting War“, ist auf den ersten Blick verwirrend, was die Texte der fünf Darsteller betrifft, die in typischer Cocktail-Kleidung (einfarbige schlauchartige Minikleider die drei Frauen, Anzug mit Krawatte oder legerem Halstuch die beiden Männer) vor die Zuschauer treten. Denn wer nun gerade der Waffenfabrikant ist, wer die Verteidigungsministerin, der Lobbyist und die anderen Entscheidungsträgerinnen, wird nicht immer klar. Wie sagt die Frau im kleinen Schwarzen so schön: „Wir sind alle Part of the Game.“ Es geht ums Geld, um Exporte, um Arbeitsplätze, die auf dem Spiel stehen, denn Deutschland ist nach den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur, wie das Programmheft verrät. Wie es dazu kam, erfährt man im Schnelldurchgang, derweil wandert der Spielzeugpanzer von einer Hand zur anderen. Der Erfolg der Maschinenpistole G3 des schwäbischen Herstellers Heckler & Koch wird nebst Firmengeschichte präsentiert, ebenso die Historie der mächtigen Firmen Rheinmetall (baut den Panzer Leopard) und EADS. Auf der Bühne, gesprochen mit verteilten Rollen, wobei in der Regel einer der fünf Darsteller beginnt und der nächste nahtlos weitererzählt, prägt sich das durchaus besser ein als bei der Lektüre des 30-seitigen Programmhefts. Obwohl von lebendigen Theater nur wenig zu spüren ist: Die Texte, bestehend aus hohlen Politiker- und Industriellenphrasen, werden meist frontal von der Rampe aus gesprochen. Trotzdem wird klar, dass eine „Voranfrage“ für ein Waffen-Exportgeschäft praktisch bedeutet, dass die Waffen geliefert werden, obwohl die eigentliche Entscheidung erst später fallen soll. Unfreiwillig zum Kabarett wird das Stück, wenn die Kartons, in denen doch Gewehre sein sollten, so federleicht sind, dass eine Darstellerin mühelos zwei lange Pakete unterm Arm tragen kann. Da würde es schon fruchterregender wirken, wenn man wenigstens ein paar G3-Gewehre, getragen von Soldaten in Kampfausrüstung, oder eine durchs Theater schwirrende Drohne sehen würde, damit aus den sterilen Worten eine echte, emotional packende Bedrohung erwachsen könnte. Eine einzige kurze Szene mit Projektionen, die zeigen soll, wie schnell wir alle zu Drohnenzielen werden können, reicht da nicht. Nur zweimal werden die fünf Darsteller konkret: Wenn sie sagen, wie viele Gewehre, Panzer und Ähnliches – neu, gebraucht und auf dem Schwarzmarkt – kosten, und wenn sie darüber aufklären, welcher Rüstungskonzern wo genau in der Nähe der Bundesregierung in Berlin seine Büros hat. Heckler & Koch fehlt, die Firma macht wohl schon genug Umsätze. Wer mehr wissen will, kann im Theaterfoyer die Schaubilder studieren oder eben das dicke Programmheft lesen. Doch hätte man dann nicht besser einen Dokumentarfilm gezeigt? Ein paar starke Bilder hätte das Stück schon gebraucht, der kleine Spielzeugpanzer allein reicht da nicht.

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