Kaiserslautern Unikum zwischen Unikaten

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Konzerte in der Holzwerkstatt in Frankelbach haben Volksfestcharakter und Kultstatus zugleich. So war es auch wieder am Samstagabend, als dort die beliebte Veranstaltungsreihe „Musik im Kreis“ mit einem werbewirksamen Slogan fortgesetzt wurde: Einer der Vanecek-Zwillinge (Roland) trat unter dem Motto an „Ein Zwilling kommt gern mal allein – und lädt sich (stattdessen) Freunde ein.“

Und wieder suchten viele auswärtige und sogar überregional angereiste Konzertbesucher den malerisch gelegenen Ort in idyllischer Hanglage wie die Heuschrecken heim. Da hatte der Feuerwehr-Förderverein alle Hände voll zu tun – nicht um Brände, sondern um Durst zu löschen, denn dieser sorgte für Bewirtung. „Gemeinsamkeit macht stark - raubt aber manchmal auch die Individualität“: Musikcomedian, Tubist (beim Staatstheater Wiesbaden) und als Wandermusikant ein Tausendsassa in Sachen Blasmusik in all ihren Facetten, erwies sich Roland Vanecek als eloquenter, gemütlich plaudernder Moderator und Entertainer. Zu Scherzen, Sketchen und Slapsticks aufgelegt, initiierte er eine lebendige Bühnenshow, die ihresgleichen an Mutterwitz, Schlagfertigkeit und Unterhaltungswert sucht und die mit „Nonsens nach Noten“ oder „Kunst und Klamauk“ treffend apostrophiert wäre. Wenn sich die als pittoresker Rahmen anbietende Holzwerkstatt als Manufaktur für Unikatmöbel versteht, könnten satirische Zungen Vanecek als Unikum sehen. Doch hinter nur scheinbar spontaner Stegreifkomödie im erheiternden Zusammenwirken mit dem ulkigen Posaunisten Jan Kamp steckt ein tieferer Sinn, der allein so nicht zum Ausdruck kommen könnte: Nach dem völkerverbindenden und Kontinente überbrückenden Musikcamp auf der Burg Lichtenberg (wir berichteten) berücksichtigte das Programm erneut den inhaltlichen Aspekt einer Zusammenführung im Geiste einer Art von Weltmusik. Eigene Arrangements internationaler Folklore von Andalusien mit arabischen Anklängen bis hin zu Skandinavien bildete einen inhaltlichen Schwerpunkt. Daneben waren auch eigene Kompositionen der mitwirkenden Band zu hören. Mit von der Partie war hier das Bandprojekt MU, hinter dem sich das in Imsbach im Donnersbergkreis lebende Künstler-Ehepaar Julia (Gesang) und Christoph Jung (Schlagzeug) verbirgt, das sich auf Anhieb in diese Bühnenshow nahtlos einfügte und vor allem mit der charismatischen Stimmgebung der Frontsängerin punktete. Weiter fand das Projekt in dem Keyboarder Marcel Kamst einen stilistisch ebenso vielseitigen wie aufgeschlossenen Mitstreiter, der die füllenden Akkord-Harmonien ebenso stilsicher einbrachte wie die passenden Zwischenspiele. In diesem Vortragsset erwies sich Roland Vanecek ebenfalls als ein Tastendrücker, der dabei sein Licht unter den sprichwörtlichen Scheffel stellte, in Wirklichkeit aber als Klangfüller und mit gekonnten Überleitungen wesentlich zum Gelingen und zur Bereicherung, stets aber auch zur Belustigung beitrug. Letzteres mit einem Relikt aus Kindertagen, einer Melodica, die wie Blockflöten als bürgerlicher Kinderschreck einst abgetan wurde, heute jedoch eine Renaissance erlebt. Zuvor hatte Vanecek auf seiner modernen Basstuba deren landläufiges Image als „Dicke-Backe-Instrument“ der schwerfälligen Art widerlegt: Da sorgte er mit solistischen Einlagen beim alleinigen Einmarsch im Bluesfeeling für Furore – als ein Entertainer, der Musik nicht zur Selbstdarstellung konzertant, sondern stets amüsant einsetzt. So auch mit einem nachgebauten historischen Vorläufer dieses Instruments, das - der Vergleich sei erlaubt - Naturlaute menschlicher Art von sich gab. Während hierzulande Musiker solche Konzertprogramme in langen Studien oder im Amateurbereich in langer Probezeit erarbeiten, zauberte der Überraschungsgast aus Algerien Mouloud Mammiri auf seiner Gitarre Töne scheinbar aus dem Nichts. Ohne Noten- und Harmoniekenntnisse, nur seiner Intuition und einem sensiblen Gehör entspringen seine vielseitigen percussiven und solistischen Passagen, die immer harmonierten und selbst für „alte Hasen“ wie Vanecek noch zu einer reich sprudelnden Quelle der Inspiration wurden. Fazit: Der algerische Gast kam, sah und siegte oder besser hörte, denn nach kurzem Einhören bewies er die seltene Gabe, Zusammenhänge zu erkennen und sich spontan einzubringen.

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