Kaiserslautern „Strahlesel“ sorgen für Stimmung

Mag die Theo-Barth-Halle auch etwas marode sein: Tische und Stühle sind noch intakt – haben zumindest am Samstagabend einem Sturm standgehalten. Das Mobiliar trotzte ächzend einer harten Belastungsprobe, als die „Strahleselsänger“ loslegten, die Hände zum Himmel gingen und die Gäste eifrig hopsend mitfeierten. Stimmung? Bestens.

Und das nicht erst beim Auftritt der Gesangsgruppe des Gastgebervereins. Schon bevor das Gesangsensemble der Eintracht loslegte, waren bei der Erlenbacher Prunksitzung viele zündenden Momente zu verzeichnen. Im gesegneten Alter von 101 Jahren hat der Gesangverein 1874 Eintracht die Fastnacht für sich entdeckt. So durften denn die Erlenbacher Sangesfreunde nach der 140-Jahr-Feier 2014 nunmehr auf vier Jahrzehnte Narretei zurückblicken. 40 Jahre Fasenacht – „han mer des net gut gemacht?“ Diese rhetorische Frage prangte denn auch als Motto über die Sitzung am Samstagabend. Ja, man darf schon ein bisschen stolz auf die Vereinstradition sein. Und Staub angesetzt hat die alljährliche Sitzung offenbar keineswegs. Initiator und maßgeblicher Motor war der langjährige Dirigent und auch als Fastnachter weithin bekannte Karl Schumacher. Der hat einst auch seinen Sohn auf die Bühne gelockt. Bis heute lässt es sich Wolfgang Schumacher nicht nehmen, aus alter Verbundenheit die Sitzung zu bereichern. Wie gewohnt, schoss Schumacher höchst spitze Pfeile in Richtung Stadtspitze, beleuchtete in seiner Rede gleich zu Beginn das politische Geschehen in Kaiserslautern und dem Rest der Welt. Die Jugendgarde des Karnevalvereins Kaiserslautern (KVK), trainiert von Melanie Joachim, hatte das Publikum auf Touren gebracht. Auch die Casimirgarde war gekommen und bewies, dass der Neuaufbau unter Ägide von Trainerin Annika Krakehl prima läuft. Prinzessin „Vivian“ I. machte mit „Pfalzgraf Johann Casimir“ Udo Ringel, selbst Erlenbacher Sangesbruder, ihre Aufwartung. Mächtig Stimmung brachten die „Schpeisbuwe“ um KVK-Präsident Timo Menge in die Halle. Umjubelte Stammgäste der Sitzung sind die Mädchen der Tanzgruppe Katzweiler, in deren Reihen Erlenbacher Mädchen mitwirken. Waren die Katzweilerer als „Horror-Clowns“ gekommen, so präsentierten sich die „Hupsmäd“ – bewährte „Tanzmäuse“ jenseits der 30 vom Gastgeberverein – im Sechziger-Jahre-Look. Sie wurden ebenso gefeiert wie das Eintracht-Männerballett, dass den Höhepunkt zum Finale lieferte. Martina Siebenlist und Sonja Fröhlich hatten den Herren choreographisch Beine gemacht. Das WM-Fieber 2014 ließen musikalisch noch einmal die „Strahleselsänger“ unter Leitung von Steffi Marx Revue passieren. Mit Akrobatik brachten „Eichhornellis“ Farbe ins Programm. Die Topturner der Familie Eichhorn verdienten sich großen Beifall. Die Choreographie stammte von Carmen Eichhorn. Die hatte auch als Trainerin eine Tanzgruppe des TV Erlenbach mit einer Schlumpf-Darbietung zur Bühnenreife gebracht. „Die Show-Elemente hat mein Nachbar Andreas Eichhorn bei mir abgeguckt“, witzelte Sitzungspräsident Helmut Neurohr mit Blick auf den Riegen-Chef der „Eichhornellis“. „Solche Figuren mache ich immer beim Rasenmähen.“ Neurohr führte schlagfertig und souverän durch das Programm. Bedauerlich war nur, dass Tanja Daudermann und Walter Rupprecht (KVK) krankheitsbedingt hatten passen müssen. Die waren als Stimmungsgaranten in der Bütt’ fest eingeplant. Schade. Aber ein Rede-Ass konnten die Eintrachtler kurz vorm Finale noch ziehen: Ralf Emrich – dieser ewig „Lärisch“, von Schicksal und Ehefrau gebeutelte und stets schlecht gelaunte Miesepeter vom Vollmar’schen Männerchor – jammerte mal wieder in Topform. Emrichs Güte ist hinlänglich bekannt. Ein anderer Name allerdings war keinem noch so eingeweihten Fastnachter ein Begriff. Bis Samstag. Na, da ging ja ein Stern auf: Stellt sich doch eine Elfjährige einfach so auf die Bühne und plaudert frech und unbekümmert los, dass es eine Freude ist. Anna Siedow heißt die junge Dame, deren Name man sich merken muss. Einige noch so alte Hasen klammern sich aus Nervosität ja gern an Manuskript oder zumindest Stichwortzettel fest. Anna Siedow hatte nichts – außer einer mehr als fünf Meter entfernt kauernden Souffleuse, die sie praktisch gar nicht brauchte. Und: Sie hatte Rückendeckung, der sie zum „Dank“ ein ums andere Mal pointiert eins überbriet. Hinter ihr im Elferrat war Eintracht-Vorsitzender Norbert Siedow wohl nervöser als die Debütantin selbst. Siedow ist promovierter Mathematiker. Ob er aber mit diesem Erfolg seiner mit Raketen gefeierten Tochter hat rechnen können? (cha)

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