Kaiserslautern Nicht nur Heinrich Böll

Tief im Westen, da liegt Achill Island. Einst kraxelte Heinrich Böll über die Klippen, ließ sich mit seiner geliebten Baskenmütze fotografieren und schuf ein Werk, das wohl kaum ein Irland-Tourist nicht kennt: das „Irische Tagebuch“. Gelesen haben es fast alle, aber wer hat Heinrich Böll noch im Ohr? Mit unverkennbar rheinländischem Singsang ist Böll in einer historischen Aufnahme vor Publikum zu hören. So erklärt er, warum die Iren selten mit ihrem Schicksal hadern, denn „es hätte ja alles noch viel schlimmer kommen können“. Es ist dem Goethe-Institut Dublin zu verdanken, dass diese Aufnahme Bestandteil einer umfangreichen App für Smartphones und Tablets geworden ist, die jetzt in Berlin vorgestellt wurde. In der Reihe „Deutsche Spuren“ illustriert das elektronische Programm in Text, Bild und Ton deutsch-irische Verbindungen, über die selbst kundige Irland-Touristen überrascht sein dürften. Vielleicht ist dem einen oder anderen geläufig, dass die schöne Lola Montez, einst Geliebte des 35 Jahre älteren Bayern-Königs Ludwig, aus dem Örtchen Grange bei Sligo stammt. Nachhilfe ist aber spätestens nötig, wenn es um das Leben des Friedrich von Schönberg aus Heidelberg geht. Er war eine Schlüsselfigur der schicksalhaften Schlacht am Boyne-Fluss im Jahr 1690, wo er die Truppen des am Ende siegreichen Protestanten Wilhelm von Oranien anführte – und das mit dem Leben bezahlte. Man muss aber nicht so tief in die Vergangenheit hinabsteigen, um auf deutsche Spuren in Irland zu stoßen. Friedrich Engels, einer der geistigen Väter des Kommunismus, verbrachte viele Jahre seines Lebens mit der Irin Mary Burns. Die als „anmutig“ beschriebene Frau dürfte ihn davon überzeugt haben, dass die Iren doch nicht „auf der niedrigsten Stufe der Menschheit“ stehen, wie Engels anfangs glaubte. Anrührend ist die Aufarbeitung der „Operation Shamrock“, bei der nach dem Zweiten Weltkrieg 500 deutsche Kinder über das Rote Kreuz in Pflegefamilien untergebracht wurden. Sean Wallace, dessen Familie damals drei Kinder aufgenommen hat, erzählt, wie er Deutsch gelernt hat und regelmäßig nach Deutschland gereist ist, um seinen Pflegegeschwistern nahe zu bleiben. Auch die im frühen 18. Jahrhundert in der Nähe von Limerick heimisch gewordenen Pfälzer Auswanderer sind erwähnt. Noch heute bekannt ist das traditionelle irische Liebeslied „The Palatine’s Daughter“ („Des Pfälzers Tochter“). Ein Museum in Rathkeale hat diese faszinierende Geschichte dokumentiert. Autoren der App sind zwei Experten: Fintan O’Toole, Redakteur der „Irish Times“, und Ralf Sotscheck, Irland-Korrespondent der „taz“. Man habe sehr genau recherchiert und viel Material zusammengetragen, sagte Sotscheck, aber nicht alle Fälle seien dokumentiert worden. Dass Uwe Seeler 1978 zwei Fußballspiele für Cork Celtic in der ersten irischen Liga bestritten habe, sei zwar ein kurioser Fund, aber für „deutsche Spuren in Irland“ dann doch nicht bedeutend genug. Seeler schoss übrigens zwei Tore.

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