Kaiserslautern Künstlerisch frei und kreativ

Nicht nur der Glaube, auch Idealismus und Enthusiasmus scheinen Berge versetzen zu können. Das jedenfalls zeigt die Künstler-Biografie von Tobias Naumann, der seit Oktober 2008 an der Apostelkirche und andernorts herausragende Akzente setzt.

Tobias Naumann begann seine musikalische Laufbahn mit seinem zehnten Lebensjahr in Saarbrücken. Er bekam Klavierunterricht, verlebte dort seine Kindheit und begann hier nach der Mittleren Reife mit 18 Jahren ein Studium der Kirchenmusik, das er an der Saar mit der B-Prüfung und später in Frankfurt am Main mit dem A-Diplom abschloss. Von den Fächern wie künstlerisches und liturgisches Orgelspiel sowie Improvisation und Chorleitung profitiert der als Konzertorganist tätige Musiker noch heute in besonderem Maße. Ebenso erwarb er in den Nebenfächern wie Klavier, Gesang und den theoretischen Begleitfächern wie Harmonielehre, Kontrapunkt und Musikgeschichte weitere Grundlagen. Nach seinem Abschluss der kirchenmusikalischen Studien im Jahr 2002 schien er als 26-jähriger prädestiniert für eine hauptamtliche volle Stelle, die er auch prompt in Perl an der Mosel im Saar-Lor-Lux-Großraum fand und über fünf Jahre bis zum Jahr 2007 versah. Sein Aufgabengebiet erstreckte sich auf fünf Gemeinden, was für den aus der Saarmetropole stammenden Musiker Umstellungsprobleme und Abstriche bei seinen künstlerischen Vorstellungen mit sich brachte. Durch seine damalige Ehefrau − die als Logopädin hier arbeitete − kam Naumann schließlich von Saar und Mosel an die Lauter. Jung verheiratet und mit einem Kleinkind, da konnte und wollte der bodenständige Musiker nicht die Fühler nach vakanten Stellen in weiten Teilen der Republik ausstrecken. 2007 konvertierte der geborene Katholik aus innerer Überzeugung zum Protestantismus und begann ab 2008 an der Apostelkirche eine außergewöhnliche Konzerttätigkeit mit regelmäßigen Orgelkonzerten zum Monatsanfang, jeweils am ersten Samstag und mit ständig wechselnden, neuen und kreativen Programmen. Besonders seine Zyklen − etwa das komplette Œuvre des Bach-Schülers Krebs − sorgten für Furore. Aber auch seine oftmals themengebundenen und musikwissenschaftlich fundierten Programme mit chronologischen Entwicklungen oder Gattungsvergleichen zeigten interessante stilistische Entwicklungen auf. Interessante und selbst in der weiteren Region nur sehr selten zu hörende Projekte beinhalteten beispielsweise die Kombination aus Kirchenorgel und elektronisch-experimenteller Musik. Kompositionen für Orgel zu vier Händen (und Füßen) sowie die Kombination mit Oboe, Singstimme und Cembalo machten bislang den Reiz dieser Konzertreihe aus. Daneben baute sich Tobias Naumann in seinem Netzwerk Kontakte zu anderen Kirchengemeinden auf und konzertierte in anderen Orten des Landkreises sowie weiterhin in seiner saarländischen Heimat und in Frankreich. Die nächsten Konzertvorhaben werden den 38-jährigen Organisten nach Norddeutschland, Köln und Speyer führen. Einerseits erweitert Naumann stetig sein Repertoire, andererseits nutzt er seine Repertoiresäulen jetzt auch für überregionale Konzerte. Bemerkenswert ist, dass er nicht den beruflichen Weg über die evangelische Landeskirche und so die Absicherung und Sicherheit etwa einer Bezirkskantorenstelle anstrebt. Stattdessen hat die Stelle an der Apostelkirche einen nebenamtlichen Charakter, wird von der Kirchengemeinde selbst getragen und unterliegt nicht dem Rahmen des Stellenplans der evangelischen Landeskirche. Umso mehr ist Naumanns Kreativität in der Selbstvermarktung gefragt, wenn er bei vielen Projekten in Stadt und Landkreis Kaiserslautern wie der „Langen Nacht der Kultur“ oder der „Nacht der Kirchen“ mitwirkt; so zuletzt beim Exodusprojekt der Stadtmission, wo er als Pianist fungierte. Die öffentliche Diskussion um die Neubewertung und -organisation der hauptamtlichen Kirchenmusikerstellen bestätigt Naumanns Auffassung, dass ihm seine künstlerische und persönliche Freiheit wichtiger ist als Absicherung. So kann er sich hier in der Kirchengemeinde ständig neu erfinden und seine Aufgaben − konzertant oder pädagogisch − nach Bedarf festlegen: Da spielt er im Altenheim Schlager- und Operettenmelodien, oder baut die Schola mit gregorianischen Gesängen auf oder er geht auf Motivjagd für seine Fotoausstellungen zu religiösen Themen in der Kirchenkapelle. Letztlich fungiert der umtriebige und rührige Kirchenmusiker durch die Vielfalt seiner Aufgaben und Ideen als Mutmacher für alle freiberuflich Tätigen, die von existenziellen Sorgen heimgesucht werden.

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