Kaiserslautern „Ich setze meine Hoffnung auf die Kinder“

Samaa Hijazi
Samaa Hijazi

«Ramstein-Miesenbach.»„Ich komme aus Syrien“ heißt das Buch, das Samaa Hijazi geschrieben hat und aus dem sie am Freitag, 26. Januar, im Jugendbüro Ramstein-Miesenbach vorlesen wird. Im Gespräch mit Redakteurin Pola Schlipf berichtet die 24-Jährige, warum das Buch entstanden ist, welche Pläne sie für ihre Zukunft hat und welche Bedeutung das Jugendbüro für sie hat.

Frau Hijazi, Sie haben ein Buch über Syrien geschrieben. Worum geht es darin?

Ich selbst bin Jordanierin, habe aber mein ganzes Leben in Syrien verbracht. Das Buch ist eine Sammlung von kurzen Geschichten, die von Leuten in Syrien erzählen. Ich habe das Buch geschrieben, weil ich gemerkt habe, dass die Leute hier wenig Ahnung vom Leben in Syrien haben, von der Kultur und der Sprache, aber auch von den Gründen für die Flucht. Der Grund für die Flucht ist doch wohl fast immer der Krieg, oder? Ja, genau, und nicht Armut oder Hunger. Die meisten wissen leider nicht, dass Syrien vor dem Krieg ein sehr gut entwickeltes Land war. Ich bin ein stolzer Mensch und finde Fragen wie „Wohnt Ihr eigentlich in Häusern?“ verletzend. Deshalb ist es mir wichtig, dass die Leser des Buches einen Eindruck vom Leben in Syrien bekommen und dass das Buch politisch ganz neutral bleibt. Fehler und Gutes gibt es auf beiden Seiten. Ich hoffe, dass die Menschen bald zur Ruhe kommen können. Haben Sie denn die Hoffnung, dass der Krieg in Syrien bald zu Ende geht? Ich bin sehr stark für den Frieden. Aber ob ich Hoffnung habe? Ich weiß nicht, ob sich überhaupt etwas verändert hat. Ich selbst möchte etwas dafür tun, damit dieses wunderschöne Land wieder stark wird und habe deshalb selbst ein Projekt mit Freunden ins Leben gerufen, das heißt „Schulgeld für Kinder“. Wir sammeln Geld und schicken es Familien in Syrien, damit diese ihre Kinder in die Schule schicken können. Was die Kinder im Krieg ertragen, ist fürchterlich. Sie sollen durch unser Projekt zumindest ein wenig ein normales Leben führen können. Darauf setze ich meine ganze Hoffnung, auf die Kinder. Sie selbst sind nicht geflüchtet, sondern mit einem Visum nach Deutschland eingereist. Wie ist es dazu gekommen? Das ist eine sehr lange Geschichte. Ich hatte Medizin studiert in Syrien, aber nicht bis zum Ende. Denn als Nicht-Syrerin musste ich für das Studium bezahlen, 5000 Dollar im Jahr, was sich meine Familie aber nicht leisten konnte. Im ersten Jahr bekam ich das Geld voll bezahlt, weil ich das beste Abitur im Land gemacht hatte, im zweiten Studienjahr war es dann noch die Hälfte, für das dritte Jahr hätte es kein Stipendium mehr gegeben. Es gab bei uns an der Uni eine Art Deutschlandfieber, ich kann Ihnen nicht erklären, warum, aber es war so. Da habe ich gedacht, ich probiere es auch mal, zumal wir als Jordanier in Syrien nicht mehr sicher waren. Sie sind dann nach Jordanien gefahren und haben am Goethe-Institut Deutsch gelernt. Ein Stipendium ermöglichte Ihnen danach die Reise nach Mannheim, wo sie nochmals einen Sprachkurs belegten. Wie ging es anschließend weiter? Ich musste nach Ablauf meines Visums wieder zurück nach Syrien, hatte aber ein Visum für ein Studium beantragt. Das wurde genehmigt, ich war zunächst für ein Chemiestudium zugelassen. Für meine Familie war das eine heftige Entscheidung, ihre kleine Tochter alleine ins Ausland gehen zu lassen. In Deutschland wohnte ich die ersten fünf Monate in Hütschenhausen bei Verwandten meiner Mutter. Dort hatte ich auch Kontakt zum Jugendbüro Ramstein. Ich bin diesen Leuten und der Stadt dankbar bis zum Ende meines Lebens. Sie haben mir bei allem sehr geholfen und machen ihre Arbeit sehr gut. Es ist der perfekte Ort, um anzukommen. Ich habe mich gefühlt, als würde ich nach Hause kommen. Mittlerweile studieren Sie im siebten Semester Medizin in Berlin. Wo gefällt es Ihnen besser: in der großen Stadt oder auf dem Land? Definitiv auf dem Land. Es gibt irgendwie einen Zauber im Süden, das ist ganz anders als in Berlin. In Hütschenhausen habe ich nur fünf Monate gelebt, aber ich kenne dort viel mehr Leute als hier in Berlin. Allerdings ist Heidelberg meine Lieblingsstadt in Deutschland. Mein Traum ist es, dort vielleicht einmal als Ärztin hinzuziehen. Wo sehen Sie insgesamt Ihre Zukunft? Das ist immer die erste Frage nach „Wie heißt Du?“: „Willst Du in Deutschland bleiben?“. Ich werde da bleiben, wo ich am meisten helfen kann. Mittlerweile kann ich mich sehr gut mit Deutschland identifizieren, ich fühle mich sehr deutsch inzwischen. Aber ich habe die Verpflichtung für meine Leute und auch die Liebe zu ihnen, deshalb kann ich mir vorstellen, in beiden Ländern zu arbeiten. Irgendwann will ich aber die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen, denn leider ist es nun mal so, dass man als Deutscher viel mehr beeinflussen kann in der Welt als als Syrer oder Jordanier. Und ich möchte ja etwas verändern. Termin —Samaa Hijazi liest am Freitag, 26. Januar, um 18 Uhr im Jugendbüro Ramstein-Miesenbach aus ihrem Buch „Ich komme aus Syrien“ vor. Yuonan Odicho macht dazu orientalische Musik. —Aus organisatorischen Gründen wird um eine kurze Anmeldung gebeten. Das Jugendbüro ist telefonisch unter der Nummer 06371/466742 oder per E-Mail an vg.jugendbuero@t-online.de erreichbar.

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