Kaiserslautern Die Musikbranche macht auf heile Welt

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Kendrick Lamar und Taylor Swift zählen zu den großen Gewinnern der Grammy-Nacht. Doch bei der Gala in Los Angeles wurde auch kürzlich verstorbener Musik-Stars gedacht. Leider leer ausgegangen ist der Neustadter Pianist Joseph Moog, der für seine Aufnahme der Klavierkonzerte von Grieg und Moszkowski nominiert war, bei der er von der Deutschen Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern begleitet wurde.

Donald Trump interessiert sich nicht sonderlich für Pop, jedenfalls blieb der Präsidentschaftskandidat, dessen Twitter-Account ansonsten von ihm höchstpersönlich rastlos gefüttert wird, am Montagabend seltsam still. Zur Verleihung der Grammy Awards hatte Trump nichts zu sagen. Dabei hätte es dort einiges gegeben, über das Trump sich zweifellos aufgeregt hätte. Political Correctness ist eines der vielen Reizthemen des dauerventilierenden New Yorkers und davon gab es bei den Grammys reichlich. Die Akademie der Tonindustrie war ganz offensichtlich darum bemüht, sich nicht wie die Kollegen der Filmbranche Verkrustung, Rassismus und Sexismus vorwerfen zu lassen. So war der Auftritt von Kendrick Lamar eine unverblümte Anklage des institutionellen Rassismus in den USA. Der Rapper und seine Crew schleppten sich beim Vortrag des Songs „To Pimp a Butterfly“in Häftlingsuniformen und Ketten auf die Bühne und unterstrichen somit in grellen Farben die Kontinuität zwischen dem Sklavenregime der USA vor 1860 und dem heutigen System. Lamar nahm insgesamt fünf Preise mit, ein deutliches Zeichen von Seiten der Akademie. Einer der wichtigsten Preise ging an das Duo Bruno Mars und Mark Ronson für „Uptown Funk“, das als Platte des Jahres ausgezeichnet wurde. Mars ist Latino und die Tanznummer, vom Briten Mark Ronson arrangiert, hat einen deutlich schwarzen Touch. So weit so bunt. Und dennoch blieb am Ende der Nacht ein Beigeschmack. Die Top-Trophäe für das beste Album sackte nämlich nicht der rebellische Rapper Lamar ein, sondern die brave Country-Sängerin Taylor Swift. Die 26-Jährige aus einem gut bürgerlichen Haushalt in Pennsylvania hat ein blitzsauberes Image und ist eine der erfolgreichsten Künstlerinnen aller Zeiten. Und so war ihre Auszeichnung letztlich dann doch ein Votum für den Mainstream. Natürlich ist Swift sich bewusst, was sie repräsentiert. Ihre Dauerfehde mit Kanye West, der sie bei vergangenen Grammy-Feiern von der Bühne gerüpelt hatte, drehte sich letztlich genau darum, dass ihre Kunst vorhersehbar und massentauglich ist. Deshalb griff sie in ihrer Dankesrede gleich ihren Kritiker an, betonte, dass sie als Frau schließlich auch eine unterdrückte Minderheit repräsentiere und stichelte gegen West, indem sie dazu aufrief, sich niemals von Leuten vom Weg abbringen zu lassen, die einem die Früchte der harten Arbeit nicht gönnen wollen. Es blieb der einzige angespannte Augenblick des Abends. Ansonsten herrschte herzliche Harmonie, nicht zuletzt erzeugt durch eine ganze Reihe herzerwärmender Tribute an lebende und verstorbene Ikonen der Branche. Da huldigte Lady Gaga David Bowie, BB King und Lionel Ritchie wurden geehrt, Stevie Wonder verneigte sich rührend vor Earth, Wind and Fire-Gründer Micah White. Am Ende sah man gar, wie Taylor Swift Kendrick Lamar ein kollegiales Küsschen auf die Wange hauchte.

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