Kaiserslautern Der Mensch ist unbelehrbar

Bearbeitet Büsten historischer Persönlichkeiten am Computer: Bernd Decker.
Bearbeitet Büsten historischer Persönlichkeiten am Computer: Bernd Decker.

Die jüngste und für dieses Jahr letzte Ausstellung im ehemaligen Wirtschaftsraum des Unterhammers ist mit „Abbild und Gleichnis“ betitelt und zeigt Arbeiten des westpfälzischen Bildhauers, Filmemachers, Objekt- und Installationskünstlers Bernd Decker. Nach einer längeren Öffentlichkeitsabstinenz kündigt er „Blicke zurück“ an: Abbilder historischer Machtpersönlichkeiten und Gleichnisse aus dem eigenen Oeuvre. Eine Annäherung.

Einmal mehr vermittelt Kuratorin Claudia Gross, wie mannigfaltig Begegnungen im Unterhammer mit Bildender Kunst ausfallen können. Da dominiert spontan die Nichtfarbe Schwarz, danach die mittel- und kleinformatigen Bilderreihen und letztlich das Annähern an Mach- und Lesart. Soweit präsentiert sich das äußere, nicht zu unterschätzende Szenario. Führt es uns Betrachter und Bilderleser doch mehr oder weniger direkt zu Inhalt und Aussage, zu Geschichte oder Legende. Becker denkt und lenkt seine Kunst von der Ausgangsposition des Bildhauers und Geschichtsexperten her. Letztendlich entscheidend ist jedoch, was er wie künstlerisch positioniert. Und das kann - wie im aktuellen Beispiel – die moderne Technik sein. Sie ist oft genug ein ausschlaggebendes Merkmal zeitgenössischer Kunst und in diesem Fall die Digitalisierung. Es war ein 3-D-Drucker, der den Bildhauer animierte dreidimensionale Werke als Ausgangsform zu wählen. Es sollten Abbilder historisch namhafter Personen sein. So reifte Beckers Idee nach und nach bis hin zu Büsten von Menschen in Machtzentren. Die Wahl fiel etwa auf Augustus (31 vor Christus bis 14 danach), Nofretete (1351 bis 1328 vor Christus) oder Medici (1449 bis 1492 nach Christus). Modelle dieser und anderer Persönlichkeiten können als Replikat über die Gipsformerei der Staatlichen Museen Berlins erworben werden. Das Scannen und Bearbeiten unternahm Decker mit einem manuell betätigten Infrarotscanner, der bewusst so geführt werde, dass ein unvollständiger Scan in unterschiedlicher Form und Geschlossenheit entsteht. Die digitale Hülle eröffne, so Decker, skizzenhaftes Zeichnen sowie Transparenz zugunsten positiven und negativen Überschneidens. Dem daraus entstandenen Film (in der Ausstellung zu sehen) entnahm Decker einzelne Standbilder und bearbeitete sie vor allem farblich am Computer nach. Als Quintessenz seiner historischen Abbild-Serie greift der 55-jährige gebürtige Kuseler die Erkenntnis auf, dass der Mensch zu keiner Zeit aus der Geschichte lerne. „Gerade heute erinnern gesellschaftliche und politische Spaltung und Zerrissenheit an bereits Dagewesenes. Sie passieren dennoch“, gibt der Künstler zu bedenken. Die Gleichnis-Serie dagegen ist jung und mit philosophischem Gedankengut aufgeladen. Sie beinhaltet 13 Motive mit derselben Schwarz-Weiß-Fotografie eines Aufzuges. Darauf übertrug Decker jeweils einen Wortbegriff und eine dingliche Zeichnung per Folie. Beispielsweise steht im Motivraum „Treffpunkt“ am Boden eine Toilettenschüssel. Hintergrund dieser Wortreihe mit „Schutt“, „Haut“ oder „Mutter“ aus dem Jahr 1998 ist Platons Höhlengleichnis. Es geht darum, zweideutige oder bezuglose Begriffe bestimmten Alltagsdingen zuzuordnen und so auf der visuellen Wahrnehmungsebene erlernte Zugehörigkeiten in Frage zu stellen. Das gelingt und hinterlasst den Betrachter mal amüsiert, stutzend oder kopfschüttelnd. Fazit: Bernd Decker lädt mit seinen epochalen, ästhetisch komponierten Wissensbezügen ein neues Denken und Verstehen zu erproben. Eine spannende Sache, die neugierig auf Geschichte im Kontext Kunst macht. Ausstellung „Abbild und Gleichnis“ mit Arbeiten von Bernd Decker ist noch bis 16. Dezember im Café Unterhammer, Karlstal zu sehen, Öffnungszeiten täglich von 12 bis 18 Uhr.

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