Kaiserslautern Der Mann mit dem Bademantel

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„Ich bin es leid, in meinem Alter gefragt zu werden, ob ich mich noch verlieben könnte oder wie es ganz allgemein um mein Liebesleben bestellt ist. Ich bin Musiker und als solcher möchte ich auch wahrgenommen werden.“ Heute feiert Udo Jürgens seinen 80. Geburtstag. In seinem Privatleben mag so einiges auf und ab gegangen sein, als Musiker jedoch hat er von Beginn an einen geradlinigen Weg eingeschlagen.

Udo Jürgens ist sicher kein klassischer Schlagersänger, dafür ist sein musikalisches Werk viel zu umfangreich. Über 1000 Songs, Chansons und Lieder auf mehr als 50 Alben hat er bisher veröffentlicht. Und selbst mit 80 Jahren sitzt der Sänger, Entertainer, Komponist und Schauspieler Udo Jürgens immer noch auf der Bühne am gläsernen Flügel – und gibt seine Zugaben im weißen Bademantel auf Du und Du mit den Fans, denen er trotz perfekt inszenierter Shows das Gefühl vermittelt, für jeden einzelnen allein zu singen. Sein Talent und seine Leidenschaft für die Musik und das Komponieren hat Udo Jürgens bereits in jungen Jahren entdeckt. Geboren wurde er 1934 als Jürgen Udo Bockelmann im österreichischen Klagenfurt in eine umtriebige Familie aus Künstlern, Politikern und Geschäftsleuten. Einer seiner Onkel mütterlicherseits war beispielsweise der Dadaist Hans Arp. 1939 schenkten seine Eltern ihm sein erstes Musikinstrument: eine Mundharmonika, auf der der kleine Jürgen Udo vor allem Volkslieder anstimmte. Drei Jahre später bekam er ein Akkordeon. Wohin die Richtung gehen sollte, war da schon klar. Der Beruf des Musikers war das Ziel. Dafür schrieb er sich 1948 für ein Musikstudium am Konservatorium Klagenfurt ein. Bereits vor 65 Jahren, also mit 15, schrieb er seine ersten Lieder. Mit 25 war er Mitglied der deutschen Sieger-Equipe beim Schlagerfestival in Knokke und schrieb für Shirley Bassey den Welthit „Reach For The Stars“. Für Frank Sinatra komponierte er „If I Never Sing Another Song“, den dieser allerdings wegen einer Karrierepause an Sammy Davis jr. abtrat. Gerade die englischen Titel waren es, die dem Namen des Komponisten Udo Jürgens dank der Interpretation berühmter Sänger wie Shirley Bassey, Sarah Vaughan, Matt Monro, Bing Crosby zu weltweitem Ruhm und Anerkennung verhalfen. Und in Deutschland kannte in den 60er und 70er Jahren selbst jeder Rockfan Lieder wie „17 Jahr, blondes Haar“, „Mercy, Cherie“, „Sag mir wie“, „Immer wieder geht die Sonne auf“, „Aber bitte mit Sahne“ oder „Griechischer Wein“, liefen sie doch in der Vor-Formatradio-Zeit in den Hitparaden zwischen den Rolling Stones und den Beatles über die Sender. So verwundert es nicht, dass Udo Jürgens vor 45 Jahren bei einer repräsentativen Meinungsumfrage nach Robert und John F. Kennedy den dritten Platz unter den Idolen der deutschen Jugend belegte. Vor 35 Jahren schaffte es Udo Jürgens mit einem Bekanntheitsgrad von 95 Prozent in Deutschland auf Platz eins vor allen anderen in- und ausländischen Sängern und Musikern. Er war der in den Radios meistgespielte deutschsprachige Künstler. 1989 erlebte der überzeugte Europäer nach seinem Konzert am Brandenburger Tor den Fall der Mauer und lieferte im Folgejahr mit seinem Song „Sempre Roma“ den Soundtrack zum Weltmeistertitel der Deutschen Fußball-Nationalelf. Vor 15 Jahren gründete er seine eigene Stiftung zur Unterstützung von Kindern und Waisen und beteiligte sich am legendären Benefizkonzert „Michael Jackson & Friends“. Im Folgejahr gab er im Internet eines der ersten Live-Konzerte im Netz überhaupt und startete zur Jubiläumstournee „Mit 66 Jahren“. Auch das Musical „Ich war noch niemals in New York“ erfreut sich seit dem Start im Jahr 2007 bis heute eines ungebrochenen Zuschauerinteresses. Im Jahr 2009, also fast eine Dekade nach seinem symbolhaften 66. Geburtstag, stand Udo Jürgens am Höhepunkt seiner erfolgreichen Karriere – nie zuvor und auch später nicht mehr waren seine Konzerte so gut besucht. Nach all den Jahren im unberechenbaren Unterhaltungsgeschäft ist Udo Jürgens mit sich im Reinen: „Ich lasse heute die Dinge ohne Absicht, spontan und ohne inneren Zwang entstehen. Deshalb bin ich wohl auch eine Spur authentischer geworden. Früher war ich sicherlich noch mehr Taktiker, heute höre ich viel mehr in mich hinein.“ Was Udo Jürgens umtreibt und antreibt, ist die Arbeit am Klavier und auf der Bühne, und so wird er auch mit 80 wieder auf Tournee gehen – mit Konzerten unter anderem am 12. November in Mannheim und am 11. März in Saarbrücken.

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