Kaiserslautern Blick in die Tiefe

Ein Stück, das 2012 den Pfalzpreis für Musik erhielt, gab jetzt den Auftakt zum letzten Sinfoniekonzert der Saison in der Kaiserslauterer Fruchthalle: „Recherche sur le fond“ (Suche nach dem Grundsätzlichen) der in Landau geborenen, in Berlin lebenden Komponistin Charlotte Seither.

Mit der vielfach ausgezeichneten Tonsetzerin war kulturelle Prominenz in der Fruchthalle zu begrüßen. Bei „Recherche sur le fond“, ihrem 2011 in Mönchengladbach uraufgeführten Orchesterwerk, handelt es sich um Avantgarde in Reinkultur, um die Erforschung vielschichtiger, auch entlegener Facetten des Klangs unter Einsatz eines weitgefächerten Repertoires unkonventioneller Möglichkeiten der Tonerzeugung. Die tiefen Register herrschen vor; auch zeigen die Bewegungen mit Vorliebe absteigende Tendenz. Ein bevorzugtes Mittel stellt das Glissando (kontinuierlich gleitende Veränderung der Tonhöhe) dar. So werden die Töne über relativ lange Strecken mehr angeschliffen als angesetzt. Haltetöne sind häufig, wobei leichte, kaum merkbare Bewegungen innerhalb der statischen Flächen entfernte Assoziationen mit György Ligetis Mikropolyphonie wecken mögen. Hinzu kommen gewaltige Blechbläserstöße, Schlagzeuggewitter und Instrumentalaufschreie. Denen stehen stille Ruhepunkte gegenüber. Seithers Komposition ist klug konzipiert, kunstfertig geformt, zeugt von verfeinertem Klangsinn und fesselt durch atmosphärische Dichte. Ohne Einschränkung angemessene Aufführung erfuhr „Recherche sur le fond“ durch das Pfalztheater-Orchester unter Uwe Sandners umsichtiger Leitung. Mit Nachdruck profilierten sich anschließend Dirigent und Orchester bei Werken von Mendelssohn und Schostakowitsch. So erklang dessen früher Geniestreich, das Konzert für Klavier, Trompete und Streicher, in brillanter Darstellung. Dem Esprit des jungen Schostakowitsch, seiner übermütigen Satire, dem parodistischen Spiel mit Elementen der Trivialmusik, darunter sentimentalen Music-Hall-Motiven und strammen Marschklängen, wurden Sandner und die Musiker mit augenzwinkerndem Humor gerecht. Von exquisiter Wirkung waren andererseits die subtilen Piano-Töne des langsamen zweiten Satzes. Um das Glück perfekt zu machen, warteten die Solisten mit Glanzleistungen Die litauische Pianistin Sandra Urba begeisterte durch ihre Gestalterische Eleganz, Sensibilität und Virtuosität. Auch Philipp Bölcks geschmeidiger Trompetenton verfehlte nicht die Wirkung. Was für die Zugabe, den Walzer aus Schostakowitschs zweiter Jazzsuite, ebenso galt. Schließlich Mendelssohns „Italienische“ Sinfonie. Als Fazit der Wiedergabe drängt sich „im Prinzip: ja“ auf. Gleich der mitreißende, elementare Aufschwung des ersten Einsatzes zog die Zuhörer unwiderstehlich in seinen Bann, doch übertönten die Bläser die Streicher oft.

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