Kaiserslautern Baustelle Museum

Rückblickend am wichtigsten ist Harald Siebenmorgen dies: „Es entgegen allen Trends geschafft zu haben, ein Haus mit ständigen Ausstellungen und 15 Abteilungen zu erhalten und neu zu konzipieren.“ Sieben Monate vor dem vorgeschriebenen Termin zieht er sich von der Museumsleitung zurück. Das hat auch mit dem 2015 anstehenden Jubiläum – 300 Jahre Karlsruhe – und der damit verbundenen Landesausstellung über den Stadtgründer Karl Wilhelm von Baden-Durlach zu tun. Der Nachfolger Eckart Köhne kann sich so rechtzeitig einarbeiten. Siebenmorgen, im Oktober 1949 in Koblenz geboren, hat Kunstgeschichte, Germanistik, Archäologie und Soziologie studiert. Seine Dissertation, für die er zwei Jahre als Gast im Kloster Beuron verbrachte, hatte die „Beuroner Kunstschule“ und deren wegweisende Rolle für die Kunst der Moderne zum Thema. Danach war er an Museen in Mannheim und Braunschweig tätig, ehe er ab 1986 Direktor des Hällisch-Fränkischen Museums in Schwäbisch Hall und dann in Personalunion auch Leiter der dortigen Städtischen Galerie wurde. 1992 folgte der Wechsel ins Karlsruher Schloss. Der Pfeifenraucher mit einer gewissen Neigung zu weit ausholenden, aber immer interessanten Erläuterungen, meint rückblickend, es habe ihn beim Start in Karlsruhe „erst einmal ein bisschen geschüttelt“. In Schwäbisch Hall sei er den ständigen direkten Kontakt mit Besuchern gewohnt gewesen. Hier hingegen „verstand man sich eher als eine Art Hoheitsbehörde, in der vor allem der Kauf von Neuerwerbungen Bedeutung hatte.“ Ein dann entstandener Finanzdruck sei heilsam gewesen, denn „das Museum war nun gezwungen, die Besucher zu entdecken.“ Es habe sich zudem gezeigt, dass das Museum als „Lernort“ und „Wissenshort“ mit neuen Medien konkurrieren musste. Vor dem Hintergrund des Stichworts „Partizipation“ sei der Anspruch der „Deutungshoheit“ zwar weiter wichtig, man dürfe aber nicht „mit wissenschaftlichen Begriffen Objekte totschlagen“. Besonders wichtig war Siebenmorgen auch immer, auf den zu allen Zeiten stattgefundenen Kulturtransfer aufmerksam zu machen. Jüngste Beispiele: die kürzlich zu Ende gegangene Schau „Imperium der Götter“ und die aktuelle, für Konstanz konzipierte Ausstellung „Weltereignis des Mittelalters – das Konstanzer Konzil 1414-1418“. Interkulturelle Arbeit sei für Museen eine Zukunftschance. Sorge bereitet ihm, dass die Kosten für Sonderausstellungen immer weiter steigen, da die Leihgeber immer höhere Anforderungen an Transport und Unterbringung der Exponate stellten. So kämen für ein einzelnes Objekt schon mal 25.000 Euro zusammen. Und er beklagt eine Überregulierung im Arbeits- und Vertragsrecht. Bei der Auftragsvergabe für einen Transport, die europaweit auszuschreiben ist, „braucht man einen Rechtsanwalt“, und auch „zehnseitige Vorschriften zum Aufhängen einer Sicherheitskamera“ machten keine Freude. Dagegen betrachtet er die 2003 – als Pilotprojekt für Baden-Württemberg – erfolgte Umwandlung des Museums in einen eigenständigen Landesbetrieb als Segen. Der ermöglichte fortan unternehmerische Führung, ein höheres Maß an Flexibilität bei Planung und Mittelverwendung sowie eine deutliche Besucherorientiertheit, „ohne allerdings ein reiner nachfrageorientierter Dienstleistungsbetrieb sein zu wollen“. Der Tatsache, dass im, am und vor dem Schloss ständig irgendetwas umgebaut werden musste, hat er sich mit wachsendem Fatalismus gefügt: „Ich habe 30 Jahre meines Lebens in Baustellen gehaust, es war immer mehr oder weniger ein Provisorium.“ Sein Nachfolger kann sich gleich weiter damit abplagen. Und künftig? „Auch im Ruhestand werde ich noch genug zu tun haben“, hält er fest. Am Bodensee hat er eine Wohnung, die in Karlsruhe wird er – zu viele Bücher! – beibehalten, die Schwarzwaldbahn als Verbindungslinie nutzend. Nancy, wo Ehefrau Elisabeth Schraut das Goethe-Institut leitet, ist ein weiterer Bezugspunkt. Und dann wird auch Tunesien immer wieder rufen, wo er seit Langem gute Freunde hat. Und er wünscht sich, dass das Museum auch künftig über das reine Bewahren und Sammeln hinaus Kulturvermittler sein kann, ohne angesichts einer zunehmenden Kommerzialisierung des Ausstellungsbetriebs zu sehr „auf das besondere Event gepolt“ zu werden. Eckart Köhne nimmt ein neues und hochkarätiges Ehrenamt mit von Speyer nach Karlsruhe: Seit Kurzem ist der 47-Jährige Präsident des Deutschen Museumsbunds. Seine Kollegen wählten ihn bei ihrer Jahrestagung in Mainz für die nächsten vier Jahre. Entsprechend flüssig gehen Köhne auf die Frage nach Unterschieden zwischen alter und neuer Wirkungsstätte Sätze wie dieser über die Lippen: „Es gibt bessere und schlechtere Ausstellungen, aber nicht bessere und schlechtere Museen.“ Der gebürtige Karlsruher studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Christliche Archäologie in Bonn und Heidelberg. 1996 promovierte er zum Thema „Die Dioskuren in der griechischen Kunst“. Von 2001 bis 2003 betreute er als Referent für Museumsberatung des Museumsverbands Rheinland-Pfalz die rund 430 nichtstaatlichen Museen des Landes. Als Projektleiter verantwortete Köhne ab 2004 die Planung und Organisation der Landesausstellung „Konstantin der Große“ in Trier. Ab 2008 leitete er das dortige Rheinische Landesmuseum, seit 2011 das Historische Museum der Pfalz. Darauf angesprochen, dass seine Amtszeit in Speyer mit zweieinhalb Jahren viel kürzer ausgefallen ist als von allen erwartet, betont Köhne, er sei wegen seiner Verbundenheit mit der Region und der Wertschätzung für das Haus in die Pfalz gekommen – nicht, um Karriere zu machen. Die Chance, nach Karlsruhe zu seinen beruflichen Wurzeln zurückzukehren, sei nicht planbar gewesen. „Ich wäre zum Beispiel nicht nach Berlin gegangen“, sagt Köhne, ohne den Namen seines Speyerer Amtsvorgängers Alexander Koch zu nennen, der jetzt in der Bundeshauptstadt das Deutsche Historische Museum leitet. Am Haus, das er nun verlässt, lobt der künftige Ex-Speyerer das „nicht so riesige“ Team und die Projektplanung. Er spricht vom „professionellsten Museum“, das er bisher kennengelernt habe. Die Trägerschaft durch die Stiftung Historisches Museum gewährt laut Köhne relative Unabhängigkeit und Planungssicherheit. Sie ermöglichten erfolgreiche Ausstellungen, sagt Köhne. Er zählt dazu ausdrücklich die Wittelsbacher-Schau „Königreich Pfalz“ im vergangenen Jahr. Deren Publikumsresonanz sei für ein regionales Thema wirklich gut gewesen, versichert der Direktor und ergänzt: „Mir sind 40.000 zufriedene Pfälzer eine Menge wert.“ Die Schau sei im Übrigen wirtschaftlich gesund und solide gewesen, habe gar als Einzige in den vergangenen Jahren eine „schwarze Null“ geschrieben. Zudem habe sich „Königreich Pfalz“ als wichtiges Projekt für den Ausbau eines Netzwerks mit regionalen Museumskollegen erwiesen. „Überhaupt kein Flop, nur etwas anderes als vorher“, lautet Köhnes Fazit. Die noch bis 22. Juli laufende Schau „40 Jahre Playmobil“, die vor wenigen Tagen ihren 150.000. Besucher verzeichnete, ist für den Museumsdirektor „ein klassischer Fall, wie man auf Jugendliche zugeht“. Es sei sicherlich „keine Ausstellung fürs Feuilleton“, sagt Köhne. In Speyer soll, wie berichtet, im Dezember eine „Titanic“-Ausstellung folgen, für die die ursprünglich im kommenden Jahr angedachte Schau „Richard Löwenherz“ wohl verschoben werden muss. Nähere Informationen zur Zeitplanung will Köhne seinem Nachfolger Alexander Schubert überlassen, der Ende Juli sein Amt antreten wird. Auch eine Präsentation zur Speyerer Stadtgeschichte ist in der Mache. Nicht möglich gewesen sei es in der kurzen Amtszeit, in den Schausammlungen eine zusammenhängende Kulturgeschichte der Pfalz darzustellen. Ebenso sei die Sanierung des Museum-Erweiterungsbaus ein Erfordernis der nächsten Jahre, so Köhne. Dass heute nur noch zwei anstatt wie früher vier größere Ausstellungsprojekte pro Jahr machbar seien, sieht der 47-Jährige den gestiegenen Kosten geschuldet. Seine neue Wirkungsstätte in Karlsruhe zählt er – wie Speyer und die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen – zu jenen, die das Handwerk des Ausstellungsmachens beherrschen. Führend sei Speyer in der familienfreundlichen Gestaltung der Schauen. Andere müssten nachziehen – auch Karlsruhe unter seiner Leitung. Die Zukunft gehöre Museen mit Konzepten, in denen das Publikum sich an Schauen beteiligen könne. Der Präsident des Deutschen Museumsbunds formuliert es so: „Ein ständiger Wandel ist naturgegeben, die Museen sollten am Ball bleiben.“

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