Kaiserslautern Aufbruch hinter der Barockfassade

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Morgen ist Tag des offenen Denkmals. Gelegenheit nicht nur, um einige der rund 360 in ganz Rheinland-Pfalz geöffneten Denkmäler zu besichtigen. Auch Anlass, einmal in Mainz nachzufragen, was sich getan hat, seitdem Roswitha Kaiser im vergangenen Jahr die Leitung der unter dem Dach der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) angesiedelten Landesdenkmalpflege übernahm.

Eine Behörde voller Spezialisten, aber warum der eine für den Kreis Alzey-Worms und die Vulkaneifel, die andere „nur“ für den Rhein-Hunsrück-Kreis, wieder ein anderer für fünf Kreise und Städte zuständig war, wusste man nicht mehr so genau. Aber dass jeder und jede dieser Spezialisten für alles da waren und dabei nicht immer effizient gearbeitet wurde – besser gesagt: werden konnte – liegt auf der Hand. „Verzetteln in Kleinkram“, nennt das eine der Betroffenen. Hinter der Barockfassade des Erthaler Hofs am Mainzer Schillerplatz wird nun der Wandel geprobt, mit neuen Strukturen, veränderten inhaltlichen Schwerpunkten und einer verstärkten Öffnung nach außen. Nein, mehr Mitarbeiter gibt es ganz gewiss nicht in Zeiten knapper Kassen, weswegen „die in Mainz“ verstärkt auf die Unteren Denkmalschutzbehörden in den Städten und Landkreisen bauen. Wohl wissend, dass dort diese Aufgabe oft „nebenher“ erledigt wird. Aber es kommen aus Mainz ja auch Angebote: Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu bestimmten Themenkomplexen wie der Behandlung von Denkmalzonen oder Fragen der Fensterinstandsetzung etwa. Ein von Peter Karn geleitetes Referat Weiterbildung und Vermittlung hat diese Aufgabe übernommen. Langfristiges Ziel: einheitliche Standards im ganzen Land und kein individuelles „vor sich hin Brödeln“ mehr, wie es Ex-Kulturstaatssekretär Walter Schumacher die weit verbreitete Einzelkämpfer-Arbeitsweise in anderem Zusammenhang einmal bezeichnete. Verbesserungen bei der praktischen Denkmalpflege und Verstärkung der Bereiche Inventarisation, Restaurierung und Vermittlung waren die anvisierten Ziele. Gebietszuständigkeiten für die praktische Denkmalpflege gibt es immer noch, aber nicht mehr nach politischen Einheiten zugeordnet, sondern nach sieben Kernlandschaften, den Gebieten mit der höchsten Denkmaldichte im Land, die da wären: die Landeshauptstadt selbst; der Haardtrand und Speyer; das rechtsrheinische Welterbe Mittelrheintal mit Koblenz; Trier und die Obermosel; das Welterbe linksrheinisches Mittelrheintal; das untere Moseltal und das untere Mittelrheintal. Und was ist mit den nicht in diese Kernzonen fallenden Denkmälern? Da wird nach Problemlage und Kompetenz entschieden. Landeskonservatorin Kaiser selbst etwa ist derzeit mit dem auch städtebaulich komplexen Thema „ehemaliges Pfaff-Gelände“ in Kaiserslautern befasst. Wer der passende Ansprechpartner im Landesamt ist, wird in der Geschäftsstelle praktische Denkmalpflege entschieden, auch wenn es um Steuerfrage und Fördermöglichkeiten geht. Hilfe bei den immer umfangreicher werdenden Formularen bei Zuschussanträgen gehört ebenso dazu wie Fachberatung bei restauratorischen Fragen. Beratung von Denkmaleigentümern in allen Bereichen wollen die Mainzer Denkmalpfleger ausbauen. Nicht immer lässt sich dabei alles von den Experten als schutzwürdig Erachtete retten. „Denkmalpflege gegen den Eigentümer hat noch nie funktioniert und wird es auch nicht“, sagt Landeskonservatorin Kaiser. Kontakt mit den Bürgern und die Wirkung nach außen sind das eine. Die Anpassung an wirtschaftliche Gegebenheiten und ans digitale Zeitalter im Innern das andere. Auch die Landesdenkmalpflege ist kein unbewegliches Denkmal, sondern bewegt sich. Über 70 Jahre hinweg habe man im Haus Wissen angesammelt, in verschiedenen Abteilungen: Es in einer zentralen Datenbank zusammenzuführen und auch einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, in Publikationen oder digital, steht ganz oben auf der Agenda. Vieles ist aufzuholen. Da gibt es das unter Kunsthistorikern legendäre, nach seinem Schöpfer benannte Handbuch der Kunstdenkmäler, den „Dehio“. Der Band Rheinland-Pfalz/Saarland stammt aus den frühen 1970ern, neuaufgelegt in den 1980ern, seither nicht mehr. Das aktuelle Landesgesetz von 2008 hat die Listenführung der Denkmäler zur Aufgabe der Fachbehörde erklärt: Es fehlt in Rheinland-Pfalz noch die systematische Erfassung der denkmalwürdigen Nachkriegsarchitektur, von der einiges bereits wieder im Verschwinden begriffen ist. „Unsere Belange besser erklären“, „Benehmen herstellen“, „Begeisterung wecken“ lauten die erklärten Ziele. Der Tag des offenen Denkmals bietet alljährlich die Möglichkeit, ihnen einen kleinen Schritt näher zu kommen. Hinter dem diesjährige Motto „Gemeinsam Denkmale erhalten“ versteckt sich auch das Wissen, dass die Denkmalämter ihre Ziele nicht allein erreichen können, sondern auf gesellschaftliche Unterstützung angewiesen sind. „Den Idealismus von Denkmalbesitzern kann man nicht hoch genug schätzen“, bekennt GDKE-Generaldirektor Thomas Metz vor dem Tag des offenen Denkmals 2016.

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