Kaiserslautern Als Ikone verehrt, als Staatsfeind geächtet

„Aus Liebe, Lust und Leidenschaft wurde ich gezeugt “, wie Eva-Maria Hagen in ihrer Autobiografie „Eva jenseits vom Paradies“ schreibt. Geboren wurde sie dann am 19. Oktober vor 80 Jahren im pommerschen Költschen.

Als Schauspielerin steht Hagen unter anderem 1953 in Bertolt Brechts Berliner Ensemble auf der Bühne, hat ein Engagement am Maxim-Gorki-Theater in Berlin und wirkt in über 50 Filmen mit – meist in der Rolle der busenbetonten Blondine, weshalb sie als die Brigitte Bardot oder Marilyn Monroe der DDR gilt. „Sie liebt es, das Mädel zu spielen, unbefangen und naiv, ein nach Liebe und Verführung neugieriges Mädchen, das unschuldig tut und unschuldig ist gegenüber den Lustmolchen und Gewaltverbrechern dieser Welt“, schreibt Herwig Kipping in seinem Buch „Vor der Kamera“. Eva-Maria Hagen spielt das verführte, verführerische Mädchen, eine Verfolgte, die auf die schiefe Bahn gerät – nicht nur im Film, sondern nach Ansicht der DDR-Oberen in den 70er Jahren auch in ihrem Privatleben. 1961 holt man sie noch zur „Frontbetreuung“ mit der Gitarre zu den Soldaten an die Berliner Mauer, setzt sie auf einen Panzer und fotografiert sie für die Armeezeitschrift. Eva-Maria Hagen ist in der DDR ein Star, für viele ein Idol – und das nicht von ungefähr. Doch das alles setzt sie für ihre Liebe zu dem „Staatsfeind“ Wolf Biermann aufs Spiel – immer im Visier der Stasi. So heißt es zum Beispiel in deren Akten: „In der Wohnung der Eva-Maria Hagen ist eine konspirative Hausdurchsuchung durchzuführen, um vom Inhalt der von Biermann neu produzierten Lieder und Gedichte und anderer gegen die DDR gerichtete Schriftstücke informiert zu werden. Mit der Partei sind zudem Maßnahmen abzusprechen, um die Schauspielerin, die Biermann bislang finanziell unterstützte, zu veranlassen, sich von ihm zu trennen.“ Hagen wird in der Folge der „Staatsverleumdung“ angeklagt, darf nur noch in Provinztheatern spielen, wird schließlich auch dort mit einem Auftrittsverbot belegt – Eva-Maria Hagen wird in der DDR von einem Lieblingskind zur unerwünschten Person. Mit ihrer Tochter Nina, der späteren Punk-Ikone, entlässt man sie schließlich 1977 aus der Staatsbürgerschaft der DDR, ein Jahr nach der Ausbürgerung ihres ehemaligen Lebensgefährten und Freundes Biermann. So hat Hagen die DDR erlebt und erlitten. „Und wir haben geglaubt, vieles wahrzunehmen und richtig zu sehen. Doch vom wirklichen Leben der Menschen, die auf der anderen Seite dieses schrecklichen Zauns gelebt haben, wussten wir sehr wenig“, sagt 1999 der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck in seiner Laudatio auf Eva-Maria Hagen als 21. Trägerin der Carl-Zuckmayer-Medaille. Ausgezeichnet wurde sie „in Anerkennung ihrer Verdienste um die deutsche Sprache“ – sei es als Schauspielerin, als Sängerin oder Autorin. Zwar hat Eva-Maria Hagen nach ihrer Ausbürgerung nie wieder den früheren Ruhm erlangt, ihrer Kunst ist sie aber bis heute treu geblieben. „Nicht jammern, sondern anpacken“, lautet ihre Devise, und so hat sie im Westen eine zweite Karriere als Chansonsängerin begonnen. Trotz der Trennung schrieb Biermann weiterhin Lieder für sie. Nach dem Fall der Mauer dreht Eva-Maria Hagen auch wieder Filme an alter Wirkungsstätte in Babelsberg. Und inzwischen hat sie auch als Malerin Anerkennung gefunden. Eva-Maria Hagen ist eben eine vielseitige Künstlerin, die „dem Leben täglich etwas Positives abgewinnen“ will: „Was mir gefällt, packe ich an.“

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