Grünstadt „Passiert nur, wenn die Einstellung nicht stimmt“

Das letzte Aufeinandertreffen im August 2017: Im Verbandspokal besiegte der VfR (hier Tobias Fath) damals die Gäste aus Horchhei
Das letzte Aufeinandertreffen im August 2017: Im Verbandspokal besiegte der VfR (hier Tobias Fath) damals die Gäste aus Horchheim mit 2:0.

«GRÜNSTADT.» Eine Bewährungsprobe steht dem abstiegsgefährdeten Fußball-Landesligisten VfR Grünstadt am kommenden Sonntag (14.30 Uhr) bevor: Das Team des neuen Chefcoachs Alexander Schott muss beim ebenfalls kriselnden SV Horchheim bestehen. Gerhard Laubersheimer sprach mit dem neuen Mann an der Seitenlinie über mögliche Gründe für die aktuelle Tabellensituation, die Pflicht der Spieler und das Ziel Klassenverbleib.

Der Kontrahent aus der Wormser Vorstadt liegt mit 13 Zählern auf dem 14. Rang, Grünstadt mit 15 Punkten gerade einen Platz davor. Der 47-jährige Schott, der zuletzt vor sechs Jahren als Coach die U23 des Regionalligisten Wormatia Worms betreute, kennt den gegnerischen Verein noch gut. Schließlich kickte er selbst zwei Jahre als etatmäßiger Stürmer für Horchheim in der Landesliga: „Der SV leistet schon immer hervorragende Jugendarbeit, hat viele Akteure aus den eigenen Reihen im Landesligateam und ist zu Hause sehr schwer zu besiegen.“ Bei seiner Pflichtspielpremiere Sonntag muss Schott auf die Stammakteure Deniz Ali, David Gerner und Stürmer Michael Bechtel verzichten. Den Gastgebern unter ihrem Coach Christian Schäfer steht aber ebenso wie dem VfR das Wasser bis zum Hals. Sie wollen in diesem „Sechs-Punkte“-Match drei Zähler gegen die pfälzische Equipe einfahren. Herr Schott, seit dem 30. Januar sind Sie als Chefcoach beim VfR. Wie wurden Sie vom Team aufgenommen? Klar, dass alle Akteure auf den neuen Trainer neugierig waren. Meine erste Begegnung mit den Spielern war sehr gut, positiv und offen, es gab keine Probleme. Mit Co-Trainer Jens Benda war ich ebenfalls sofort einig. Welchen Eindruck haben Sie von der Mannschaft? Da besteht fußballerisch großes Potenzial. Viele der Akteure haben, insbesondere was Technik und Spielverständnis angehen, viel drauf und eine gute Ausbildung. Einige haben immerhin schon bei höherklassigen Clubs wie den Amateuren vom FCK oder Zweibrücken in der Regionalliga Südwest gekickt. In der Vorsaison knapp das Aufstiegsspiel zur Verbandsliga versäumt, in dieser Saison mit fast der gleichen Besetzung in Abstiegsgefahr. Konnten Sie in der kurzen Zeit schon Ursachenforschung betreiben? Ich habe zunächst alle Spielberichte der Hinrunde und einen Teil der Rückrunde in den Zeitungen studiert. Da fielen mir unmögliche Ergebnisse für ein mit so vielen technisch versierten Spielern besetztes Team auf. Beispielsweise 1:9 gegen Gau-Odernheim, 0:6 gegen Rülzheim, 1:7 gegen Bretzenheim oder 0:4 gegen Herxheim. Solche katastrophalen Resultate kommen nur dann zustande, wenn die Einstellung nicht stimmt, wenn Spieler meinen, das läuft alles von alleine. Wenn jeder Akteur nur zehn oder 20 Prozent weniger Leistung bringt, summiert sich das, und dann ist es oft zu spät. Welche Schwerpunkte haben Sie also bisher im Training gesetzt und wie sieht es mit dem Trainingsbesuch aus? Schwerpunkt im Training war vordergründig die Stabilisierung der Defensive. 46 Gegentreffer in 16 Begegnungen sind einfach zu viel. So haben wir uns darauf konzentriert, kompakter zu stehen und die Räume eng zu machen. Ich betone noch einmal, dass ich mich dabei sehr auf Co-Trainer Jens Benda verlassen kann. Leider ist der Trainingsbesuch sogar in der Landesliga mangelhaft. Wir haben einige Schichtarbeiter, aber auch Akteure, die einfach eine Auszeit nehmen und diese oft mit Familie und Beruf begründen. Das gibt es übrigens nicht nur in Grünstadt, sondern ich weiß von Trainerkollegen anderer Verbands- und Landesligisten, dass diese sich mit den gleichen Problemen auseinandersetzen müssen. Wie bewerten Sie die Ergebnisse der Vorbereitungsspiele? Das erste Testspiel am 30. Januar gegen den Oberligisten SV Weinheim haben wir 1:5 verloren. Da habe ich erstmals meine künftige Elf gesehen. Besser lief es schon gegen den Oberligisten TSG Pfeddersheim eine Woche später, da gab es ein 2:2, und am 10. Februar gegen den badischen Verbandsligisten Gartenstadt in dessen Stadion gar einen 2:1-Erfolg. In beiden Begegnungen war deutlich zu merken, dass die Defensivabteilung ihre Vorgaben gut umsetzte und konzentriert zu Werke ging. Zu Hause gegen den Bezirksligisten 08 Haßloch hatten wir zwar große Personalprobleme, aber haben trotzdem mit 4:1 gewonnen. Haben sich für Sie mittlerweile Führungsspieler herauskristallisiert? Mit Nico Müller, der ein glänzender Techniker ist und eine starke Persönlichkeit mitbringt, sowie Jochen Gillmann, der immer eine außergewöhnliche, fast profihafte Einstellung präsentiert, niemals im Training fehlt, alles gibt, sowie hinten und vorne eingesetzt werden kann, besitze ich zwei zuverlässige Führungsspieler in unterschiedlichem Alter. Müller ist 28 Jahre, Gillmann 34. Welches Spielsystem und welche Spielweise bevorzugen Sie? Ich habe ja selbst in der Landesliga gestürmt und schon immer den Erfolg in der Offensive gesucht. So ist es auch heute, wenn ich als Coach an der Außenlinie stehe. Ich liebe das direkte Kurzpassspiel in die Spitze und natürlich Flügelläufe. Ein Stürmer muss ständig mit Flanken gefüttert werden, wenn möglich von der Grundlinie. Bestes Beispiel: Wenn Jochen Gillmann mit seiner Kopfballstärke im gegnerischen Strafraum auftaucht, muss einfach eine präzise Flanke kommen. Beim Spielsystem lege ich mich nicht fest. Das mache ich immer von dem des Gegners abhängig. Worauf legen Sie als Coach in den restlichen Begegnungen großen Wert? Wichtig ist die Disziplin, das Einhalten der Grundordnung. Die taktischen Vorgaben sind dabei rigoros umzusetzen, wobei das Mannschaftsinteresse über dem Einzelinteresse stehen muss. Schafft die Mannschaft den Klassenerhalt? Davon bin ich überzeugt. Allerdings muss das vorhandene Leistungspotenzial auch umgesetzt werden. Da ist jeder Spieler angesprochen. Haben Sie sich bereits Gedanken darüber gemacht, was nach Ihrem Vertragsende am 30. Juni kommt? Und könnten Sie sich im Falle des Klassenerhalts vorstellen, als Chefcoach mit dem VfR in die kommende Landesliga-Saison starten? Nein, ich konzentriere mich auf meine Aufgabe, schnellstens mit dem VfR aus der Gefahrenzone zu kommen und denke dabei nur von Spiel zu Spiel.

Alexander Schott
Alexander Schott
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