Grünstadt „Menschenunwürdige Bedingungen“

Morgen und an den folgenden beiden Sonntagen sendet das Zweite Deutsche Fernsehen als ZDF-Reportage einen Dreiteiler mit dem Titel „Die Trucker“. Das Fernseh-Redaktionsteam begleitete drei Fernfahrer aus Deutschland bei den Touren. Einer der drei Protagonisten ist der Obrigheimer Erich Altmüller, der in 43 Jahren und sechs Monaten im Fernverkehr bis zu acht Millionen Kilometer zurückgelegt hat.

Das Fernsehteam ist mit Altmüller im Juli mitgefahren und war bei verschiedenen Kontrollen dabei. Ingesamt wurde neun Tage gedreht. Die wollte unter anderem wissen, warum der Sender den Obrigheimer Trucker mit ins Reportage-Boot nahm. Welch ein Glück! Gleich beim ersten Versuch der ist Erich Altmüller zu Hause in Obrigheim zu erreichen. „Seit vier Wochen bin ich frisch gebackener Rentner“, meldet er sich fröhlich am Telefon. Um gleich hinzuzufügen, dass er – im August 65 Jahre alt geworden – „bis auf den letzten Tag gearbeitet“ hat. Das war Anfang Dezember. Altmüller kämpft seit Jahren mit vielen anderen Mitstreitern gegen die teils unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Trucker, die oft monatelang mit dem Lkw unterwegs sind. Auch das heute allgemein vorherrschende schlechte Image der „Kapitäne der Landstraße“, wie sie einst genannt wurden, gefällt ihm nicht. Beides sollen Schwerpunktthemen der Reportage-Reihe sein. Altmüller war seit 1971 für verschiedene Speditionen europaweit als Fernfahrer unterwegs und kennt das Gewerbe in- und auswendig. Was den Neu-Pensionär hauptsächlich umtreibt, sind die massiven Probleme im europäischen Transportwesen, die Dumpinglöhne sowie damit verbundenes „Sozialgefälle“ und Existenzängste, vor allem bei den osteuropäischen Kollegen. Hinzu kämen Vorurteile gegenüber diesem Lkw-Fahrer-Klientel. „Menschenunwürdig “ seien die Arbeitsbedingungen vieler Lkw-Fahrer aus dem Osten, sagt Altmüller. Die seien oft wochen- und monatelang unterwegs, bei einem enorm hohen Termindruck. Als Ersatz-Wohnung dient das Fahrerhaus auf tristen Autobahn-Rastplätzen. Niedrige Löhne und schlechte Sozialleistungen führten nicht selten zu „gestrandeten Lkw-Fahrern“, so Altmüller. Als „moderne Sklaverei“ etwa bezeichnete einmal der europäische Transportarbeitergewerkschafts-Verbund ETF die Lebens- und Arbeitsbedingungen vieler osteuropäischer Fahrer. Erich Altmüller ist in der Vereinigung „Actie in de Transport“ (Aktion im Transportwesen) organisiert, einem Selbsthilfeverband europäischer Trucker und Unternehmer, die sich gegen die Missstände im gesamten europäischen Fracht- und Transportwesen wehren. „Bei der Vereinigung bin ich vielleicht als etwas vorlauter Sprecher aufgefallen, weshalb das ZDF wohl auf mich aufmerksam wurde und bei mir anfragte, ob ich mitmache“, so der Obrigheimer zum Mitwirken in der Fernsehreportage. Ursprünglich sei die Vereinigung über Facebook entstanden, erzählt Altmüller, der kürzlich von der Deutschen Verkehrswacht für über 40 Jahre bewährte Verkehrssicherheit mit dem goldenen Eichenkranz-Abzeichen gewürdigt und zudem von der International Road Transport Union (IRU) ausgezeichnet wurde. Auch künftig will Altmüller der Vereinigung „Actie in de Transport“ treu bleiben. So möchte er, wie schon in der Vergangenheit, nicht nur an Weihnachten für Trucker auf Autohöfen und Raststätten Geschenke-Päckchen verteilen und „sich einfach nur mal mit ihnen unterhalten“. Verstärkt werden sollen künftig Demonstrationen, die auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen, so das Anliegen von Erich Altmüller. (gsp)

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