Grünstadt „Flüchtling“ wird heimisch

Sie streifen tagsüber zu Dutzenden an der Peripherie der BASF in Ludwigshafen entlang, übernachten zu Hunderten am Heidelberger Hauptbahnhof in den Platanen und leben mit gut 2000 Exemplaren im Kölner Stadtgarten: die Halsbandsittiche. Inzwischen ist der auch Kleiner Alexandersittich (Psittacula krameri) genannte grasgrüne Vogel aus der Familie der Edelpapageien im Rhein-Pfalz-Kreis angekommen.

„Ausgehend von den Städten der Rheinschiene gehen die Vögel jetzt immer mehr in die Fläche“, hat Thomas Dolich beobachtet. Der Neuhofener Vogelexperte hat sie nicht nur am Otterstadter Altrhein, sondern auch schon in seinem Wohnort am Rehbach nahe des Wildparks Rheingönheim ausgemacht. In Schifferstadt ist der Halsbandsittich inzwischen ebenfalls gelandet, wie Helmut Schießl, früher lange Jahre ehrenamtlicher Vogelwart, ergänzt. „Bei den Halsbandsittichen hierzulande handelt es sich um die indische Unterart, die frosthärter ist als die afrikanische“, berichtet Dolich. Nach neuesten Erkenntnissen stellten die Neuankömmlinge keine Konkurrenz zu heimischen Höhlenbrütern dar, weil sie sich ihre Bruthöhlen selbst zimmern, sagt er. Zum Leidwesen mancher Hausbesitzer gingen sie dabei auch an Fassadendämmungen aus Styropor. Vor 46 Jahren wurden die ersten freilebenden Halsbandsittiche in Köln registriert. Inzwischen sind sie in Deutschland vor allem an der Rheinschiene in den Städten Bonn, Köln, Düsseldorf, Mainz, Wiesbaden, Worms, Frankenthal, Ludwigshafen, Mannheim und Speyer zu finden. Die Tendenz zur Ausbreitung in ländlichen Regionen hingegen ist neu. Ursache dafür, so vermuten Experten, könnten der Klimawandel in der Rheinebene und der wachsende Populationsdruck bei den Sittichen sein. Die gerne in Schwärmen und pfeilschnell fliegenden Vögel mit dem roten, wehrhaften Schnabel haben darüber hinaus bei uns – bis auf Habicht und Wanderfalke – kaum natürliche Feinde. Bei der Nahrungswahl sind die grünen Gesellen zudem anpassungsfähig. Blüten, Körner, Knospen, Insekten und Sämereien stehen auf ihrem Speiseplan. „Sie gehen auch an die Schoten der Trompetenbäume“, hat Dolich festgestellt. Und in der kalten Jahreszeit finden sich die intelligenten Papageien gerne bei den Winterfütterungen ein. Ob sich die Art, deren Vorkommen in Deutschland wohl auf ausgesetzte Tiere oder Gefangenschaftsflüchtlinge zurückgeht, im Kreis künftig noch weiter westlich ausbreiten wird, bleibt abzuwarten. Im Westen der Pfalz ist der Halsbandsittich schon aufgetaucht: in Zweibrücken. (ain)

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