Grünstadt Der angekratzte Glanz des Helden

Es gibt nicht viele friedliche Momente im Sommernachtspektakel „Coriolan – Held wider Willen“, das am Freinsheimer Theader-Turm geprobt wurde. Meist geht es hitzig, unbändig und kämpferisch zu. Aber die Perspektive dreier Frauen stellt das männliche Treiben um Macht, Krieg und Ehre gründlich bloß. Im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz lädt die Stadt Freinsheim ab dem heutigen Donnerstag auf die Wiese vor dem Casinoturm ein, beim satirischen Entlarven des Heldentums Zeuge zu werden.

Etliche Bühnenbearbeitungen, darunter eine einflussreiche Tragödie des großen Shakespeare, haben den Stoff des Coriolan aufgegriffen. Die Deutungen seiner Person fielen dabei so unterschiedlich aus, wie es diese schillernde Figur nur möglich macht: Bisweilen erscheint er als beispielhafter, selbstloser und heldenhafter Kämpfer, doch meist überwiegen negative Züge wie aufbrausende Gewalttätigkeit und anmaßende Überheblichkeit. Indes ist man sich heute nicht einmal sicher, ob es diesen römischen Feldherrn wirklich gegeben hat. Vielmehr wird seine geschichtliche Existenz seit 200 Jahren bezweifelt und ins Reich der Legende verwiesen. Auf der Freilichtbühne des Freinsheimer Theader-Sommers ist die Frage nach der historischen Wahrheit zweitrangig. Gajus Marcius Coriolanus, mag er nun als reale Person gegen seine Vaterstadt Rom Verrat begangen haben oder nicht, ist auch nicht durchgehend an einer Rolle festgemacht. Zur lebendigen Dynamik des Stücks passt es, wie das Theader Freinsheim einengende Bezüge zwischen dargestellten Personen und Schauspielerinnen auflöst und wieder neu knüpft. Das Monologstück der dänischen Schauspielerinnen Vigga Bro und Lene Vestergaard wird unter Regie von Uli Hoch und Anja Kleinhans in ein Drei-Personen-Stück umgestaltet. Neben Theader-Leiterin Anja Kleinhans spielen die in Berlin ausgebildete Schauspielerin Karien Anna Weber und die auf vielen Theaterbühnen präsente Barbara Bernt. Den musikalischen Part übernimmt der in Mannheim lebende Künstler und Autor Klaus Tschirner. Seine Rolle als Barde, der um Coriolan ein Heldenlied komponieren soll, ist ausschlaggebend für das Stück: Ihm wird für sein Lied die bewegte und bewegende Geschichte des Römers erzählt. Wie von selbst entwickelt sich dabei neben der Erzählebene ein gelöstes szenisches Spiel. Das Freilichttheater an der von Feigen malerisch bewachsenen Freinsheimer Stadtmauer verspricht lebhafte Unterhaltung mit einer Mixtur aus sinnlichen, makabren und humorvollen Zutaten. Es lebt vom Wechsel zwischen den Ebenen und immer neuen Brüchen. Doch nicht nur das: Hinzu kommt die bewusst überspitzte Darstellung dramatischer Situationen. Wenn etwa ein erbitterter Zweikampf mit riesigen, archaischen Keulen und roten Clownsnasen ausgetragen wird, dann verzerrt sich männliches Heldentum ebenso bizarr wie wirkungsvoll. Der Glanz von Heros, Idol und Ruhm wird damit nicht nur hinterfragt, sondern mit gründlichem Zweifel angekratzt. Auf jeden Fall, das wird in diesem Sommertheater offensichtlich, lohnt sich der Zuschauerblick hinter die blinkende Fassade. Manchmal steckt hinter all der mannhaft-verwegenen Tatkraft von siegreichen Allerweltskerlen ganz einfach – eine Frau. Info Premiere am Donnerstag, danach bis zum 19. August an allen Tagen außer montags jeweils um 20.30 Uhr auf der Wiese am Casinoturm. Vorreservierung erwünscht unter info@theader.de oder 06353/932845.

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