Grünstadt Dank Nachbar Paddy über die Grenze gelassen

Als Klaus und Elke May im März 2001 in ihrem Spanienurlaub in den Fernsehnachrichten Bilder sahen, wie Kühe und Schweine notgeschlachtet wurden, wurde ihnen klar, dass sie ein Problem hatten. In England war im Februar erstmals seit 20 Jahren die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen, und die Altleininger, die damals in Irland lebten, waren nun auch davon betroffen. Das Ehepaar hatte nämlich seinen Border Collie Toby mit dabei. Durch den Ausbruch der Krankheit wurde die Ein- und Ausfuhr von Tieren über Ländergrenzen hinweg ab sofort von den Behörden sehr restriktiv gehandhabt. „Das Reisebüro hat uns angerufen und uns geraten, uns sofort auf den Rückweg zu machen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass wir den Hund nicht mehr mit nach Hause nehmen könnten.“ Obwohl die Mays eigentlich noch zwei Wochen länger bleiben wollten, packten sie eilig ihre Sachen zusammen und machten sich gleich am nächsten Tag auf den Heimweg. Und dabei hatte sich das Paar schon über eine Lockerung der Vorschriften gefreut. Bis Ende des Jahres 2000 durften Haustiere vom Festland erst nach einer Quarantäne von sechs Monaten nach England und Irland einreisen. „Den Hund mit in Urlaub zu nehmen, wäre vor diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen“, erläutert Klaus May. Das Ehepaar war 1996 nach Irland ausgewandert und vermietete bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2006 in dem 300-Einwohner-Dorf Teelen im County Donegal im Nordwesten Irlands Ferienhäuser. Ihre Fahrt nach Spanien hatten sie auch für einen Besuch bei der Familie und Freunden in Deutschland genutzt. Jetzt ging alles wieder retour von Spanien über Frankreich, Belgien, die Niederlande, Großbritannien und Irland. „Mit den Fernsehbildern von Zollbeamten im Kopf, die die Lkw untersuchen und Reporterteams, die Tiertransporter filmen, haben wir an jedem Grenzübergang gezittert“, erinnern sich die Mays. In Schottland seien viele Nebenstraßen gesperrt gewesen. Dabei habe sich Toby von der Aufregung ganz unbeeindruckt gezeigt. „Auf mehreren Kisten Wein, den wir mit aus der Heimat nach Irland transportierten, haben wir ihm ein gemütliches Plätzchen gemacht“, schildert der 63-Jährige. Alles ging gut, das Auto mit Hund wurde – Maul- und Klauenseuche hin oder her – an jeder Grenze durchgewunken. Nicht so an dem Übergang von Nordirland zur Republik Irland. Dort wurden sie von einem Grenzbeamten angehalten. „Da Toby als Hütehund ein Arbeitshund sei, somit Kontakt zu anderen Tieren habe, dürfte er nicht über die Grenze, hat die Auskunft eines Mitarbeiters des Landwirtschaftsministeriums gelautet“, so Mayer. Der Mann sei eigentlich ganz nett gewesen. Was dann geschah, sei typisch irisch und ein bisschen so wie eine Szene aus dem „Irischen Tagebuch“ von Heinrich Böll gewesen, beschreibt Klaus May. Es entspann sich eine Unterhaltung, bei der man vom Hölzchen aufs Stöckchen gekommen sei. Wo die Mays denn hinwollten, wo sie wohnten? Das Eis war vollends gebrochen, als sich herausstellte, dass der Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums den kleinen Ort Teelen und sogar den Nachbarn der Mays kannte: „Paddy Maloney – nice man“, lautete sein Kommentar. Nachdem das Ehepaar versprochen hatte, ihren Border Collie immer an die Leine zu nehmen, durften sie schließlich die Grenze passieren. Toby wurde 14 Jahre alt und starb vor ein paar Jahren, nachdem die Familie wieder nach Deutschland zurückgekehrt war. „Wir hatten ihn in Irland spontan von einer Nachbarin bei einem Spaziergang geschenkt bekommen, weil sie ein paar Hunde aus ihrem Wurf abgeben wollte“, schildert May. Danach sei Toby immer und überall dabei gewesen. Das habe die Iren, die eher ein pragmatisches Verhältnis zu ihren (Arbeits-)Tieren hätten, amüsiert. „Den Hund mit in den Pub zu nehmen oder im Haus schlafen zu lassen, fanden sie ziemlich ungewöhnlich.“

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