Grünstadt Boulevard der lockeren Art

Das waren fast drei Stunden Boulevardtheater der lockeren und publikumswirksamen Art, was Alice Hoffmann, bekannt als Hilde Becker aus der TV-Serie „Familie Heinz Becker“, und ihr Partner Boris Stijelja aus Deidesheim in der Wattenheimer Gemeindefesthalle am Samstagabend zum Besten gaben.

Geradezu auf den Leib geschneidert hatte Autor Roland Kramer den beiden Komödianten die Rollen des flatterhaften und weibstollen Hotelierssohn Lado Vukovic aus Kroatien und der lebenserfahrenen, abwechselnd schrullig oder heißblütig auftretenden Rezeptionistin Helene Finkeisen. Schon das einfache Bühnenbild ließ erahnen, auf welche Stilrichtung das Boulevardstück ausgerichtet war: „Hotel Lotterbach“ als Restaurant mit Wellness-Oase. „Hotel für Körper, Geist und Gaumen“, so meldete sich Helene Finkeisen in auffallend animierendem Tonfall ein ums andere Mal am Telefon und gaukelte verblüffend echt einen automatischen Anrufbeantworter mit monotoner Stimme vor. Dann kam es zur ersten Begegnung des ungleichen Paares. Lado Vucovic der riesige, schlanke, in vollstem Saft des Lebens stehende Volontär aus Kroatien, trifft auf die im Herzen jung gebliebene Frau gesetzteren Alters. Es begann ein Dialog, der vor Witz und Esprit strotzte und gespickt mit wohldosiert schlüpfrigen Gags beim Publikum ein ums andere Mal wahre Lachsalven hervorrief. Dabei wurde nie die Grenze zur Zote überschritten. Glänzend die sprachlichen Kapriolen von Alice Hoffmann, die hingerissen und nervös Pfälzisch mit Saarländisch und Englisch mit Französisch mischte, zudem mit sinnverzerrenden Versprechern die Unterhaltung würzt. Die Situationskomik war kaum zu überbieten, Beispiel: „Männer haben nur ein reines Gewissen, weil sie es nicht benutzen!“, „Wenn Wäsche fällt, gibt’s keine Scherben“. Auch die örtlichen Gegebenheiten waren geschickt in das Stück eingebaut. Da war von der Diskothek „Maihof“, in Wahrheit ein Treff für Paare, die Rede, Pfälzisch bezeichnete Alice Hoffmann als „Dialekt der Ureinwohner“ und Boris Stijelja meinte: „Mein größter Traum war es, einmal auf der Bühne in Wattenheim zu stehen und eine Tour durch Carlsberg – Grünstadt – Eisenberg zu machen, nur nach Hettenleidelheim will ich nicht.“ Reaktion im Publikum: Tosender Applaus. Stijelja brachte anschließend die Besucher vollends aus dem Häuschen. Zu Helene Fischers Schlager „Atemlos durch die Nacht“ legte er einen perfekten Stripp auf die Bühne. Im zweiten Teil des Stücks trifft Helene Finkeisen ihre große Liebe Lado in dessen Heimat Kroatien wieder. Zunächst als Touristin gesteht sie: „Ich habe mich verliebt“ und nach dem Motto „Schönheit brauchen Frauen, damit die Männer sie lieben; Dummheit, damit wir sie lieben“, geht sie als Hausfrau Hilde in Kittelschürze auf die Suche nach ihrem Schatz. An dieser Stelle hat der Autor einen Kontrapunkt zum Nachdenken in das Stück eingebaut: Gesellschaftskritisch zitiert Alice Hoffmann den Klassiker Goethe zu ihrer außergewöhnlichen Liebschaft: „Tadelt man, dass wir uns lieben, dürfen wir uns nicht betrüben…“ Und trotzdem entwickelte sich auch hier ein Dialog voller Humor. Er fragte beispielsweise: „Saarland gehört zu Deutschland?“ Antwort: „Im Moment jo.“ Reserviert hatte sie übrigens unter ihrem Fernsehnamen Vanessa Backes. „Cevapcici“ wurden zu Knoblauchstangen, die einsam machen, der Tinnitus wurde zum Tetanus und das Buddhistische Standesamt mutierte zum Statistischen Landesamt. Es kam wie es kommen musste. Helene Finkeisen entpuppte sich im wahrsten Sinne des Wortes in einem urkomischen, von unbändigem Temperament geprägten Stripp unter tosendem Applaus zur ursprünglichen Helene Finkeisen. Man mag zu Boulevardstücken, die von bewusst überzogener Situationskomik und leicht schlüpfrigen Späßen überquellen, stehen wie man will: Es war ein absolut gelungener Abend, gestaltet von zwei glänzend aufgelegten Komödianten. (mbc)

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